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1935 - Der Gesang der Stille

Titel: 1935 - Der Gesang der Stille
Autoren: Unbekannt
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lange und sorgfältig gehütetes Geheimnis zu lüften. „Hast du", fragte er schließlich leise, „schon einmal den Begriff DagöerSyndrom gehört?"
    Bull nickte. „Ja."
    Es dauerte einen Moment, bis er begriff. Er riß die Augen auf und starrte den jungen TLDAgenten an. „O nein! Du?"
     
    3.
     
    „Es begann mit Sehstörungen", erzählte Skill mit leiser Stimme. „Als sie schlimmer wurden, ging ich zum Arzt. Der glaubte eine Krebsgeschwulst im Sehnerv zu entdecken, gab mir die entsprechenden Injektionen, und ich hielt die Sache für erledigt. Aber eine Woche später war ich blind. In der Klinik stellte man fest, daß sich mein Sehnerv vollständig aufgelöst hatte. Und man diagnostizierte Dagöer."
    Bull hörte erschüttert zu, während ihn vergessen geglaubte, schmerzhafte Erinnerungen überfluteten. Vor langer, langer Zeit, in der letzten friedlichen Epoche des Solaren Imperiums, hatte er eine Akonin gekannt, eine Gesandte des akonischen Rates in Terrania, mit der er sich...nun, ziemlich gut verstanden hatte. Bei ihr hatte es genauso angefangen. Sehstörungen, ein Flimmern an den Rändern des Sehbereichs, Kopfschmerzen, die sie zunächst als harmlos abgetan hatte. Drei Monate später war sie tot gewesen.
    Das DagöerSyndrom benannte eine extrem seltene, aber immer noch unheilbare Krankheit, die ausschließlich bei Angehörigen von Völkern auftrat, die direkt oder indirekt von den Lemurern abstammten Terranern, Arkoniden, Tefrodern und so weiter.
    Bei einem DagöerPatienten löste sich das Hirngewebe sukzessive auf. Niemand wußte, wieso, und niemand wußte, wie man es stoppen konnte. Die Lebenserwartung hing von Verlauf und Geschwindigkeit des Zerfalls ab.
    Zerstörungen im Großhirn ließen Erinnerungen und nach und nach die gesamte Persönlichkeit verschwinden. Erreichte der Zerfall lebensnotwendige Regionen des Stammhirns, trat der Tod ein. „Die Aras nennen diese Krankheit Die große Beleidigung", murmelte Bull. Selbst die Galaktischen Mediziner kannten für das DagöerSyndrom weder Auslöser noch Therapie, obwohl sie seit Tausenden von Jahren darüber forschten.
    Der einzige Trost war, daß Dagöer nicht nur eine der heimtückischsten, sondern auch eine der seltensten Krankheiten war. In einem Jahrhundert irdischer Zeitrechnung trat in der gesamten bekannten Galaxis durchschnittlich nur ein einziger derartiger Fall auf. „Man kam darauf, als es nicht gelang, meinen Sehnerv neu zu klonen. Schließlich mußte man einen positronischen Leiterstrang einsetzen."
    „Wann war das?" fragte Bull beklommen. „Vor fünf Jahren."
    „Vor fünf Jahren?" echote Bull. „Und du bist sicher, daß du Dagöer hast?"
    Skill nickte. „Ich bin bei Professor Ubarat in Behandlung, einem Ara, der an der Universität von Terrania City lehrt.
    Ich bin sozusagen sein Lieblingspatient." Er seufzte. „Nach TerraniaSüd bin ich gezogen, um es nicht so weit bis zur Universitätsklinik zu haben. Aber ich fürchte, ich werde meinen nächsten Termin trotzdem nicht wahrnehmen können."
    Bull fragte sich, wieviel ähnliche Schicksale es geben mochte. Damit, daß der Stadtteil Alashan, der einen Teil von TerraniaSüd ausmachte, aufgrund der Sabotage des Heliotischen Bollwerks von der Erde auf einen Planeten in einer Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis versetzt werden würde, hatte natürlich niemand rechnen können. „Das heißt, die Krankheit wird weiter fortschreiten?" fragte er nach. „Die Krankheit schreitet die ganze Zeit fort", antwortete Skill Morgenstern ausdruckslos. „Was Professor Ubarat getan hat, war, zerfallene Hirnregionen durch mikrosyntronische Implantate zu ersetzen."
    „Ah!" machte Bull verblüfft. Er hatte schon angefangen, sich nach dem Zusammenhang zwischen der Krankheit und ihrem Gespräch davor zu fragen. „Mehr als die Hälfte meines Gehirns besteht aus Implantaten. Ich war schon Kybernetiker, bevor die Krankheit ausbrach, aber erst seither habe ich dieses besondere Einfühlungsvermögen."
    Skill lächelte schwach und sah Bull an. „Das ist der Grund, warum Gia de Moleon mich nicht auf einen Schreibtischplatz verbannt hat und ich bei diesem Einsatz mitsollte. Sie weiß das alles, hält es aber geheim; nicht mal Fee Kellind weiß davon. Du bist der erste, der das erfährt."
    „Aha. Danke." Bull wußte immer noch nicht so recht, wie er diese Information einordnen sollte. „Auf jeden Fall nimmt mein Einfühlungsvermögen zu, je mehr Implantate sich in meinem Schädel ansammeln."
    „Das klingt nicht
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