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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten
Autoren: Brian D’Amato
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gehört, aber das konnte nicht sein. Ich wusste, dass ich nichts anderes hörte als die Geräusche der Menge auf dem Platz unter mir und das gedämpfte Dröhnen der Trommeln aus geschlitzten Mahagonistämmen, die in einem merkwürdigen 5/4-Takt geschlagen wurden. Es war eher so, als hätte ich es gelesen, auf einer Art Nachrichtenticker, der vor meinen Augen vorbeilief. Und obwohl es geräuschlos gewesen war, kam es mir vor, als wäre es laut gewesen, nachdrücklich, als hätte man es in Großbuchstaben geschrieben. Es war, als hätte ich es gedacht, ohne zu denk…
    M’AX ECHE?
    Oh, verdammt!
    Ich war nicht allein in diesem Körper.
    In der Kammer, da war ich allein – aber nicht in meinem Kopf.
    Cono dias.
    Die Sache ist nun die, dass der erste Schritt des Freaky-Friday-Prozesses eigentlich das Gedächtnis des Wirtes hätte auslöschen sollen, damit mein Bewusstsein sozusagen ein leeres Gefäß vorfand, in das es hineinfließen konnte. Offenbar hatte das nicht funktioniert, zumindest nicht sehr gut. Das Gefäß war nicht leer: 9-Reißzahn-Kolibri glaubte noch immer, er wäre er selbst.
    M’AX ECHE?
    Ich heiße Jed DeLanda, antwortete ich in Gedanken.
    B’A’AX UKA’AJ CHOK B’OLECH TEN?
Grob übersetzt:
WARUM BIST DU IN MICH GEFAHREN?
    Ich bin nicht in dich gefahren, antwortete ich. Das heißt, irgendwie bin ich schon in dir, mein Bewusstsein ist in dir, weil wir es in dich hineingeschickt haben …
    T’ECHE HUN BALAMAC?
BIST DU 1-OZELOT?
    Nein, antwortete ich übereilt.
    Verdammt. Blödmann!
    Komm schon, Jed, dachte ich. Ganz wie Winston sagt: Wenn dich irgendjemand fragt, ob du ein Gott bist, dann sagst du: Ja. Kapiert? Okay.
    Auf geht’s.
    Ja!, dachte ich mit allem Nachdruck, den ich zustande brachte. Ich bin 1-Ozelot. Ozelot der Ozetarier. Ich bin Ozelot, der große und mächti…
    MA-I’IJ TEC.
NEIN, BIST DU NICHT.
    Doch, ich bin es. Ich … oh, demonio . Diesen Burschen anzulügen ist nicht leicht. Kein Wunder. Er hört alles, was ich denke. Und obwohl er nur altes Ch’olan sprach und ich in meinem üblichen Mischmasch aus Spanisch, Englisch und spätem, degeneriertem Ch’olan dachte, verstanden wir uns mühelos. Es kam mir weniger so vor, als würde ich mit jemandem reden, sondern eher, als würde ich mit mir selbst streiten, nur dass der eine Partner bei diesem inneren Dialog selbstbewusst auftrat, während der andere – ich – Mühe hatte, sich überhaupt zu überlegen, was er sagen wollte.
    WARUM BIST DU IN MICH EINGEDRUNGEN, MACHST DU MICH ZUM BESESSENEN?
    Was, fragte ich, genauer: dachte ich. Ich bin gekommen, um das Opferspiel zu lernen.
    Das war die Wahrheit.
    WOZU?
    Na, weil … weil ich aus den letzten Tagen der Welt komme, aus dem dreizehnten b’ak’tun . Weil meine Welt in großen Schwierigkeiten steckt und wir das Spiel lernen müssen, um zu sehen, ob wir sie retten können.
    GEH WEG,
dachte er.
    Das kann ich nicht.
    GEH WEG!
    Tut mir leid. Ich kann es wirklich nicht. Du bist derjenige, der …
    IM OT’ XEN!
VERSCHWINDE AUS MEINER HAUT!
    Das geht nicht! Aber hör zu, wie wäre es damit: Ich kann …
    DANN
VERSTECK
DICH,
dachte er.
BLEIB UNTEN, RÜHR DICH NICHT, SEI STILL!
    Ich hielt den Mund. Allmählich bekam ich ein ungutes Gefühl.
    Meine Hand hob sich, bewegte sich zum offenen Mund und schloss sich um eine stachlige Schnur, eine Art Seil aus Dornen, das durch ein Loch in der Mitte meiner Zunge lief. Ich riss daran. Fünf Dornenknoten gruben sich durch das Loch, und Blut spritzte, ehe die Schnur ganz durch war. Scheiße, das hat wehgetan, dachte ich benommen. In meinem früheren Körper hätte ich eine Stunde lang gebrüllt, aber jetzt zuckte ich kaum. Noch eigentümlicher war, dass ich die Angst nicht spürte, die alte Angst des Bluters vor dem Bluten, die ich nie hatte loswerden können, als ich noch Jed war. Ich legte die Schnur ringförmig in die Schale, ganz automatisch, so wie ein Fallschirmspringer nach der Landung den Schirm einzieht. Die Schnur wurde schwarz und kräuselte sich, und der Rauch von verdampftem Blut erfüllte den Raum mit kupfrigem Geruch.
    Ich schluckte einen dicken Blutklumpen. Mjam. Draußen war der Gesang lauter geworden, und ich stellte fest, dass ich die Wörter auseinanderhalten konnte und sie sogar verstand, obwohl das Ch’olan sich von unserer rekonstruierten Version aus dem 21. Jahrhundert stärker unterschied, als ich es für möglich gehalten hätte:
    »Uuk ahau k’alomte’ yaxoc,
    u hetz’ k’atun ti tuc ahau  
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