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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier
Autoren: Robert Ludlum
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Niemand wußte genau, wo.
    Nur Savarone Fontini-Cristi.
    Leichter Schneefall hatte eingesetzt und bedeckte die vom Mondlicht beschienene Erde mit einer dünnen Alabasterschicht. Sie rollten durch Tunnels, die aus dem Felsgestein geschlagen waren, schwangen sich an den Bergflanken entlang durch Westen, unter sich zur Rechten drohend die steilen Abgründe. Es war viel kälter geworden. Petride hatte das nicht erwartet; er hatte überhaupt nicht an die Temperaturen gedacht. Schnee und Eis. Die Schienen waren mit Eis bedeckt.
    Sie fuhren über Brig nach Sierre und Martigny; es wurde Tag und wieder Nacht. Sie näherten sich St. Bernhard, der italienischen Grenze. Ungehindert erreichten sie wieder italienischen Boden. Sie rasten weiter nach Aosta und kamen durch Chatillon. Der junge Priester spähte durch die Sichtluke nach vorn und sah, wie der fallende Schnee im Scheinwerferbalken des Zuges tanzte. Er lehnte sich hinaus; er konnte nur die riesigen Bäume sehen, die sich in der Dunkelheit auftürmten.
    Wo war er? Wo war der italienische Padrone Fontini-Cristi? Ob er es sich anders überlegt hatte? Barmherziger Gott, das durfte nicht sein! Er durfte solche Gedanken überhaupt nicht zu Ende denken. Was sie in jener heiligen Kassette mit sich trugen, konnte die Welt ins Chaos stürzen. Der Italiener wußte das; das Patriarchat hatte volles Vertrauen zu dem Padrone...
    Petrides Schädel schmerzte, die Schläfen pochten. Er saß auf der Metalltreppe des Tenders. Er mußte sich zusammenreißen. Er blickte auf das Leuchtzifferblatt seiner Uhr. Barmherziger Gott. Sie waren zu weit gefahren! In einer halben Stunde würden sie die Berge verlassen!
    »Da ist ein Signal!« schrie Anaxas.
    Petride sprang auf und beugte sich hinaus. Sein Puls jagte, seine Hände zitterten, als er sich an der zum Dach führenden Leiter festhielt. Vor ihnen, auf den Gleisen, höchstens einen halben Kilometer entfernt, wurde eine Laterne gehoben und wieder gesenkt, und ihr Licht flackerte im beständig fallenden Schnee.
    Anaxas bremste. Ein Stöhnen entrang sich dem stählernen Leib der Lokomotive. In der vom Mondlicht und dem Schnee erleuchteten Ferne, vom Scheinwerfer der Lokomotive erfaßt, sah Petride in einer kleinen Lichtung neben den Gleisen einen Mann neben einem seltsam geformten Fahrzeug stehen. Der Mann trug schwere Kleidung und Kragen und Kappe aus Pelz. Das Fahrzeug war ein Lastwagen und doch keiner. Seine Hinterräder waren viel größer als die vorn, als gehörten sie zu einem Traktor. Und doch war die Motorhaube vor der Windschutzscheibe nicht die eines Lastwagens und auch nicht die eines Traktors. Sie erinnerte an etwas anderes.
    Was war das?
    Und dann wußte Petride es und mußte unwillkürlich lächeln. Er hatte in den letzten vier Tagen Hunderte solcher Gegenstände gesehen. Vorn an der Motorhaube des seltsamen Fahrzeuges war eine vertikal bewegliche Ladebühne angebracht.
    Fontini-Cristi war ebenso findig wie die Mönche des Xenope-Ordens. Aber das wußte er eigentlich schon aus den Papieren, die er in dem ledernen Beutel auf der Brust trug.
    »Sind Sie der Xenope-Priester?« Savarone Fontini-Cristis Stimme war tief, aristokratisch und sehr befehlsgewohnt. Er war ein hochgewachsener Mann, unter seiner Alpenkleidung schlank, mit großen, durchdringenden Augen, die tief in den raubvogelhaft geschnittenen Zügen seines Gesichts lagen. Und er war viel älter, als Petride angenommen hatte.
    »Der bin ich, Signore«, sagte Petride und kletterte nach unten in den Schnee.
    »Sie sind sehr jung. Die heiligen Männer haben Ihnen eine furchtbare Verantwortung aufgebürdet.«
    »Ich spreche die Sprache. Ich weiß, daß das, was ich tue, richtig ist.«
    Der Padrone starrte ihn an. »Ich bin sicher, daß Sie das tun. Was bleibt Ihnen sonst übrig?«
    »Glauben Sie es nicht?«
    Der Padrone erwiderte einfach: »Ich glaube nur an eines, mein junger Vater. Es gibt nur einen Krieg, der geführt werden muß. Es kann keine Teilung unter denen geben, die gegen die Faschisten kämpfen. Das ist es, was ich glaube.« Fontini drehte ruckartig den Kopf und blickte zu dem Zug auf. »Kommen Sie. Wir dürfen keine Zeit vergeuden. Wir müssen vor Tagesanbruch zurückkehren. Im Traktor ist Kleidung für Sie. Holen Sie sie. Ich werde den Maschinisten instruieren.«
    »Er spricht nicht italienisch.«
    »Ich spreche griechisch. Schnell!«
    Der Güterwagen stand neben dem Traktor. Seitlich betätigte Ketten wurden an dem heiligen Schatz befestigt, und dann wurde der
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