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203 - Die Wüstenfalle

203 - Die Wüstenfalle

Titel: 203 - Die Wüstenfalle
Autoren: Jo Zybell
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Sie mein Patient sind, steht sie Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.«
    ***
    Oktober 2523
    Victorius ließ die Dampfmaschine auf niedrigster Kraft laufen, um den halbstarren Schwebecorpus der PARIS im entfalteten Zustand zu erhalten. Er zog die Gondeltür auf. Warmer Wind wehte in die Gondel. »Magnifique!«, entfuhr es dem schwarzen Prinzen, denn das Luftschiff stand nur zwanzig Meter vom Ufer des kleinen Sees entfernt. »So weit reichen die Pumpschläuche auf jeden Fall!«
    »Lass mich raus, Victor!« Daa’tan drängte sich an dem schwarzen Prinzen vorbei ins Freie. »Ich will zu den Bäumen…!« Grao’sil’aana folgte dem jungen Burschen.
    Victorius drehte sich nach Aruula um. »Sie bleiben bitte an Bord, Mademoiselle Aruula. Victorius möchte nicht, dass Ihnen etwas zustößt. Solche Oasen sind tres dangereuse, Victorius kennt sich da aus. Da draußen könnte es Giftschlangen, Treibsand, Hyeenas oder lüsterne Monster geben. Qui sait? Bitte bleiben Sie in der Gondel. Jemand sollte auch Wache halten, wenn Sie verstehen…«
    Aruula verstand gut. Jedes Wort verstand sie. Nicht jedes Wort seiner freundlichen, ja liebevollen Lügen, doch jedes Wort seiner Gedanken: Sobald ein bisschen Wasser getankt ist, lege ich einen Blitzstart hin , dachte der schwarze Prinz. Und Mademoiselle nehme ich mit. Je weiter weg von ihrem Bastard und dem Crooc, desto besser für sie. Treuherzig sah er Aruula aus seinen großen dunklen Augen an.
    »Schon in Ordnung, Victorius.« Aruula schob sich an ihm vorbei. »Ein bisschen frische Luft wird mir gut tun.«
    Sie trat aus der Luftschiffgondel. Frische Luft gab es nicht in dieser Weltgegend, ein heißer Ostwind wehte. Die Dattelpalmen hingen voller Früchte. Die Oberfläche des Teiches sah aus wie heißes Quecksilber.
    Ein fast drei Meter hoher und gut zehn Meter langer Busch erregte Aruulas Aufmerksamkeit, weil ein unnatürlich gerader Ast aus ihm hervorragte. Aruula ging hin, um das Phänomen zu untersuchen. Der Ast verzweigte sich nicht, trieb auch kein Laub aus, und war eigentlich mehr ein Stamm als ein Ast. Ein Stamm, der fast waagerecht wuchs? Sie zog ihr Messer und schabte etwas Moos ab. Rostiges Metall kam zum Vorschein.
    Und plötzlich begriff sie: Der Busch war im Laufe langer Zeit über einem jener Wagen gewuchert, die Maddrax »Panzer« nannte.
    Maddrax…
    Seufzend wandte Aruula sich ab. Flirrendes Licht lag auf dem Teich, so hell, dass sie geblendet die Augen zusammenkniff. Ein silbrig schimmernder Schädel teilte die Wasseroberfläche: Grao’sil’aana schwamm schon im warmen Teich. Daa’tan stand zwischen Kakteen und Palmen auf der anderen Uferseite. Er hob beide Arme und schrie irgendetwas, das weder Aruula noch Victorius verstehen konnten.
    Gemeinsam entrollten die Frau von den Dreizehn Inseln und der schwarze Prinz vom Victoriasee den Ansaugschlauch und zogen ihn bis in den See. Victorius kurbelte die manuelle Pumpe an, Wasser strömte in den Kessel.
    Aruula blieb neben dem Schlauch am Ufer stehen und blickte hinüber zu ihrem Sohn. »Es geht noch!«, schrie Daa’tan. »Ich kann es noch!«, und bald sah sie mit eigenen Augen, was er meinte: Eine junge Dattelpalme spross vor ihm aus dem Boden, Gras wucherte plötzlich um ihn herum, und ein Busch unweit des Teichufers trieb auf einmal rötliche Blüten aus.
    »Ich kann es! Ich hab’s noch drauf!« Wie von Sinnen sprang Daa’tan zwischen den Pflanzen herum. Grao’sil’aana lag im seichten Uferwasser auf dem Bauch und beobachtete ihn.
    Aruula schritt um den See herum. Die Oase kam ihr irgendwie unwirklich vor. Konnte es so einen idyllischen Ort anderswo geben als im Traum? Nein, eigentlich nicht.
    »Und jetzt will ich was essen!« Daa’tan stolzierte zu einer der Dattelpalmen, legte den Kopf in den Nacken und rief zur Krone hinauf: »Ich bin der zukünftige Kaiser von Afra! Gib mir etwas zu essen!«
    Die Scham trieb Aruula die Hitze ins Gesicht. Der Junge geriet außer Rand und Band. Was, bei Wudan, ging in ihm vor?
    Aruula war nicht einmal mehr fünfzig Schritte von Daa’tan entfernt, da begann die Palme auf einmal zu zittern und zu vibrieren. Die langen Zweige ihrer Krone ruderten auf und ab.
    Plötzlich prasselten Datteln auf Daa’tan herab. Aruula blieb stehen, als wäre sie gegen eine Glaswand gelaufen. Aus schmalen Augen beobachtete sie ihren Sohn. Die Datteln regneten einfach aus der Dattelkrone auf Daa’tan herunter!
    »Gut so!«, krähte der. »Gut so, gut! Das lass ich mir gefallen!« Er ging
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