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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM)
Autoren: Hinrich Matthiesen
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hörten bald darauf die Tür gehen. Im selben Moment machte Federico die Lampe aus. Doch am Ende des Bandes hatten sie schon die gewaltigen Granulathaufen gesehen, bewegten sich nun im Dunkel darauf zu und landeten dann auch in der aus kleinsten Metall- und Kunststoffpartikeln bestehenden Halde, stellten aber fest, daß sie deren Gipfel noch nicht erreicht hatten. So versuchten sie, hinaufzuklettern, was sich als schwierig erwies, weil der Untergrund, ähnlich wie lockerer Dünensand, unter ihren Füßen nachgab. Schließlich aber kamen sie doch oben an, verharrten. Instinktiv hatten sie diesen hohen Standort angestrebt, hatten wohl beide das Gefühl gehabt, von oben nach unten sei besser zu operieren als umgekehrt. In der Halle ging das Licht an. Sofort warfen sie sich hin. » Get out there, boys! You don’t have any chance! « Mit großer Lautstärke stieß der Mann seine Worte aus, und die Akustik der Halle sorgte dafür, daß sie leicht verzogen und seltsam hohl bei ihnen ankamen. Ihn selbst konnten sie nirgendwo entdekken. Er schien sich, genau wie sie, in Deckung zu halten.
Federico begann jetzt sogar, sich ein Stück einzugraben. Ernesto machte es ihm nach. Mit den Händen schaufelten sie kleine Mulden. Als Federico schon fast einen halben Meter tief war, zuckte er zusammen. Was seine Rechte ertastet hatte, war plötzlich nicht mehr feingemahlener Schrott, nein, er war auf etwas Kompaktes gestoßen, das nicht nachgab. Er legte es mit behutsamen Bewegungen frei, zog es näher zu sich heran, wischte den Staubbelag ab und hatte dann, auch für Ernesto sichtbar, ein glattes, bräunliches, brikettförmiges Etwas vor sich, nur daß es größer und sehr viel schwerer war als ein Stück Preßkohle. Es war ein Kupferbarren! Für einen Moment vergaßen sie die Gefahr, in der sie schwebten, griffen beide hinab in ihre Mulden, wühlten sich in das lose Material hinein und … zogen weitere Barren heraus, einen nach dem anderen. Aber dann legten sie sie zurück, deckten sie zu und widmeten ihre ganze Aufmerksamkeit der gegen sie gerichteten Bedrohung. Noch einmal ertönte die Aufforderung, herauszukommen, und wie wenig die in breitem Slang gebrüllten Worte ihnen auch behagten, einen Vorteil brachten sie. Der Gegner verriet seinen Standort, und der war anscheinend noch immer ein gutes Stück von ihnen entfernt. Doch dieser kleine Trost dauerte nicht lange an. Sie hörten Schritte, schnelle, laute Schritte. Vielleicht rannte er unter dem Förderband auf ihre Halde zu. Dann fiel ein Schuß. Ein zweiter. Ein dritter. Der Mann schoß in den Granulathaufen, und die Einschläge waren bedrohlich weit oben. Federico und Ernesto sahen dort, wo die Kugeln landeten, den Schrott auseinanderstieben und auch kleine Staubwolken aufwirbeln. Es war verdammt nah, so nah, daß sie sich wieder herunterließen von ihrem Berg, auf das Förderband zu. Hinab ging es schneller als hinauf, und so erreichten sie es in wenigen Augenblicken, bestiegen es, wollten, weil sie den Schützen nun in der Nähe des Granulats vermuteten, zurück zur Mühle, von der aus es nur wenige Schritte zur Tür waren. Vielleicht würde es ihnen gelingen, über die Leiter nach unten und dann nach draußen zu gelangen.
Sie liefen über das Band, kamen auf dem endlich wieder festen Boden gut voran. Doch auf halber Strecke war es schon wieder vorbei mit den sicheren Schritten. Ein furchtbarer Lärm leitete die Veränderung ein. Das Band setzte sich in Bewegung, ihrem Lauf entgegen, und das verzögerte ihr Vorwärtskommen, verhinderte es jedoch nicht, denn sie waren schneller als die Maschine. Ernesto war vorn, lief mit Riesenschritten auf die Mühle zu, erreichte sie, wollte nach unten, da fiel wieder ein Schuß. Die Kugel schlug gegen eine der metallenen Leitersprossen, erzeugte dort einen seltsam singenden Ton. Die Stufen hinabzuklettern war nicht mehr möglich. Sie lagen unter Beschuß. »Rauf!« sagte Federico und schob Ernesto auf die andere, die aufwärts führende Treppe zu. Kaum waren sie oben angelangt, traf eine Kugel die kleine stählerne Plattform. Es tönte wie ein überlauter Gongschlag. Nun saßen sie wirklich in der Falle. Höher hinauf ging es nicht. Aber sie konnten springen! Vom rückwärtigen Teil der Plattform! Vom vorderen nicht, denn dort befanden sich, etwa einen Meter tiefer, der Trichter und das Räderwerk, das sogar lief. Der Mann hatte nicht nur das Förderband, sondern auch die Mühle in Gang gesetzt. Federico blickte nach unten. Fünf bis sechs
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