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2:0 für Oma

2:0 für Oma

Titel: 2:0 für Oma
Autoren: Ilse Kleberger
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Frühstück“, sagte sie munter, „die Sonntagseier werden sonst kalt!“
    „Aber Oma“, rief Brigitte empört, „man kann doch nicht frühstücken, wenn man sich so aufregt!“
    „Nun, wenn ihr etwas im Magen habt, könnt ihr sicher viel kräftiger schimpfen“, meinte Oma. „Außerdem hat Petrus bestimmt noch nicht das letzte Wort gesprochen. Geduld — wie heißt das gleich auf italienisch ?“
    „ Pazienza !“ riefen die Kinder im Chor.
    „ Pazienza , Pazienza !“ sagte Oma, und sie hatte mal wieder recht.
    Als die Frühstückseier gegessen waren, hatte es aufgehört zu regnen. Ein paar Sonnenstrahlen quetschten sich durch dunkle Wolken hindurch und schienen sie mit aller Kraft beiseite zu schieben. Als der Kakao getrunken und die Brötchen verzehrt waren, stand die Sonne lachend am Himmel, die Wolken verzogen sich rasch gen Westen, und die Tropfen, die noch an den Blättern der Bäume hingen, sahen aus wie lauter glitzernde Perlen.
    „Was habe ich gesagt?“ rief Oma, und „Hurra!“ schrien die Kinder.
    Eine Stunde später trafen sie sich in ihren Sonntagskleidern, Rolf den Negerkopfputz vom Hexer auf dem Kopf, mit den Volpone-Kindern auf dem Marktplatz vor dem Häuschen. Eine Menge Neugieriger stand schon herum, und als die Glocken läuteten, gesellten sich die Kirchgänger dazu, die dem Gottesdienst gar nicht so recht hatten folgen können, weil sie zu gespannt waren, was heute noch alles passieren würde.
    Schon fing es mit dem ersten Programmpunkt an. Die Nonna kam aus dem Haus geeilt. Julia band ihr im Laufen noch rasch die Schürze ab. Die Volpone-Kinder hatten sich zusammengeschart, Vater Volpone und Julia stellten sich hinter sie, die Nonna hob die Hand, und ein fröhliches italienisches Volkslied erklang. Ein paar Leute klatschten Beifall, aber schon ertönte ein neues Lied, ein deutsches, diesmal aus der Gruppe der Pieselang-Kinder, dirigiert von Oma. Rolf schlug dazu den Takt auf der Trommel. Die Leute auf dem Platz waren sich noch nicht einig geworden, ob das italienische oder das deutsche Lied schöner geklungen hatte, als schon wieder die Volpones ein Lied schmetterten, dann die Pieselangs, dann die Volpones und so weiter, immer abwechselnd einmal deutsch und einmal italienisch. Die Zwillinge, die noch zu klein zum Mitsingen waren, faßten sich an den Händen und stolperten im Takt auf ihren kleinen, dicken Beinen umeinander. Das war ein Signal für die anderen Kinder auf dem Platz. Sie griffen nacheinander, bildeten eine lange Schlange und tanzten um die singenden Volpones und die Pieselangs, mitten durch die Pfützen, die noch vom Gewitter übriggeblieben waren. Die Studenten und die Arbeiter aus der Fabrik schlossen sich den Kindern an, die Mütter der Kinder lachten und klatschten in die Hände. Nur die meisten Bauern hielten sich noch zurück. Sie wären nach der Kirche viel lieber ins Wirtshaus zu einem Bier gegangen und hätten sich später zu Hause von der Frau den gewohnten Sonntagsbraten servieren lassen. Aber die Bäuerinnen bestanden darauf, daß die Männer bei ihnen blieben und sie später gemeinsam in der Pizzeria zu Mittag essen würden. Die Bauern waren mißtrauisch. Was würde man ihnen dort für ausländisches Zeug vorsetzen? Es hatte sich schon herumgesprochen, daß die Nonna dort nicht nur Pizza servieren würde. Gewiß, die Suppe damals hatte gut geschmeckt, aber wer weiß, was die Italienerin sonst noch zusammenkochte und ob man sich beim Essen der fremdländischen Speisen nicht blamierte. Wer würde sich zum Beispiel an diese glitschigen Dinger, die Spaghetti, heranwagen — sicher niemand.
    Unterdessen hatten sich die Volpone- und die Pieselang-Familie zu einem gemeinsamen Chor zusammengefunden und sangen zum Abschluß auf deutsch : „Hoch auf dem gelben Wagen!“ Die Dorfkinder, die Frauen, die Studenten und die Arbeiter und auch einige Bauern sangen mit. Es war ein vergnügter, brausender Chor, von dem die Tauben, die auf dem Rathausdach hockten, aufgescheucht wurden, daß sie mit rauschendem Flügelschlag über den Platz strichen.
    Nun wurden die Pforten der Pizzeria geöffnet. Es war ein kaum glaubliches Gedränge. Im Nu war der kleine Raum bis auf den letzten Platz besetzt, und draußen standen viele Enttäuschte. Oma, die die Lage sofort überblickte, bat die Studenten, aus dem „Ochsen“ Tische und Stühle herbeizuschaffen und mitten auf den Platz zu stellen. Der Ochsenwirt hatte nichts dagegen, weil seine Frau ihn nun endgültig verlassen hatte. Zum
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