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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM)
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Meter mochten es sein, und das war viel für einen Sprung, zumal der Untergrund aus Asphalt bestand. Doch sie glaubten keine Wahl zu haben. Schon setzte Federico an, ging in die Hocke, da fiel der nächste Schuß, und er veränderte die Lage vollends. Zwar traf die Kugel Ernesto nicht, aber sie ging nur ein paar Millimeter an seinem Kopf vorbei und schlug dann in so großer Nähe auf einen Stahlträger, daß er zurückprallte, dabei einen unkontrollierten Schritt machte, den Halt verlor, von der nur etwa siebzig mal siebzig Zentimeter messenden Plattform fiel und in den Trichter rutschte, der sonst die Wrackteile aufnahm und dem Mahlwerk zuführte.
Sein Schrei gellte durch die Halle: » Mi pie! Mi pie! « Mein Fuß. Der Fuß war in die Mühle geraten, und es war eine Frage von Sekundenbruchteilen, daß sie den ganzen Mann schluckte. Federico, zu Tode erschrocken und dennoch beherzt, tat das einzige, was vielleicht noch Rettung bringen konnte. Er warf die MAUSER, die er schußbereit in der Rechten gehalten hatte, in das neben dem Trichter arbeitende Räderwerk. Es knackte, knirschte, quietschte, und dann … blockierte das kleine Stück gehärteten Stahls die Zahnräder tatsächlich. Die höllische Maschine stand still.
Ernesto war ohnmächtig geworden. Federico beugte sich über ihn, war besonnen genug, den Freund jetzt nicht herauszuziehen, was, wenn es ihm überhaupt möglich gewesen wäre, die Verletzungen nur schlimmer gemacht hätte. Nein, er griff blitzschnell nach Ernestos SMITH & WESSON, der bei dem Sturz auf die Plattform gefallen und zum Glück dort liegengeblieben war. Mit der Waffe in der Hand richtete er sich auf. Und sah den Gegner, sah ihn, den Ernestos Schreien offenbar für einen Moment aus der Deckung gelockt hatte, die Pistole anheben. Doch er war schneller, schoß dem Mann, es war ein Schwarzer, in den Arm. Der schrie nicht, verzog nur das Gesicht und ließ die Waffe fallen.
» Stay! Do not move! « rief Federico ihm vom Turm aus zu. Der andere gehorchte, blieb aufrecht stehen, griff nur mit der Linken nach seiner Wunde. Federico kletterte hinunter, mit dem Rücken zur Treppe, damit er den Schwarzen auch nicht für eine Sekunde aus den Augen verlor, ging zu ihm, hob seine Pistole auf, steckte sie ein und befahl ihm, die Maschine abzustellen. Sie gingen die wenigen Schritte bis zum Schaltkasten, und dort schob der Mann mit der unversehrten Linken einen Hebel nach oben. Die ächzenden Geräusche des ins Leere arbeitenden Motors verstummten. Aber das Förderband lief noch. »Auch das Band abstellen!« Wieder gehorchte der andere, bediente einen weiteren Hebel.
»So, und jetzt klettern wir da rauf!« Federico zeigte zur Mühle. »Du holst meine Pistole aus dem Getriebe, faßt sie am Lauf an und gibst sie mir. Aber ich warne dich! Eine falsche Bewegung, und du bist ein toter Mann!«
»Mein Arm!«
»Vergiß deinen Scheißarm!«
Der Schwarze trottete los. Federico folgte ihm. Auch auf der Treppe blieb er dicht hinter ihm, damit er bloß nicht auf dumme Gedanken kam, womöglich mit seinen schweren Stiefeln Ernesto auf den Kopf trat. Doch er war folgsam, und auch als er die MAUSER aus dem Räderwerk zog, was ihm nur unter Mühen gelang, versuchte er keine Tricks, sondern packte die Waffe am Lauf und gab sie Federico, der sie sofort einsteckte. »So, jetzt stellst du die verdammte Maschine wieder an, aber im Rückwärtsgang!«
Der Abstieg. Federico war froh, daß Ernesto noch immer bewußtlos war und also keine Schmerzen spürte. Wieder am Schaltkasten, hob er warnend die Waffe und sagte: »Gnade dir Gott, wenn du jetzt einen Fehler machst! Rückwärts also!« Er hielt dem Schwarzen den SMITH & WESSON an die Schläfe. Die Situation war außerordentlich kritisch. Was, wenn der Mann trotz der Waffe an seinem Kopf die Mühle so in Gang setzte, daß sie ihr zerstörerisches Werk wiederaufnahm? »Gnade dir Gott!« sagte er noch einmal und fügte hinzu: »Nur eine Sekunde anstellen!«
Glücklicherweise kam es für ihn zu keiner Variante des russischen Roulettes, denn er konnte von den am Schaltbrett angebrachten Schildern ablesen, daß der Schwarze es richtig machte. Ganz kurz nur dröhnte die Maschine, und dann war wieder Stille.
»Und jetzt noch mal rauf und den Verletzten holen!« Erneut die Kletterpartie. Und dann, oben, Federicos grenzenlose Erleichterung. Um Ernestos Fuß schien es zwar schlimm zu stehen, überall Blut und zerrissenes Leder, aber es war deutlich zu erkennen, das Mahlwerk hatte ihn
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