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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht
Autoren: Michael M. Thurner
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Entscheidungen. Aber er besitzt eine besondere Gabe. Zielsicher führt er den Roodtren dorthin, wo es Geschäfte zu machen gibt. So sorgt er für Zufriedenheit unter den Händlern und all den anderen Reisenden.«
    »Diese Gabe – erscheint sie dir irgendwie magisch?«
    Aruulas Instinkte schlugen an. Menschen mit besonderen Fähigkeiten litten oftmals auch unter einer Krankheit, die Größenwahn hieß.
    »Mag sein«, antwortete der Junge leichthin. »Aber du wolltest doch etwas über OZZ hören und nicht über meinen Vater.«
    »Ja.« Sie ahnte, dass sie sich auf einem Terrain bewegte, das dem Jungen trotz seiner Selbstbeherrschung unangenehm werden konnte.
    »Nachdem sich die große Staubwolke nach der Katastrophe verzogen hatte, lernten meine Vorfahren mit den Maschinen der Alten umzugehen. Sie nutzten das, was diese fürchterlichen Jahrhunderte überdauert hatte, und erfanden neue Tekkniken.«
    Stolz klang in seiner Stimme mit. »Der gesamte Roodtren wird mit Dampf betrieben. Acht Zugmaschinen sind über die Länge des Konvois verteilt, der mehr als drei Speerwürfe lang ist und aus über sechzig Wagen besteht.«
    Aruula schluckte. Drei Speerwürfe… In der gestrigen Dunkelheit hatte sie die wahren Dimensionen dieses Ungetüms nicht überblicken können.
    Neugierig schob sie ihren Kopf durch eine der vielen Luken im Holzverschlag und blinzelte seitlich am Wagen vorbei gegen die Morgensonne. Ihr Herz schlug schneller. Die Kolonne aneinander gekoppelter, eckig geformter Anhänger aus rostigem Metall und grob behauenem Hartholz zog sich weit nach vorne. So weit, dass sie die vordersten Wagen nicht mehr sehen konnte!
    Erst jetzt, da sie erfahren hatte, wo sie sich eigentlich befand, achtete sie bewusst auf die schwankenden Bewegungen ihres Waggons. Immer wieder krachte und knirschte es, während metallene Räder über felsigen Boden dahin glitten und den Stein zermalmten. Ächzend schoben sich hölzerne Träger gegeneinander, während massive Schrauben in ausgeschlagenen Führungen quietschend hin und her glitten.
    »OZZ ist der älteste und längste aller Roodtrens«, sagte Aluur voll Stolz. »Seit achtzig Jahreswechseln ist er fast ständig in Bewegung. Die Händler hier besitzen Privilegien, die es sonst nirgendwo in Ausala zu genießen gibt. Dementsprechend teuer ist es, einen Platz auf OZZ zu ergattern. Das Wach- und das Fahrtpersonal muss entlohnt, die Wartungskosten anteilsmäßig mitgetragen werden.«
    Aruula blickte auf die monotone Landschaft. In der Ferne glänzten schroffe Felswände. Sie fuhren mit einem Tempo, das ein austrainierter Läufer längstens über tausend Herzschläge durchhalten konnte.
    »Wohin seid ihr jetzt unterwegs?«, fragte sie den Jungen.
    »Ich… ich weiß es nicht genau«, antwortete Aluur. »In der Nähe muss sich eine Ansiedlung befinden, die wir noch nie zuvor besucht haben.«
    »Aber dein Vater hat sie gespürt, nicht wahr?«
    »Nein…« Der Bursche senkte den Kopf und verbesserte sich: »Ja, so ist es.«
    Aruula betrachtete ihn aufmerksam. Er verschwieg etwas.
    Aber was gingen sie die Probleme eines Halbwüchsigen an?
    Sie selbst hatte eine Mission zu erfüllen. »Gehen wir?«, fragte sie. Wortlos setzte sich Aluur in Bewegung. Er kletterte durch jene Verschlagtür, durch die sie gestern zugestiegen war.
    Geschickt nutzte er Eisensprossen und -winkel, um sich auf das blecherne Dach des Wagens zu ziehen.
    Aruula folgte ihm zögernd. Der Fahrtwind fuhr ihr durch die Haare, während sie sich schwankend aufrichtete.
    Was für ein Bild! Hier oben wirkte alles noch viel imposanter. Wie ein endlos langer Wurm erstreckte sich OZZ vor ihr, überdeckt von kleinen Dampfwölkchen. Links und rechts hüpften seltsame Tiere dahin und gafften über lange Schnäbel hinweg neugierig auf das metallene Ungetüm.
    Weit voraus schwankte ein Turm. Er war behelfsmäßig durch Seilwerk abgesichert. Wächter deuteten erregt auf sie.
    Ein Alarmhorn erklang, und zwei der Männer sprangen auf das Wagendach hinab.
    »Das sind Kaal und Tepes«, rief Aluur gegen den Fahrtwind, »zwei der größten Deppen hier an Bord. Nimm dich vor ihnen in Acht.«
    »Ich dachte, du würdest mich ohne weiteres Aufsehen zu deinem Vater bringen!«, sagte Aruula wütend.
    »Du meintest lediglich, dass du zu ihm wolltest.« Der Junge streckte die Hände abwehrend von sich. »Ich hielt dies für die schnellste Möglichkeit, den Rabbadaag auf dich aufmerksam zu machen. Am Wachturm wären wir ohnehin niemals
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