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204 - An Afras Ufern

204 - An Afras Ufern

Titel: 204 - An Afras Ufern
Autoren: Mia Zorn
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anderes landeinwärts eine Düne hinauf.
    »Scheint Meerwasser über eine Pipeline ins Landesinnere zu pumpen!«, rief er Matt zu.
    Matthew Drax nickte. Er suchte den Strand nach Spuren ab, die irgendwelche Rückschlüsse auf die Betreiber der Anlage zuließen. Aber im weiten Umkreis war nichts zu sehen außer Sand, Meer und Strandgut. Strandgut? Keine hundert Schritte entfernt lag ein dunkles Bündel. Matt kniff die Augen zusammen: Aus dem Bündel hob sich eine Hand. Sie schwankte kurz in der Luft, um sofort wieder zu Boden zu fallen.
    Sie waren anscheinend nicht die einzigen Überlebenden!
    Matthew rannte los. Schon nach wenigen Schritten erkannte er, dass dort ein Mann lag. Ein sehr kleiner Mann, von sehr dunkler Hautfarbe. Bis auf eine helle Leinenhose war er nackt.
    Als Matt bei ihm war, sah er die klaffende Wunde im Bauch des Fremden: Blut sickerte in einem kleinen Rinnsal über den zitternden Leib. Der Mann hatte Fieber. Seine Stirn war feucht und in seinem krausen Locken klebte feiner Sand. Seine glänzenden Augen waren auf Matt gerichtet. Er bewegte die Lippen, aber nur ein Stöhnen kam aus seinem Mund.
    Matt kniete sich neben ihn. »Ruhig, ganz ruhig! Du hast viel Blut verloren. Wir werden dich aus der Sonne tragen und deine Wunde versorgen.«
    Fast unmerklich schüttelte der Verletzte seinen Kopf. Dabei schillerte eine perlmuttfarbene Tätowierung an seinem Hals: Sie glich einem Kranz aus winzigen Perlen. Der Mann hob schwerfällig eine Hand und stieß sie gegen Matts Brust. Seine Finger umklammerten ein eckiges Ding, eingewickelt in einen öligen Lappen.
    Matt schaute abwechselnd das Ding und den Fremden an, der ihm das Päckchen gegen die Brust drückte. Schließlich nahm er es ihm ab.
    Die Augen des Mannes schienen zu lächeln. Er öffnete nochmals seine Lippen und entblößte zwei Reihen strahlend weißer Zähne. Dann fiel sein Kopf zur Seite und ein tiefer Seufzer entwich seinem Mund.
    Rulfan, der inzwischen herbeigeeilt war, tastete nach dem Puls. »Er ist tot.« Seine Stimme klang belegt. Nachdenklich schaute er den Leichnam an. »Er kommt mir bekannt vor!«
    »Ja, mir auch«, erwiderte Matt. »Ich glaube, er war mit uns auf dem Schiff. Aber sein Name will mir nicht einfallen.« Sein Blick wanderte zu der Bauchwunde des Fremden. »Ich erinnere mich an einen Kampf…«
    »Ich auch, aber nur ganz verschwommen.« Rulfan setzte sich neben seinen Freund in den Sand. »Etwas muss bei diesem Kampf geschehen sein, was uns die Erinnerung nahm!«
    Matt schaute ihn zweifelnd an. »Wenn nur einem von uns, könnte ich das irgendwie nachvollziehen. Aber uns beiden?«
    Rulfan blickte zu dem Toten. »Hat er etwas gesagt, bevor er starb?«
    »Nein, er gab mir nur das hier.« Nachdenklich löste Matt das ölige Tuch von dem Päckchen. Ein kleines Buch kam zum Vorschein. Matt schlug es auf. »Scheint ein Tagebuch zu sein!«
    Der Albino beugte sich aufgeregt zu ihm herüber. »Blättere zu den letzten Seiten. Vielleicht hat er ja etwas darüber geschrieben, was auf dem Schiff los war!«
    Matthew blätterte sich durch die zerfledderten Seiten. Sie waren gefüllt mit krakeligen Buchstaben, die alle ein wenig nach rechts zu kippen schienen. In einer Sprache, die weder er noch Rulfan verstand.
    ***
    Am Rande der Weißen Wüste
    Die Hyeenas strichen unruhig auf dem Kamm des Hügels hin und her. »Ruhig, meine Kinder, ruhig«, murmelte Lasoo.
    Er saß auf einer Felsenzunge, die über den Rand des Hügels ragte. In der Senke unter ihm füllte sich der Ratsplatz mit Menschen. In seiner Mitte erhob sich eine flache Steinplatte.
    Darauf verteilt lagen fünf rote Sitzkissen. Die Männer der Dankar setzten sich um das Steinpodest, die Frauen und Kinder stellten sich in gebührenden Abstand hinter die Männer.
    Lasoo seufzte. Es würde noch einige Zeit dauern, bis der Rat der Dankar auf dem Podest Platz nehmen würde. Erst wenn der letzte Greis und das jüngste Kind sich eingefunden hatten, würde die Dschirga, wie die Wächter der Weißen Wüste ihre Versammlung nannten, beginnen.
    Ein Hyeenaweibchen stieß seine feuchte Nase in Lasoos Nacken. Der Hyeenaführer drehte sich um. »Crocuta, mein Mädchen, komm her und setz dich zu mir!« Er kraulte das gefleckte Fell des Tieres. Von Welpenalter an hatte Lasoo Crocuta ausgebildet. Sie war sein ganzer Stolz und das Alphatier des Rudels, das aus annähernd sechzig Hyeenas bestand.
    Crocuta spitzte ihre runden Ohren. Ihr gelbbraunes Fell, das mit dunklen Tupfen gesprenkelt war, ähnelte
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