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1938 - Die Farben des Bösen

Titel: 1938 - Die Farben des Bösen
Autoren: Unbekannt
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lernen.
    „Georg meint, wir sollten nicht zu früh in Euphorie geraten", erklang eine wohlmodulierte Stimme hinter ihr, die zu dieser Tageszeit nur selten zu hören war.
    Solder Brant war unbemerkt hinzugekommen. Er war um gut zehn Zentimeter kleiner als die über einsachtzig messende Linda, schmal und fast unscheinbar, doch seine Präsenz war ungeheuer. Er besaß ein kantiges, von tiefen Furchen an den Wangen und Schläfen durchzogenes Gesicht, in denen man das Leid der Geiselhaft noch deutlich zu erkennen glaubte. In seinem kurzen brünetten Haar und den kräftigen Augenbrauen zeigten sich- hier und da feine graue Fäden ebenfalls Zeugnisse des Dramas, nicht des Alters. Der Blick seiner blauen Augen war entschlossen, fordernd.
     
    *
     
    Georg Zima rang sich ein müdes Grinsen ab und strich über seinen blonden Stiftenkopf. „Ich wußte gar nicht, daß wir einen Termin hatten", begrüßte er den Kandidaten. „So früh am Morgen ..."
    „Ich bin auf dem Weg zu einer TalkShow des DaiPre-Senders und wollte vorher noch bei euch vorbeischauen."
    „Wenn du dich aufmuntern wolltest, ist das der richtige Zeitpunkt", bemerkte Linda. „Im Gegensatz zu euch freue ich mich über die neuesten Umfragen, und das gibt dir doch sicher noch einen zusätzlichen Ansporn."
    Solder lächelte kurz. Er war ein ernster Mann mit bedächtigen Bewegungen, Worten und Gesten. So richtig blühte er eigentlich erst dann auf, wenn er für seine Überzeugung vor Publikum eintrat oder in den Medien Rede und Antwort stand.
    Linda fragte sich, unwillkürlich Vergleiche zwischen den beiden Männern ziehend, ob Solder jemals schwitzte, außer wenn die Temperaturen unerträglich hoch waren. Oder ob er in der Gegend herumbrüllte und allen die Kündigung androhte, die am nächsten Tag kein Thema mehr war.
    Keine Frage - die beiden hatten sich zur perfekten Ergänzung gefunden, und jeder erfüllte seinen Part ausgezeichnet. Linda war überzeugter denn je, daß hier die politische Zukunft Terras lag, abseits von allen Überfliegern, allen Daschmagans und Khans, reduziert auf ein vernünftiges, überschaubares Niveau mit dem Bestreben, eine starke Position innerhalb des Galaktikums zu erreichen.
    „Selbstverständlich ist das ein Ansporn", stimmte der Kandidat zu. „Aber wir dürfen nicht vergessen, daß die Meinung schnell umschwenken kann - durch unvorhergesehene Ereignisse, die wir nicht in der Hand haben."
    „Aber du - wir alle tun doch unser Bestes", protestierte Linda. „Wir sind das Sprachrohr für das Volk, und wir erzählen doch keine Märchen. Wodurch sollte plötzlich alles umschwenken?"
    „Linda, man muß die Möglichkeit in Betracht ziehen", besänftigte Georg. „Wir dürfen nicht übermütig werden. Die Daschmagan hat geglaubt, daß die Liberale Einheit niemals eine Chance hätte, und sie war zu bequem. Aber jetzt, da ihre Position ernsthaft gefährdet ist, wird sie nicht untätig bleiben. Sie hat immer noch genug Anhänger, und sie wird nichts unversucht lassen, um auf die Leute einzuwirken. Dabei kann sie hauptsächlich mit dem neuen Galaktikum argumentieren. Diese 48 Prozent sind ein Anfang, aber kein Sieg.
    Den können wir nur mit der Wahl erringen. Alle Hochrechnungen vorher sind so zuverlässig wie eine Wette."
    Linda schüttelte den Kopf. „Ihr könnt einem echt den Tag vermiesen." Beleidigt verließ sie das Büro.
    Inzwischen trafen nach und nach die Mitarbeiter ein. Ein großer Teil von ihnen war damit beschäftigt, die vielen Anfragen, Solidaritätsbekundungen und Glückwünsche aus allen Bevölkerungsschichten entgegenzunehmen. Da sich die Liberale Einheit auf einen so großzügigen Gönner wie den Milliardär J. J. verlassen konnte, hatte sie ein großes Budget für die Werbung, und selbst die einfachsten Wahlhelfer und Praktikanten erhielten einen Lohn. Linda wußte von genügend anderen, kleinen Parteien, die nur ihren Idealismus im Überfluß hatten, dennoch eigene Kandidaten präsentierten und ihre eigene Anhängerschaft fanden.
    Trotzdem würde es bei dem „Gigantenrennen" zwischen Brant und Daschmagan bleiben, das stand außer Frage. Milliarden von Terranern und buchstäblich Billionen von Intelligenzwesen in der gesamten Galaxis beobachteten gespannt, wie der „Emporkömmling" Solder Brant versuchte, sich gegen die bisherigen Machthaber Terras durchzusetzen.
    Als Solder Brant Georg Zimas Büro verließ, wurde er überrascht und voller Freude begrüßt. Er zeigte sich nicht oft bei seinen Mitarbeitern, machte
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