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1987 - Der Mörderprinz

Titel: 1987 - Der Mörderprinz
Autoren: Unbekannt
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instinktiven Bewegung wollte er die Angelschnur vom Handgelenk reißen. Im selben Moment packte wieder die Strömung zu, zwanzig Meter unter ihm, und die Schnur grub sich bis auf die Knochen oberhalb der Siebenfinger ins Fleisch.
    Sailent tauchte ins Wasser zurück.
    Die Verletzung war nicht lebensgefährlich, fügte ihm jedoch schwere Schmerzen zu.
    Er gab dem Zug der Leine nach, beschleunigte mit kraftvoller Beinarbeit, versuchte die Spannung zu verringern.
    In wenigen Sekunden wurde er viele Meter in die Tiefe gerissen. Er wickelte mit fliegenden Fingern den Knoten auf, der unweigerlich entstanden war, riß sich die Leine aus dem blutenden Fleisch, und dann hatte er keine andere Wahl, als den Gezeitentaucher loszulassen.
    Die erste Beute seit vielen Tagen. Der größte Fang, seit der Winter ins Festland zurückgewichen war, dreimal so groß wie der größte Raikal, den er je gesehen hatte.
    Und er mußte diesen Fang für sein Leben opfern.
    Guantamari Sailent fühlte sich mitgerissen, eine Strömung von unwiderstehlicher Gewalt zog ihn abwärts, Richtung Meeresgrund.
    Aber das Haltetau, mit dem er verbunden war, stoppte seinen Abstieg mit einer Gewalt, die nicht weniger unwiderstehlich wirkte.
    Der Fischer fühlte sich wie entzweigerissen.
    Halb bewußtlos hielt er immer noch den Atem. Er nutzte den Moment, packte das Halteseil, gab die Schwimmbewegungen auf und hangelte sich gegen den Sog am Seil nach oben.
    Sailent erreichte ruhiges Wasser. Er ließ das Seil los.
    Alle Kraft legte er in die Schwimmbewegungen, dann erblickte er im Ultraviolett einen Widerschein des Neutronensterns, dem er nur zu folgen brauchte.
    Mit einem wilden Schrei stieß er durch die Oberfläche.
    Er hatte das Gefühl, daß der Schwung ihn hundert Meter weit in die Luft trug und daß der tiefe Sturz, der darauf folgte, sein Ende bedeuten muße.
    Doch es war nur ein Wellenberg, einer von einer Billion.
    Der Schmerz an seinem Handgelenk wurde betäubend stark, als das Salz mit Sauerstoff in Berührung kam.
    Guantamari Sailent achtete nicht darauf.
    Mit geschwellter Brust wurde er zum Wellenreiter, er stürzte an der windabgewandten Seite mit der Gischtkrone in den Ozean zurück.
    Vor seinen Augen tanzte das Boot RUHARION auf und nieder, eine unsichtbare Drift hatte den Rumpf erfaßt und zwirbelte das Ankerseil, bis es mit einem scharfen Knall zerriß, der seine Ohren betäubte.
    Der Südmeersturm kam mit vernichtender Wucht.
    Sein aufwärts gepolter Strudel bestand aus Wasser, aus Luft und aus Buschfragmenten eines fernen Waldes, die teilweise noch ihre Blätter trugen.
    In einem Augenblick unnatürlicher Klarheit spürte er die Natur des Wirbels.
    Sailent erkannte, daß der Sturm über der Materiequelle entstanden war. Einer solchen Gewalt konnte man nicht widerstehen.
    Das Boot wurde vernichtet in dem einen Sekundenbruchteil, als der Wirbel die Reling und das Vorderschiff mitnahm. Das Segel war noch für sehr kurze Zeit sichtbar, es hatte sich entfaltet und hüllte einen Teil der Katastrophe in fadenscheiniges graues Tuch.
    Dann war von dem Boot RUHARION, das die Familie am terminalen Ozean lebendig hielt, nichts mehr übrig.
    Guantamari Sailent schöpfte Luft, soviel die Lungen faßten, und tauchte hinab ins Ultraviolett der Wasserwelt.
     
    *
     
    Er wurde eine Ewigkeit herumgeschleudert. Einmal glaubte er, daß er tausend Jahre unter Wasser trieb - im terminalen Ozean keine Unmöglichkeit -, dann wieder zog es ihn mit Macht empor, er reckte seinen Zyklopenkopf durch die vom Sturm gepeitschte Oberfläche, und er war froh, wenn er Luft bekommen konnte und das Auge heil blieb.
    Als es zu Ende war, wurde er an Land gespült.
    Guantamari Sailent lebte. Es war eigentlich nicht möglich, doch er atmete, und seine Siebenfinger krallten sich in den von Kieselstein und Opal durchsetzten Ufersand.
    Eine Milliarde Regentropfen brachen das Licht des Neutronensterns; sie verwandelten den Strand in ein glitzendes Funkenbett, wie der legendäre Sternenhimmel, den Sailent auf dem verbotenen Planeten Thekarou niemals gesehen hatte.
    Geschichten aus dem Universum. Aus einer Welt voller Leben, die vielleicht erfunden ist.
    Er brauchte eine halbe Stunde, bis er sich aufgerappelt hatte.
    Dieser Abschnitt des Strandes war von Leichen übersät. Es handelte sich um die Körper von Tieren, die der Sturm vom Grund des Ozeans emporgerissen und ans Ufer gespült hatte. Ihre Körper zeichneten sich nur mehr als dunkle Umrisse ab, das eigentliche Fleisch war längst
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