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191 - Das Duell

191 - Das Duell

Titel: 191 - Das Duell
Autoren: Jo Zybell
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heller, der Schrittlärm lauter, jemand atmete geräuschvoll. Das Licht wurde schwächer, die Schritte entfernten sich wieder, die Atemgeräusche verklangen.
    Rulfan schlich an den Eingang, schob sich in den Rahmen, spähte um die Ecke. Ein Krieger stapfte in der Richtung davon, aus der er gekommen war. Der Fremde marschierte im Lichtkegel der Fackel, mit der er seinen Weg ausleuchtete. Über die rechte Schulter hatte er sein Schwert gelegt, an der Linken trug er eine Tasche oder dergleichen.
    Rulfan sprang aus dem Wohnhöhleneingang in den Gang. Der Krieger blieb stehen und fuhr herum. Sein goldener Helm und sein goldener Brustharnisch reflektierten das Licht seiner Fackel. Sofort dachte Rulfan an das goldene Augenpaar in der Wandnische der Höhle, wo er den Becher mit dem dampfenden Sud getrunken hatte. Und er dachte an das blendend helle Licht, das ihm sein Bewusstsein geraubt hatte.
    Das ist er, das muss er sein…!
    Das Schwert mit beiden Fäusten umklammert, lief Rulfan dem goldenen Krieger entgegen. Der Fremde aber fuhr herum und rannte davon.
    »Bleib stehen, du Feigling!«, zischte Rulfan. Er spurtete dem anderen hinterher. Ihre Schritte hallten über den Gang und wirbelten Staub auf. Der flüchtende Krieger war schnell, doch er schleppte schwer, und so nahm der Abstand zwischen Rulfan und ihm dennoch ab.
    Rulfan spielte mit dem Gedanken, sich von der schweren Streitaxt zu trennen, die er dem toten Anangu abgenommen hatte. Er ließ es bleiben und rannte weiter: Möglicherweise hätte er den anderen ohne die schwere Axt noch auf dem Geröllwall vor der Kreuzung stellen können, doch was, wenn er Aruulas Entführer nicht mit dem Schwert besiegen konnte? Nein, er brauchte die Axt.
    Als der fremde Krieger den Geröllwall vor der verschütteten Kreuzung erreichte, trennten nur noch dreißig oder vierzig Schritte die beiden Männer. Rulfan fragte sich, warum der andere den offenen Kampf scheute. Er blieb stehen und sah zurück. Wollte der Schwertträger ihn womöglich von dem Ort weglocken, an dem er Aruula gefangen hielt? Oder an dem er gar ihre Leiche versteckte?
    Rulfan zögerte. Der andere kletterte schon über die Felsbrocken und verschwand hinter einer Halde aus Gestein. Nur noch schwach leuchtete das Fackellicht. Er konnte ja nur den Weg über die Wendeltreppe nehmen, wenn er den Kampf scheute! Alle anderen Gänge waren verschüttet. Er konnte nicht entkommen!
    »Verfluchter Mörder…!«
    Rulfan traf eine Entscheidung: Er lief dem Geröllhaufen entgegen und stieg hinauf. »Du wirst mir sagen, wo sie ist und was du mit ihr angestellt hast!«, zischte er. »Und dann Gnade dir Wudan…!«
    Solange er den Fackelschein erkennen konnte, war der andere noch nahe. Der Albino war entschlossen, ihn zu stellen und die Wahrheit aus ihm herauszuprügeln.
    Auf der anderen Seite des Walls verharrte er und lauschte. Der Fackelschein leuchtete im Treppenschacht, doch Rulfan hörte keine Schritte mehr. Der fremde Krieger bewegte sich nicht von der Stelle. Was hatte das zu bedeuten?
    Vorsichtig kletterte er die letzten Meter vom Geröllhaufen hinunter.
    Das Licht aus dem Wendeltreppenschacht war matt und die Geröll- und Felsbrocken auf dem Boden kaum mehr als undeutliche Schatten. Jedes Mal, wenn Rulfan gegen einen Stein stieß, stand er still und lauschte. Hinter dem niedrigen Durchgang zur Wendeltreppe rührte sich nichts.
    Erwartete ihn der andere etwa auf der schmalen Treppe zum Duell? Welchen Vorteil sollte dieser Kampfplatz ihm bringen?
    Das Schwert vor dem Körper gezückt, näherte Rulfan sich dem Treppenschacht und dem Fackellicht. Er sprang durch den Eingang und hob die Klinge – die Fackel steckte in einer Wandhalterung.
    Er fuhr herum, als sich ein Schatten wenige Schritte hinter ihm erhob. Der goldene Krieger stemmte einen mehr als kopfgroßen Felsbrocken über den Helm und schleuderte ihn auf den überlisteten Rulfan. Der warf sich zur Seite, aber viel Platz zum Ausweichen gab es nicht in dem schmalen Treppenschacht. Er prallte gegen die Wand, der Felsbrocken streifte ihn an der Hüfte, knallte auf den Schachtboden und donnerte krachend die Stufen hinunter.
    Rulfan verlor das Gleichgewicht und stürzte. Axt und Langschwert zogen ihn abwärts, über sechs oder sieben Stufen rutschte er dem Felsbrocken hinterher. Als er aufblickte, stand der Krieger breitbeinig über ihm im Halbdunkeln und holte zum Schlag aus.
    Rulfan riss Aruulas Langschwert hoch. Die Klingen klirrten aufeinander und schlugen Funken. Die
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