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2 ½ Punkte Hoffnung

2 ½ Punkte Hoffnung

Titel: 2 ½ Punkte Hoffnung
Autoren: Gretchen Olson
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auf meine verschränkten Arme und lächelte. Vielleicht würde ich in dieser Nacht hier schlafen.
    Eis klirrte in dem Glas, als Mom es vor mich hinstellte. Sie setzte sich mir gegenüber. »Ich habe deinen Rosenstrauch gegossen, während du weg warst.«
    »Danke.«
Bitte, lieber Gott, mach, dass das hier echt ist. Bitte.
    »Wir sollten den draußen einpflanzen, meinst du nicht?Vielleicht neben der Haustür? Oder würde dir die Hintertür besser gefallen?« Panik! Wenn ich meinen Rosenstrauch einpflanzte, würde ich ihn ausgraben müssen, falls ich überstürzt weglaufen müsste.
    »Hope?«
    Ich legte mein Kinn in meine Hände und sah sie an. Sie war hübsch in dem blauweißen Kleid. Und mir fiel erst jetzt auf, dass sie sich die Haare hatte schneiden lassen. Nicht sehr viel, aber ich konnte es sehen.
    Sie trank einen Schluck Limonade. »Hope, ich muss dir etwas sagen.«
    Alarm. Alarm.
Auf diese Worte folgt in der Regel etwas Schlechtes. Ich setzte mich gerade auf. »Was?«
    Mom fuhr mit den Fingern ihr nasses Glas auf und ab. »Ich hab dir doch erzählt, dass ich diesen Kurs für Eltern besuche.«
    Ich starrte sie an, aber Mom konzentrierte sich auf ihr Glas.
    »Ich habe so etwas noch nie gemacht. Ich habe immer gedacht, Elternsein lernt man ganz von allein, wie Radfahren. Du bekommst ein Baby, und, wusch, schon weißt du automatisch, was du zu tun hast. Na ja, Elternsein ist viel schwerer als Radfahren, und ich bin schon einige Male böse auf die Nase gefallen.« Sie sah mich aus tieftraurigen Augen an. »Hope, du hast mir wirklich gefehlt, als du im Sommerlager warst. Ich weiß, ich habe Dinge gesagt, die deine Gefühle verletzt haben, aber ich wusste nicht, wie ich aufhören sollte. Wie manche Leute, die versuchen, mit dem Rauchen oder Trinken aufzuhören.« Sie holte tief Luft. »Jedenfalls, was ich zu sagen versuche, ist: Ich glaube, das wird richtig hart für mich sein. Mrs. Nelson erklärt uns all diese neuen Dinge, und ich glaube, ich werde lange brauchen. Du weißtschon …« Sie kicherte verlegen. »… Alte Hunde und neue Tricks.« Jetzt sah sie mich fast schon besorgt an. »Ich werde deine Hilfe brauchen.«
    Meine Hilfe.
Sie würde
meine
Hilfe brauchen?!
    Dann kam mir eine Idee. Ich stemmte mich vom Stuhl und stand auf. »Geh nicht weg.« Jetzt sah sie wirklich besorgt aus. »Nur eine Sekunde. Bin gleich wieder da.«
    Ich jagte durch den Flur, öffnete meine Zimmertür, robbte über mein Bett und in den Schrank, griff unter mein Kissen und zog mein Notizheft mit dem Punktesystem heraus. Dann hielt ich inne und riss vorsichtig die Blätter mit Zahlen und Symbolen heraus. Ich schob sie zurück unter mein Kissen, zupfte die losen Papierreste aus der Metallspirale und rannte dann wieder in die Küche.
    Mom saß noch immer am Tisch, und ich legte das Heft vor sie hin.
    »Was ist das?« Sie hob es hoch. »Schmierpapier?«
    »Nein. Das ist ein ganz besonderes Buch. Das dir bei diesem Elternding helfen wird.«
    Jetzt sah sie verwirrt aus.
    »Sieh mal«, sagte ich und griff zu einem Bleistift. »Du gibst dir Punkte dafür, wenn du alles gut machst. Nimm zum Beispiel das Wort
dumm
. Du willst mich doch gar nicht so nennen. Wenn du dich also dabei erwischst, wenn du auch nur das D und das U sagst, dann ist es noch nicht zu spät. Dann gibst du dir Punkte, sagen wir, zweihundert, und vielleicht hundert dafür, dass du nicht Rotzlöffel sagst.«
    Ich schrieb das Datum und die Abkürzungen Du und Rl auf und setzte daneben die Zahlen 200 und 100.
    Mom musterte die Seite, blätterte dann in dem Notizheft und schloss es. »Gute Idee, Hope.«
    »Danke.« Würde mir jetzt das Herz brechen? »Und dubekommst hundert Punkte extra, weil du ›gute Idee‹ zu mir gesagt hast.«
    »Aber was mache ich mit all den Punkten?«
    »Das suchst du dir aus. Etwas Besonderes.«
    Moms Gesicht entspannte sich, sie schien schon an ihren Preis zu denken. Sie ließ ihren Finger über den Umschlag wandern, entlang der Umrisse des aufgeklebten Sterns. »Was soll der denn?«
    Als ich den gelben Stern anstarrte, musste ich an Anne Frank denken, an die sternklaren Nächte, in die sie vom ›Versteck im Hinterhaus‹ aus geblickt hatte.
    Ich dachte an die Opfer des Holocaust, wegen ihres Glaubens gebrandmarkt mit dem gelben Stern.
    Ich dachte an den funkelnden Himmel über unserem Lagerfeuer und an die Sternschnuppe der letzten Nacht.
    Ich sah meiner Mutter in die Augen und antwortete: »Damit du es niemals vergisst.«

H offnungsnotizen
    1. Wenn du
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