Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM)
Autoren: Hinrich Matthiesen
Vom Netzwerk:
keine.«
»Wenn er im Hafen arbeitet, hat er eine.« Federico begann zu schwitzen. Würde man ihn hier womöglich festhalten? Er mußte doch zu Olaf, mußte ihm so schnell wie irgend möglich das Ergebnis dieser Nacht mitteilen, ihm von der sensationellen Entdeckung ebenso erzählen wie von dem schrecklichen Unglück! Ihm fiel nur eine Lösung ein. Er griff in die Tasche seines Overalls, zog einen Packen Dollars hervor, zählte zehn Fünfhunderter heraus und warf sie auf den Tresen. »Hier! Fünftausend. Als Anzahlung. Ich komme wieder, muß erst noch was Dringendes erledigen.« Dann lief er zur Tür. »Aber so geht das nicht, Mister! Sie müssen …« Was er nach Meinung der Frau mußte, blieb ihm verborgen. Er sprang ins Auto, fuhr los.
Nach zwanzig Minuten stellte er den Wagen auf dem Hotelparkplatz ab. Angesichts der vielen soeben überstandenen Aufregungen kam es ihm sonderbar vor, daß das Haus so still und friedlich dastand und nicht mindestens von einem leichten Erdbeben geschüttelt wurde. Und ebenso sonderbar mutete es ihn an, daß der Portier die Tür öffnete und der Mann an der Rezeption ihm sogar mit einem Lächeln den Schlüssel gab. Er lief zum Lift, fuhr nach oben, klopfte an die Zimmertür, trat ein.
Olaf hatte angezogen auf dem Bett gelegen, aber nicht geschlafen. Er sprang auf. »Und?« »Wir haben gewonnen und verloren«, sagte Ernesto. Und dann erzählte er.

41
    An diesem dreizehnten Februar schien es, als hatte der Frühling bereits die Oberhand gewonnen. Aber die Anzeichen dafür mochten trügerisch sein, denn schon oft hatten die Eiderstedter Marschen so früh ihr erstes Grün gezeigt, und dann war ein paar Wochen später die zarte Pracht in klirrendem Frost erstarrt.
    Die drei Männer, die auf den schlanken, rot-weißen Leuchtturm von Westerhever zugingen, kümmerten sich nicht darum, ob das sprießende Aufgebot womöglich verfrüht sein könnte. Sie genossen den Tag, wie er sich ihnen schenkte, freuten sich über die milde Luft, über das Grün auf der einen und das sonnenbeschienene Wattenmeer auf der anderen Seite des Deiches und über die gerade erst geborenen, noch zotteligen Lämmer, die sie als Osterlämmer bezeichneten, obwohl der Kalender auch diesen Namen widerlegte.
    Sie gingen sehr langsam. Einer von ihnen erklärte das und holte damit für eine Weile das Abenteuer zurück, das nun schon fast zwei Monate hinter ihnen lag:
    »Bist doch Reeder und weißt, daß der Konvoi sich nach der Geschwindigkeit des lahmsten Schiffes zu richten hat.« Sprach’s und schlug mit dem Stock, auf den er sich stützte, gegen den orthopädischen Schuh an seinem linken Fuß. Olaf Theunissen lachte. »Ich kann mich nur wiederholen«, sagte er dann, »solltest du deinem Vater bei der Apfelsinenernte nicht schnell genug sein oder sonstwie Schwierigkeiten haben, durchs Leben zu kommen, dann steht in Hamburg ein Schreibtisch für dich bereit, von dem aus du meine Schiffe dirigieren kannst, nach Chile, zu den Bahamas, in die USA und in viele andere Länder der Welt.« Zu dem anderen gewandt, fuhr er fort: »Und du, Federico, wirst hoffentlich irgendwann mit einem dieser Schiffe als Kapitän unterwegs sein!« Turbulente Wochen lagen hinter ihnen. Sie hatten ihre Mission zwar erfolgreich beendet, waren aber angeschlagen daraus hervorgegangen. Nicht nur, daß Ernesto drei Zehen eingebüßt hatte und zur Transplantation von Sehnen noch ein paarmal unters Messer mußte, auch für Olaf und Federico war es eine aufreibende Zeit gewesen. Ihren Anwälten – Olaf hatte in den USA und in Deutschland je einen der erfahrensten beauftragt – war es nach langwierigen Verhandlungen gelungen, sie aus der amerikanischen Untersuchungshaft zu befreien. Die von ihnen verursachten Körperverletzungen, durch die zum Glück niemand zu Tode gekommen war, ja, sogar den Einbruch bei BOULDERS & MASTERSON hatte man als eine Form von Notwehr eingestuft. Noch konnten sie vor einer neuerlichen Inhaftnahme nicht sicher sein, aber die Zeichen standen günstig. Im März würden sie zur entscheidenden Gerichtsverhandlung nach Miami fliegen.
    Helga Theunissen und Robert Kastner waren festgenommen worden. Zunächst hatten sie alle Anschuldigungen energisch abgestritten, waren dann aber unter der Indizienlast zusammengebrochen. Es hatte sich herausgestellt, daß Helga Theunissen die Drahtzieherin gewesen war und daß ihr Plan weit mehr umfaßt hatte als die Versenkung eines Schiffes und den Raub einer wertvollen Ladung, nämlich die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher