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1864 - Vorabend der Apokalypse

Titel: 1864 - Vorabend der Apokalypse
Autoren: Unbekannt
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weit hergeholt hielt.
    Mir wurde noch flauer im Magen, und meine Kehle schnürte sich beinahe zu, als ich daran dachte, was wir nun als nächstes tun mußten, wenn unsere ganze Aktion einen Sinn haben sollte.
    Aber ich mußte daran denken: Wir brauchten das Ziel. Und wir mußten an Szuker denken. Wir mußten, mußten, mußten - in Bewegung bleiben, körperlich und geistig und immer schnell.
    Wir durften uns selbst nicht zu Atem kommen lassen, denn sonst war es aus mit uns.
    „Zum Zentrum!" rief ich Bull zu, während ich losrannte.
    Der Basalt war hart unter den Füßen. Hinter dem begrenzenden Grüngürtel, durch den wir noch liefen, sahen wir die ersten weißen Galornenvillen, wie für die Ewigkeit konserviert. Doch jetzt schien das Ende der Ewigkeit angebrochen zu sein. Bull folgte mir.
    „Wir müssen zum Drachen, mit den Antigravaggregaten in den Schacht hinab. Von dort kommt die Strahlung, und nur dort können wir sie vielleicht abstellen!" Ich keuchte vor Anstrengung.
    Das Reden tat weh. Mein Hals fühlte sich wund an. Auf die Gefahr hin, mich ständig zu wiederholen: Die Wirkung der Aggressionsstrahlung war fürchterlich. Aber irgendwann mußten wir uns doch daran „gewöhnen", so, wie man sich an einen Schmerz gewöhnen konnte.
    „Szuker wird das nicht zulassen", kam es von Bull. Warum mußte er es noch sagen? Reichte es nicht, wenn wir beide es wußten? „Und er läßt sich auch nicht mehr lange täuschen!"
    In plötzlicher Wut warf ich die nächste Sonde hoch und steuerte sie nach Westen. Dann noch eine. Ich aktivierte sie und stellte mir dabei vor, daß ich über dem Standort des Andro-Hüters eine Bombe zündete, die einen Krater in Herz-FÜNF hineinriß, mit ihm mittendrin.
    Als es dann tatsächlich aufblitzte, war ich vollkommen verblüfft.
    „Da hast du es!" beschimpfte mich Bull. Er kam auf mich zu und packte mich an den Schultern, schüttelte mich wild. „Jetzt weiß er, daß wir ihn getäuscht haben und hier sind. Er hat die Sonden zwischen seinen Energiefeldern zerquetscht und zur Explosion gebracht!"
    „Bist du verrückt?" herrschte ich ihn an und befreite mich. „Mach das nie wieder!"
    „Wer sich hier nicht unter Kontrolle hat, haben wir gerade gesehen!" schrie er zurück.
    Ich atmete ganz tief ein. Langsam. Dann noch einmal. Wieder erfolgte eine Explosion im Westen. In den Energiefeldern, die sich wie Hunderte von ineinander verschachtelten Trapezen über Herz-FÜNF spannten, wetterleuchtete es heftig.
    Als ich mich langsam drehte, sah ich, daß dieser immer stärker orangefarbene Baldachin aus leuchtenden Feldern nun wieder geschlossen war. Damit waren wir zwar auf HerzFÜNF, nun aber als Gefangene des Androiden.
    „Szuker weiß jetzt, aus welcher Richtung wir kommen, und er kann sich ausrechnen, daß wir zum Zentrum wollen", sagte ich zu Bull. „Er wird uns also irgendwo auf dieser Strecke auflauern. Überleg dir, wo das sein könnte, Bully. Denk konzentriert daran - und wie wir ihm einen Strich durch die Rechnung machen."
    „Wir müssen ihn töten, bevor wir daran denken können, in den Schacht zu steigen", antwortete er.
    Ich nickte. Da hatte er vollkommen recht.
    Von jetzt an war es blutiger Ernst. Er oder wir ...
    Und er besaß zweifellos die besseren Karten, die bessere Ortskenntnis, die besseren Orientierungsmöglichkeiten.
    Aber auch er war von der Aggressionsstrahlung betroffen und sein Denken daher nur die Hälfte wert.
    Auch seine nächsten Züge wurden vom Haß diktiert.
    Nochmals holte ich tief Luft. Bull stand mir gegenüber und starrte mich an, als wisse er nicht, was er in diesem Augenblick von mir zu halten hatte.
    „Denk an Szuker", sagte ich ihm. „Er ist der Tod."
    Dann streckte ich die Hand aus, und er ergriff sie. Zum erstenmal seit unserer Landung auf diesem verdammten Planeten schüttelten und drückten wir uns die Hände, und es war, als ginge von dieser Berührung eine neue, andere Kraft aus als die, die uns seit dem Verlassen der PEGOOM so brutal knechtete.
    Als wären wir für nur eine einzige, unendlich wertvolle Sekunde auf einer Insel in Raum und Zeit, einem friedlichen Eiland, einer Seifenblase inmitten des allgemeinen Untergangs.
    „Egal, was geschieht, Bully", hörte ich mich sagen - Dr. Jekyll. „Doch bevor ich mich an dir vergreife, töte ich mich selbst."
    „Das denkst du jetzt!" Er versuchte zu grinsen. „Wir scheinen ein Loch in der Strahlung erwischt zu haben. Gleich wird es wieder ganz anders sein."
    Warum, zum Teufel, mußte er so
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