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2039 - Traumzeit

Titel: 2039 - Traumzeit
Autoren: Unbekannt
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von heftigem Zittern befallen wurde. Seine Schultern begannen zu zucken, bis er die Hand seines Vaters fühlte, die einen festen, Sicherheit verleihenden Druck ausübte. Niemand in der Zentrale sprach jetzt ein Wort, alle starrten zu der Holoprojektion, während der Kreuzer zur Landung ansetzte. Nur das leise Schluchzen war zu hören' Gaumarol weinte, aber niemand nahm Anstoß daran, nicht einmal er selbst - obwohl er doch schon fast sechs war.
    Später wusste Gaumarol nicht mehr, wie und wann sie in den Kristallpalast gekommen waren. Sein Vater musste sich verabschiedet haben, um jenen Termin wahrzunehmen, der der eigentliche Grund für diese Reise war. Gaumarol verstand nicht, was mit einer Investitur gemeint war, auch nicht, welche Bedeutung die zwölf Imperialen Räte des Berlen’Than hatten. Er hatte nur die Freude in Vaters Augen gesehen und war unheimlich stolz auf ihn.
    Gern wäre er jetzt bei ihm gewesen, um das Glück mit ihm zu teilen. Aber das, was er selbst erlebte, ließ ihn den Wunsch rasch vergessen. Die Begeisterung versetzte ihn in einen Taumel, der alles in eine merkwürdige Röhre zu verwandeln schien, einen Tunnel, dessen begrenztes Blickfeld alle Wahrnehmungen quasi bündelte, auf einen Punkt konzentrierte - genau wie Aktakul es mit der Linse gemacht hatte, die Sonnenstrahlen einfing und beim hellen Punkt trockenes Gras entzündete.
    In gleicher Weise glaubte sich Gaumarol entflammt. Sein Gesicht und seine Ohren glühten, seine Augen tränten in einem fort. Staunend sah er sich um, schluckte trocken, knetete die Hände und fühlte sein Herz bis zum Hals klopfen. Während Vater beschäftigt war, überbrückten sein Gefolge und Gaumarol die Zeit mit einem Besuch der Hallen der Geschichte.
    Wenn er gedacht hatte, schon sein erster Raumflug sei ein Höhepunkt, wurde er hier und jetzt eines Besseren belehrt. Aus den Erzählungen seiner Eltern, den Datenbanken und von seinen Lehrern wusste er, dass die Arkoniden einst ein großes Reich beherrscht hatten; das Tai Ark'Tussan - das Große Imperium. Imperatoren hatten an seiner Spitze gestanden, vom Kristallthron hier im Kristallpalast aus regiert, und das über eine so lange Zeit, deren Größe sich dem Begriffsvermögen des Jungen entzog. Doppelt so viele Jahrtausende, wie er Finger an den Händen hatte; ganz und gar unvorstellbar.
    Jahrtausende!
    Nun aber, da sie durch die riesigen Hallen schlenderten, vorbei an ungezählten Vitrinen, Schaukästen, Holoprojektionen, Ausstellungsstücken und all den Dingen, die einer längst vergangenen Zeit entstammten, fühlte sich Gaumarol von der Wucht der Eindrücke fast erschlagen. Wohin er auch sah, in welche Richtung er sich drehte - überall entdeckte er Neues. Es schien kein Ende zu geben, hinter jedem Sockel, jeder Stellwand, jeder Säule gab es Weiteres zu erkunden.
    Das eigentlich Unvorstellbare gewann Gestalt, wurde zu konkreten Bildern und Objekten. Flüsterfelder raunten ihre erklärenden Texte, Beschriftungen verschwammen wiederholt vor Gaumarols Augen. Tausend Fragen brannten Gaumarol auf der Zunge, ohne dass er ein einziges Wort hervorgebracht hätte. Sprachlos sah er hier- und dorthin, wagte mitunter kaum zu atmen, bewegte sich betont behutsam - so als könne jeder zu feste Schritt den Zauber mit lautem Poltern in sich zusammenstürzen lassen, In Gaumarols Kopf schlich sich zögernd Verständnis ein; ein zur Gewissheit werdendes Ahnen, das sich hinter einer unsichtbaren Barriere zunächst aufstaute, zu einer machtvollen Woge anschwoll, um sich dann unversehens eine Bahn zu brechen. Er fröstelte unter dem plötzlichen Stoß, der fast körperlich spürbar seinen Körper heimsuchte.
    Als habe jemand den Servo angerufen und das Licht angeschaltet: Von einem Wimpernschlag zum anderen durchzuckte es Gaumarol; er erkannte, wie klein, jung und unbedeutend er einerseits war, aber auch, wie groß, gewaltig und beeindruckend all das andere, von dem er bislang nicht einmal eine vage Vorstellung gehabt hatte.
    Viel mehr als eine Ahnung war es nach dem Moment der Erkenntnis eigentlich auch nicht, aber sie konkretisierte sich in einem Bild, das Gaumarol nie wieder vergessen sollte: Lebensecht gestaltete Büsten auf Säulensockeln, die alle größer waren als er, reihten sich aneinander, verschwanden in der Ferne, wo sie kleiner und winziger wurden, aber dennoch kein Ende finden wollten.
    Jede Büste stellte einen Höchstedlen dar, einen der Zhdopanthi, die auf dem Kristallthron gesessen hatten. Die Reihe begann
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