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193 - Kurs in den Untergang

193 - Kurs in den Untergang

Titel: 193 - Kurs in den Untergang
Autoren: Ronald M. Hahn
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multikulturelle Gesellschaft könnte uns etwas geben«, erwiderte Quart’ol ausweichend.
    »Was denn? Neue Kochrezepte?« Baq’al schnaubte verächtlich. Sie deutete auf den Flugzeugträger. »Mobile Waffen mit globalen Einsatzmöglichkeiten?«
    Quart’ol seufzte. Unter Fortschritt stellte sich jeder etwas anderes vor. In seinem Kopf kreiste ein anderer Gedanke: Wenn ich am Ende der Welt leben und Menschen wie Hydriten aus dem Weg gehen soll, brauche ich ein Alibi, um diese Verbote zu umgehen: Das hier sieht nach einem guten Alibi aus.
    »Ich gehe an Bord«, sagte er entschlossen, »und mache dem Steuermann klar, dass er in den Tod fährt, wenn er den Kurs nicht ändert.«
    »Das tust du nicht«, sagte Baq’al. »Wenn sie dich sehen, werden sie ›Ungeheuer‹ schreien und dich über den Haufen schießen!« Sie deutete auf den Rumpf des Schiffes. »Wenn du an Bord gehst, wirst du dich schon heute Abend über einem Grill drehen. Du weißt doch wohl, dass die Menschen Kannibalen sind?«
    Quart’ol seufzte erneut, denn Mangel an Wissen war nun mal typisch für die Jugend. »Sie sind Karnivoren, keine Kannibalen.«
    »Na und?«
    »Das heißt, sie fressen Fleisch, aber kein Menschenfleisch.«
    Natürlich gibt es Ausnahmen.
    »Sie fressen auch Fische!«, fauchte Baq’al.
    »Hydriten sind keine Fische.«
    »Glaubst du, die Menschen kennen den Unterschied?«
    Quart’ol glaubte nicht, dass sie den Unterschied kannten.
    Seine bisherigen Erfahrungen waren allerdings unterschiedlich ausgefallen. In einer Welt, in der Mutationen keine Seltenheit waren, gab es durchaus auch Menschen, die ihn für einen der ihren hielten. Es gab aber auch solche, die bei seinem Anblick in Ohnmacht fielen, um Hilfe schrien oder Waffen zückten.
    Manche liefen auch weg.
    In den letzten Jahren hatte sich gezeigt, dass er in der Maske eines zwergenwüchsigen Mönchs fast überall durchkam.
    Deswegen hatte er beschlossen, nie wieder ohne ein entsprechendes Kostüm unter die Menschen zu gehen: Er führte in einer flachen Tasche unter seinem Brustpanzer eine aus Bionethan geschneiderte Kutte mit sich.
    Als Quart’ol der HOPE entgegen schwamm, heftete sich Baq’al sofort an seine Fersen. Sobald sich eine Gelegenheit ergab, nutzte sie sie, um ihn vor den Menschen zu warnen und ihm zu verdeutlichen, in welche Gefahr er sich begab.
    Als sie merkte, dass ihre Warnungen nichts nützten, führte sie ihm vor Augen, dass er gar nicht erst an Bord des Schiffes gelangen würde, denn das Deck befand sich mehrere Dutzend Meter über dem Meeresspiegel und seine Wände waren so glatt wie die Kuppeln unterseeischer Städte.
    All ihr Genörgel führte dazu, dass Quart’ol sich fragte, ob es ein Fehler gewesen war, so viel Sympathie für ein so engstirniges Weibchen zu entwickeln. Doch als ihm einfiel, dass seine Lust an Regelverstößen auch eine chemische Reaktion seines halbwüchsigen Klon-Körpers war, musste er Baq’al teilweise Recht geben: Das zweite Leben, so sagten andere Seelenwanderer, verführte einen zur Unvernunft. Man wurde unvorsichtig, weil man sich für unsterblich hielt. Ein oftmals verhängnisvoller Irrtum…
    Dann ragte die stählerne Schiffswand steil vor ihm auf, und es stellte sich tatsächlich die Frage, wie er an Bord gelangen sollte. Je näher er dem gewaltigen Klotz kam, umso deutlicher wurde, dass eins der schlaffen Segel fast die Wasserlinie berührte. Gab es da etwa eine Möglichkeit…?
    Quart’ols Flosse berührte den Stoff.
    Er malte sich den Schock aus, den die Mannschaft nach dem Abschalten ihres atomaren Triebwerkes erlebt hatte: Ihre mächtige schwimmende Burg konnte sich plötzlich nicht mehr aus eigener Kraft bewegen… Man musste rund um die Uhr an dieser Konstruktion gearbeitet haben, die die HOPE nun voran brachte.
    »Du willst wirklich dort hinauf?«
    »Ich muss den Steuermann warnen«, sagte Quart’ol. »Auf diesem Schiff leben Tausende von Menschen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Jemand hat’s mir gesagt. Jemand, der mal an Bord war.«
    »Ein Mensch?«
    Quart’ol hätte beinahe den Kopf geschüttelt, doch dann sagte er sich, dass er es nicht nötig hatte, sie zu belügen. Er brauchte sich vor ihr nicht zu rechtfertigen. Wenn ihr sein Tun nicht passte, konnte sie doch…
    Ich denke schon wieder wie ein halbstarker Rowdie.
    Quart’ol seufzte. »Hör zu, Baq’al. Ich weiß, dass man sich als Bürger einer Nation an die Gesetze halten soll, denn wenn sich niemand an sie hält, bricht Anarchie aus. Ich weiß aber
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