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193 - Im Schatten der Tower Bridge

193 - Im Schatten der Tower Bridge

Titel: 193 - Im Schatten der Tower Bridge
Autoren: A.F.Morland
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selbstverständlich sofort an die Polizei gewandt, obwohl der Mann es mir strikt untersagte.«
    »Und?«
    »Noch konnte man den Burschen nicht ausfindig machen. Wir können wahrscheinlich nur hoffen, daß er sich mit einem der nächsten Briefe verrät.«
    »Wieso wandte er sich ausgerechnet an Sie?«
    »Ich bin bekannt… und reich«, sagte Tucker Peckinpah. »Ich muß froh sein, daß ich nicht öfter Zielscheibe solcher Personen bin.«
    »Fühlen Sie sich nicht unbehaglich? Sie wissen nicht, was der Kerl vorhat.«
    »Ich hoffe, daß er nur blufft, um mich einzuschüchtern.«
    Mr. Silver lachte. »Der, der Sie einschüchtern kann, muß erst geboren werden.«
    Tucker Peckinpah nickte. »Was kann einen Mann, der schon mal in der Hölle gefangen war, noch erschüttern?«
    Sie erreichten den Heathrow Airport, und Mr. Silver stellte Tony Ballards Rover in eines der Parkhäuser. Es war noch massenhaft Zeit.
    ***
    »Verdammter Nebel!« ärgerte sich Robert Hoffa. Er war Steuermann auf einem kleinen alten Frachter, der - vom Themsehafen aus - die Küste mal rauf, mal runter schipperte. Ein großer, kräftiger, breitschultriger »Seebär« mit riesigen Tatzen.
    Weite Strecken traute man dem alten Kahn nicht mehr zu, und aufs offene Meer wagte man ihn auch nicht mehr hinauszuschicken. Seine Tage waren gezählt, und in einem der nächsten Jahre würde man ihn aus dem Wasserverkehr ziehen.
    Doch noch tuckerte der Frachter, mit Robert Hoffa am Steuer, seine nahen Bestimmungsorte an. Mit einer Ladung an Bord, die keine Eile hatte und nicht verderben konnte.
    Manchmal nahm man auch Passagiere mit, um die Kasse etwas aufzufetten.
    Mit leerem Frachtraum kehrte der Frachter, der vor langer Zeit auf den Namen Madonna getauft worden war, nach London zurück. Der Eigner des Schiffes hatte sich um eine Ladung für die Heimfahrt bemüht, aber keine aufgetrieben.
    Außer Hoffa waren nur die beiden Maschinisten Benny Stack und Eliot Culver an Bort. Stack hatte einen Mordsrausch und schlief, während Culver darauf achtete, daß die gebrechliche Maschine keine Dummheiten machte und womöglich kurz vor dem Ziel den Geist aufgab.
    Jetzt kam er an Deck, ein kleiner, ölverschmierter Mann. Hoffa hatte ihn noch nie sauber gesehen. Dabei kannten sie einander nun schon fast 20 Jahre.
    »Wo kommt denn der Nebel auf einmal her?« brummte Culver mißmutig.
    »Frag ihn«, gab Hoffa grinsend zurück.
    »Findest du dich überhaupt noch zurecht?«
    »Ich finde mit geschlossenen Augen nach Hause, das ist für mich überhaupt kein Problem. Ich hab’ ’nen Orientierungssinn wie eine Brieftaube.«
    »Siehst aber nicht so elegant aus«, stänkerte Culver.
    »Das mußt ausgerechnet du sagen. Ich wette, du hast daheim sämtliche Spiegel verhängt, damit du keinen Schreck kriegst, wenn du dich siehst.«
    Eliot Culver lachte. »Öl ist gut für den Teint und wirkt phantastisch gegen Falten. Ich bin 55, aber du wirst in meinem Gesicht keine Falte finden.«
    »Nein, nur Runzeln. Bei der Kriegsbemalung kann man ja nichts finden. Weißt du, was ich für einen Verdacht habe? Daß du deine Falten mit Dreck zuspachtelst. Damit schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe: Du siehst jünger aus und erweckst den Anschein, als würdest du bis zum Umfallen arbeiten. Apropos umfallen. Hast du mal nach Benny gesehen?«
    »Ja, es geht ihm den Umständen entsprechend«, antwortete Culver.
    »Und was heißt das?«
    »Er schläft wie ein Toter.«
    »Warum mußte er sich dermaßen besaufen?« sagte Hoffa kopfschüttelnd.
    Culver hob die Schultern. »Er hat Sorgen.«
    »Mit Alkohol löst man sie nicht. Was bedrückt ihn denn?« fragte Hoffa, der keinen so guten Kontakt zu Stack hatte wie Culver. Dem erzählte Benny Stack immer alles. Vielleicht weil sie beide Maschinisten und sehr viel zusammen waren.
    »Die Frage lautet nicht ›Was bedrückt ihn?‹, sondern ›Wer betrügt ihn?‹« klärte Culver den Steuermann auf.
    »Seine Frau?«
    »Lebensgefährtin.«
    Hoffa schüttelte den Kopf. »Weiber. Immer hat man Ärger mit ihnen. Wir würden viel ruhiger leben, wenn es sie nicht gäbe.«
    »Dann würden wir gar nicht leben«, bemerkte Culver. Er zog die Schultern fröstelnd hoch. »Merkwürdig, wie kalt es auf einmal wird. Spürst du’s auch?«
    Auch auf Hoffas Nacken hatte sich die unangenehme Kälte gelegt. »Da fällt mir die uralte Geschichte vom Geisternebel ein. Kennst du die?«
    »Nein«, antwortete Culver, »Das gibt’s doch nicht. Du kannst sie in jeder Hafenkneipe hören.
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