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1902 - Bei den Setchenen

Titel: 1902 - Bei den Setchenen
Autoren: Unbekannt
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zusammen.
    „Laß das!" sagte sie, bereits ein wenig verwirrt. ,Sie merkte, wie das Kribbeln sich bis in ihr Innerstes fortsetzte und sie erregte. Surt merkte es auch, denn er sog die Luft mit einem scharfen Zischen ein. Der schmeichelnde Druck seines Echsenschwanzes verstärkte sich.
    „Laß das!" wiederholte sie. „Dazu haben wir jetzt keine Zeit."
    „Du hast nie Zeit", schmollte er.
    „Nur im Moment", verteidigte sie sich. „Es wird besser."
    „Das sagst du immer", quengelte er.
    Er schmiegte sich an sie. Ihre lange blaue, schmale und gespaltene Zunge strich sanft über seine Augenhöcker.
    „Ich wollte nur sehen, wie es dir geht, denn ich habe schlecht geträumt", fuhr Tebb fort.
    „Ist bei dir wirklich alles in Ordnung?"
    . „Ich verstehe nicht", entgegnete Surt.
    Er verstand tatsächlich nicht. Subtile Bemerkungen wie diese würden seine Sensibilität niemals anregen. Männliche Setchenen besaßen nur einen Bruchteil der Intelligenz der Frauen. Stets auf ihr Revier angewiesen, wartend auf die Weibchen, fixiert auf Pheromone und die Aufzucht der Jungen, hatten sie niemals nennenswerte Intelligenz entwickelt. Surt wäre nicht in der Lage, das Vokabulon zu lernen, die Verkehrssprache von Salmenghest. Es gab zwar Frauen, die diese Sprache ebenfalls nicht beherrschten, doch lag das entweder an ihrer Faulheit oder weil sie keine weiten Reisen unternahmen, sondern nur in der Verwaltung oder der Nahrungsproduktion arbeiteten und höchstens im Quar-System herumreisten, „Du hast eine ruhige Nacht verbracht?" formulierte Tebb um.
    „Aber ja. Bis zu dem Moment, da ich aufwachte und dich sah. Kannst du nicht noch ein bißchen bleiben?"
    „Ich konnte überhaupt nur kommen, weil es noch so früh war. Aber jetzt ist es heller Tag, und ich muß zur Arbeit. Das verstehst du doch?"
    „Immer nur Arbeit", maulte Surt. Tebb hatte ein schlechtes Gewissen. Er hatte recht, sie hatte sich seit ewigen Zeiten nicht mehr um den Nachwuchs gekümmert.
    Wie alt waren die Jüngsten eigentlich schon? Hatten sie die erste Häutung hinter sich und einen Namen erhalten? Bis dahin hießen sie alle nur „Kind". Die Geschwister einer Brut waren eine feste Gemeinschaft, alle genau gleich, verspielt, fröhlich und neugierig.
    Für Surt mochten sie schon eine Last geworden sein, aber er schien es immer wieder aufs neue zu genießen.
    Er spürte ebenfalls, daß bei Tebb bald ein neuer Zyklus kam. Deshalb reagierte sie so empfindlich auf seine Zärtlichkeiten.
    Doch das mußte warten, für lange Vorspiele hatte sie keine Zeit mehr. Ihre Großfamilie mußte schließlich ernährt werden. Eventuell mußte sie diesen Zyklus sogar ausfallen lassen. Das war aber nicht schlimm, eine ihrer Brutschwestern würde dann ihre Stelle einnehmen. Es gab für Surt nichts Schöneres, als sich um ein Gelege zu kümmern, die frisch Geschlüpften unter seine Obhut zu nehmen und sie die ersten Schritte zu lehren ...
    „Ich muß jetzt gehen", sagte sie.
    Surt hielt sie fest, aber sie befreite sich schließlich und stand auf. Bewundernd sah er zu ihr hoch; er machte sich nicht die Mühe, sich ebenfalls aufzurichten, denn selbst dann war sie immer noch fast doppelt so groß wie er.
    „Ich werde vielleicht ein Bad nehmen und mich dann auf den Ast zum Sonnen legen", meinte er.
    „Das ist gut", lächelte sie. Sie zog dabei die hornige Unterlippe leicht nach unten, ohne ihre scharfen weißen Reiß zähne zu entblößen.
    „Liebst du mich?" fragte Surt. Ein besonderer Glanz trat dabei in seine großen, leuchtenden Augen.
    In Tebbs dunkle Augen trat derselbe Glanz. Solche Momente waren den Setchenen heilig und sehr wichtig für das Zusammengehörigkeitsgefühl.
    „Ich habe dich erwählt, so, wie du meinen Duft erkanntest", antwortete sie rituell.
    Dann ging sie rasch. Die Versuchung, einfach einen Tag nur mit ihrem Mann und den Kindern zu verbringen, ohne an die Geschäfte denken zu müssen, war zu groß und würde sie vielleicht noch überwältigen.
     
    2.
     
    Eine aufregende Mitteilung „Was sagt ihr dazu?" fragte Tebb Celestain kurze Zeit später. Sie war nach einem reinigenden Staubbad frisch angekleidet in ihrem Büro eingetroffen.
    Die aus einem flexiblen Stoff produzierte, auf den Leib geschneiderte Kleidung der Setchenen bestand aus Hemd, Hose und kurzen Stiefeln und war stets in den Farben der Großfamilie gehalten, zu der man gehörte oder für die man arbeitete. Im Fall des Hauses Celestain war das ein helles Gelb mit schillernden Effekten; dazu trug
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