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1966 - Der Schattenbruder

Titel: 1966 - Der Schattenbruder
Autoren: Unbekannt
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wieder ins Lot bringen und ihn zur freiwilligen Mitarbeit bewegen." Mhogena verzog das Gesicht. „Meine leichte Suggestorgabe, über die ich zusätzlich verfüge, werde ich aus moralischen Gründen nicht einsetzen."
    Der hochmütige und wortkarge Vil an Desch verwandelte sich weder abrupt in eine Plaudertasche, als Mhogena ihn aufsuchte und mit ihm sprach, noch änderte er umgehend seine Meinung. Die Beeinflussung des Tazolen war vielmehr ein verhältnismäßig langwieriger Prozess, der dem Meister des Sandes viel Kraft abverlangte. Zumindest freute der Scoctore sich, den Gharrer endlich wiederzusehen. Und er kam sofort auf das Elcoxol zu sprechen. „Bist du nicht auch der Ansicht", fragte Mhogena, „dass es hier um wesentlich mehr geht als nur um dein Leben?"
    Vil an Desch schwieg. „Du hast die Wahrheit erkannt. Im Tor der Erleuchtung wartet nicht Gaintanu auf die Befreiung, sondern die größte Gefahr, die Chearth und auch Algion je gesehen haben - die Guan aVar. Würdest du nicht gern dein Leben opfern, um dieser Gefahr zu begegnen und das Volk der Tazolen zu schützen? Und nicht nur deine Spezies, sondern alle Wesen aus Algion, die Oschongen, Prokiden, Saggarer, Voranesen, Zyteker und wie sie alle heißen?"
    Die moralische Verantwortung des Scoctoren war nicht besonders stark ausgeprägt, sein Lebenswille dafür umso stärker. Doch Mhogena warf all seine aufgewühlten Emotionen zu ihm zurück und zwang ihn, sich mit ihnen zu befassen. Vil an Desch erkannte, wie sehr er danach gierte, noch weitere Jahrzehnte oder Jahrhunderte das Leben genießen zu können. Er nahm deutlich wahr, wie abgrundtief rücksichtslos und egoistisch sein Verlangen war, erst dann das Seine dazu beizutragen, zwei oder noch mehr Galaxien vor dem Untergang zu bewahren, nachdem er Elcoxol bekommen hatte.
    Irgendwann wurde diese Einstellung für ihn unerträglich, und er empfand Scham, die ihn in eine ausweglose Zwangslage trieb. Seine Denkweise wurde gezwungen, eine andere Richtung einzuschlagen und sich selbst als das zu erkennen, was er wirklich war. Doch es waren mehrere Sitzungen nötig, bis er endlich einwilligte, auch ohne einen Vorrat an Elcoxol die Algiotischen Wanderer über die Wahrheit aufzuklären. „Nun gut", erklärte er schließlich großspurig. „Bereite ein Raumschiff vor! Ich werde mich, so, wie du es vorschlägst, an meine fehlgeleiteten Untergebenen wenden. Den Galaktikern habe ich mich verweigert, weil sie mich schlecht behandelt haben. Es gebührt nicht meinem Rang, in einer so winzigen Zelle festgehalten zu werden." Das war natürlich eine Ausrede, mit der der Tazole sein Gesicht wahren wollte. „Und sie beleidigen meine empfindlichen Sinne. Du weißt, warum. Bitte sorge dafür, dass sie sowenig wie möglich in meine unmittelbare Nähe kommen!"
    Mhogena betrachtete den Scoctoren nachdenklich mit den äußeren Augen, als er zur Tür der Sicherheitszelle ging. Trotz all der erschöpfenden Überzeugungskraft, die er aufgebracht hatte, überraschte es ihn, dass Vil an Desch so schnell zugestimmt hatte. Aber er nahm keine Arglist mehr in ihm wahr. Nur die beruhigende Gewissheit, sich auch im äußersten Notfall noch retten zu können. Vil an Desch hatte, was das Elcoxol betraf, noch ein As im Ärmel, soviel stand fest. Es fragte sich nur, welches...
    „Mhogena?"
    Tuyula Azyk stand abwartend in der Schottöffnung von Mhogenas Kabine auf der MERLIN. Obwohl die junge Blue vor kurzem in die Pubertät gekommen war, kam sie dem Gharrer noch immer vor wie ein verstörtes Kind, das aus seiner gewohnten Umgebung gezerrt worden war und sich nun trotz aller Hilfe nicht mehr zurechtfand. Außerdem hatten die hormonellen Vorgänge in ihrem Körper ihre Verwirrung nur noch gesteigert. Allein, ohne Artgenossen, die sie um Rat fragen konnte, wusste sie kaum damit umzugehen. „Komm doch herein!" sagte der Gharrer.
    Am liebsten hätte er Tuyula in den Arm genommen, doch daran hinderte ihn seine natürliche Zurückhaltung. Und der Raumanzug, den er an Bord von Schiffen der Sauerstoffatmer tragen musste, hätte der Geste sowieso einen Großteil ihrer Wirkung genommen. Spätestens seit den Vorgängen an Bord der ST. AMARINA verband den Gharrer mit der Blue mehr als nur eine tiefe Zuneigung. Das junge Mädchen hatte maßgeblich dazu beigetragen, dass er nicht an Bord von Joskar Jankinnens Luxusjacht ums Leben gekommen war.
    Zögernd betrat Tuyula die Kabine. Sie war nur spärlich mit Mobiliar eingerichtet, das auf die körperlichen
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