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1935 - Der Gesang der Stille

Titel: 1935 - Der Gesang der Stille
Autoren: Unbekannt
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einem Labyrinth schwarzer und grauer kantiger Quader, zwischen denen hier und da schmale Gassen rötlich aufglühten wie feurige Adern. An manchen Stellen stieg träger Dampf auf, der den Winden des Planeten zäh widerstand. Die Kreuzform wurde gebildet durch zwei mächtige, etwa einen halben Kilometer breite Schneisen quer durch die finsteren Bauten und unbekannten Maschinen, in denen riesige Züge auf breiten Gleisen hin und her fuhren.
    Am Kreuzungspunkt der beiden Schneisen schließlich erhob sich ein großes, kreisrundes Bauwerk, über dem sich eine flache, von innen erleuchtete Kuppel spannte unverkennbar das Herz und Zentrum der ganzen Anlage.
    Bull setzte das Sichtgerät ab. Mit bloßem Auge sah die Kuppel inmitten der schwarzen und dunkelgrauen Gebäude aus wie ein kostbar gefaßtes Juwel. „Ich möchte zu gern wissen, was das ist", murmelte er.
    Ein sanfter, kaum spürbarer Wind blies von der Ebene herauf. Es roch verbrannt, vermischt mit dem fauligen Gestank von Schwefelwasserstoff. Sie hatten es offenbar mit einer Produktionsanlage der Korrago zu tun, und zwar einer, die in vollem Betrieb war. „Irgendwelche Erkenntnisse?" Er sah zu Skill hinüber, aber der Kybernetiker widmete sich in höchster Konzentration seinem Funkempfänger und schien die Frage nicht einmal gehört zu haben.
    Reginald Bull ließ noch einmal gedankenverloren die Schultern kreisen. Die Verspannungen im Rücken waren kaum noch der Rede wert, dafür spürte er den Zellaktivatorchip in seiner Schulter pulsieren. Das Gerät oder was immer es war erhielt ihn nicht nur am Leben, sondern auch stets in bestmöglicher körperlicher Verfassung.
    Seit etwas über hundert Jahren trugen er und die anderen Unsterblichen nun diese Chips im Körper. Keine lange Zeit, verglichen mit den zweieinhalbtausend Jahren, die er den vorhergehenden Typ des Zellaktivators besessen hatte ein vergleichsweise schweres, annähernd hühnereigroßes Gerät, das man an einer Kette um den Hals getragen hatte.
    Natürlich, es hatte einen auf absolut unerklärliche Weise jung, gesund und über alle menschlichen Maßstäbe hinaus am Leben erhalten, deshalb wäre es unangebracht gewesen, sich zu beschweren.
    Aber im Alltag war der alte Zellaktivator nun einmal denkbar unpraktisch gewesen. Unter der Kleidung hatte er aufgetragen, was manchmal geradezu lächerlich ausgesehen hatte. Beim Duschen war er lästig gewesen.
    Und des Nachts pflegte das Ding sonstwohin zu rutschen, bis man davon aufwachte, daß einen die Kette am Hals würgte.
    Die Angst, das Gerät zu verlieren, war man nie ganz losgeworden. Selbst heute noch, über hundert Jahre nach der Implantation, wachte er manchmal auf und griff sich in einem schlaftrunkenen Moment des Entsetzens an die leere Brust, um erst einen Augenblick später mit rasendem Herzen zu begreifen, daß alles in Ordnung war. „Sie haben einen unglaublich dichten Funkverkehr im normalen Radiospektrum", sagte Skill Morgenstern unvermittelt. „Und die Signale laufen auf einen Kulminationspunkt zu. Als würde demnächst etwas sehr Bedeutsames passieren."
    Bull hob die Augenbrauen. „Sagt das der Translator?"
    Skill hob die Augen von dem kleinen Bildschirm seines Kommunikators, nahm den Ohrhörer ab und suchte blinzelnd den Blick Bulls. „Nein", meinte er beinahe geistesabwesend. „Die Translatoreinheit ist überhaupt noch nicht angesprungen."
    „Und woher weißt du das dann?"
    „Hm." Skill sah an sich hinab, als frage er sich das auch. „Ich spüre es irgendwie. Ich sehe ein Muster in den Signalen, das mir etwas sagt. Verstehst du?"
    „Offen gestanden, nein."
    „Es ist...als würden eine Menge Instrumente gleichzeitig spielen, und plötzlich hört man die Melodie heraus, die dem Stück zugrunde liegt. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll..."
    Bull winkte ab. Fee Kellind hatte ihm erzählt, man sage dem jungen Kybernetiker ein besonderes Talent nach; es befähige ihn, Computer, Positroniken, Syntroniken und darauf aufbauende Geräte gewissermaßen intuitiv zu verstehen. Das war einer der Gründe, warum Gia de Moleon ausgerechnet Skill Morgenstern losgeschickt hatte. „Schon gut", brummte Bull. „Ich muß nicht alles verstehen. Ich habe auch nie verstanden, was Gucky eigentlich macht, wenn er teleportiert."
    Skill Morgenstern hatte sich bereits wieder seinem Kommunikator zugewandt, drückte Tasten und schien Selbstgespräche zu führen. „Wenn wir eine Weile warten, kann ich vielleicht ein paar Muster verifizieren...Dieses
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