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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht
Autoren: Michael M. Thurner
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vorbeigekommen.«
    Aruula unterdrückte ihren Zorn. Natürlich wäre sie an diesen schwankenden Torfnasen vorbei gelangt, wenn es hätte sein müssen. Aber sicherlich wusste Aluur besser als sie, was zu tun war.
    »Nun gut«, sagte sie und nahm die Hand vom Schwert. »Ich vertraue dir – und erwarte, dass du ein gutes Wort für mich einlegst.«
    »Das mache ich gerne«, murmelte Aluur und blickte betreten zu Boden. »Es wird allerdings nicht viel nützen.«
    Die Wächter waren heran. Dem einen fehlte ein Auge, dem anderen eine Hand. Beide rochen nach billigem Fusel, und ihr schwankender Schritt war nicht alleine auf die Bewegungen des Zuges zurück zu führen.
    »Was haben wir denn da für ein entzückendes Vögelchen eingefangen?«, fragte der Größere. »Sollen wir es zum Fliegen bringen?«
    »Aber erst… aber erst…«, stotterte der andere.
    »Oder bringen wir sie zum Rabbadaag?«
    »Aber erst… aber erst…«
    »Wir könnten auch ein wenig mit ihr spielen.« Er zog ein rostiges Messer, fuchtelte damit vor Aruulas Augen hin und her.
    »Aber erst… aber erst…«
    »Aruula steht unter meinem Schutz!«, sagte Aluur mutig und stellte sich zwischen sie und die beiden Söldner. »Bringt mich zu meinem Vater.«
    »Du hast mir nichts zu befehlen!« Der Große wedelte spielerisch mit der Waffe, fügte dem Jungen einen Kratzer an der linken Schulter zu. Aluur verzog keinen Augenblick die Miene.
    »Wenn du jemanden zum Spielen suchst, dann halte dich an Erwachsene!«, sagte Aruula. Sie drängte ihren jugendlichen Beschützer so sanft wie möglich beiseite, winkte ihren Gegner auffordernd näher heran. Er wirkte irritiert und unsicher.
    »Komm schon, du Feigling! Verlässt dich der Mut? Hast du etwa vor einer Frau Angst?«
    Mit einem wütenden Aufschrei stürmte der Große heran, fuchtelte wild und unmotiviert mit seiner Waffe. Aruula wich beiseite, stellte ihm ein Bein und verstärkte mit einem heftigen Schubs seinen Schwung. Der Mann krachte schwer aufs Dach.
    Er brüllte seinen Zorn hinaus, während er auf die Beine zu kommen versuchte. Aruula ließ ihm nicht die Zeit dazu. Eine Serie von Fußtritten, gegen Kopf und Magen geführt, beförderten den Mann zum Rand des Wagens, und nach einem letzten Kick rutschte er ab, konnte sich nur noch an der rostigen Regenrinne festkrallen. Fünf Meter tief ging es hinab.
    Soeben durchquerten sie ein Feld knorriger Gewächse, deren dornige Äste drohend nach oben ragten.
    »Hilf mir, Weib!«, rief der Söldner mit Angst in der Stimme. »Ich kann mich nicht mehr lange halten!«
    »Du hast mir nichts zu befehlen!«, wiederholte Aruula jene Worte, die der Mann vor wenigen Sekunden zu Aluur gesagt hatte. Sie drehte sich zum kleineren, einhändigen Wächter um.
    »Und du bringst uns zum Rabbadaag.«
    »Aber erst… aber erst…« Verzweifelt blickte der Kleine zwischen der Barbarin und seinem Freund hin und her, schien zu keinem Ergebnis zu kommen.
    »Lass ihn«, sagte Aluur. »Seit er vom gekochten Kaktussud trinkt, ist Tepes nicht mehr bei klarem Verstand.« Er griff nach Aruulas Hand und führte sie vor zum nächsten Wagen. Elegant sprang er über die meterweite Distanz hinweg. Die Barbarin folgte ihm.
    Hinter ihnen ertönte ein erstickter Schrei, dann ein Knacksen.
    »Ich denke, dass in der Wächterbrigade von OZZ soeben ein Platz freigeworden ist«, sagte Aruula.
    6.
    Die Webknäuel mussten unter allen Umständen geschützt werden. Sie waren sicherlich das wertvollste Hab und Gut der Dreiheit.
    Aber es gab auch andere Dinge von Bedeutung. Den Aufbau des Dorfes, zum Beispiel.
    Es war ein stinkendes Nest voller darbender, liederlicher und kümmerlicher Gestalten gewesen. Jedermann wollte weg von hier, niemand war in der Lage, dem kargen Land ausreichend Gut zum Überleben abzugewinnen.
    Bis Sohn, Vater und Großvater begannen, ihr Wissen weiter zu vermitteln.
    Natürlich misstraute man ihnen. Schließlich waren sie so seltsam, so anders.
    Aber das änderte sich, als das erste Stück Land gerodet, als artesische Brunnen (künstlicher Brunnen, dessen Druck so hoch ist, dass er das Wasser von selbst an die Oberfläche drückt) ausreichend Wasser lieferten und eine prächtige Ernte eingefahren werden konnte. Plötzlich respektierte man die Dreiheit, brachte Opfergaben zum Eingang ihres steinernen Reiches und schloss sie in die nächtlichen Gebete ein.
    »Es ist gut, aber nicht gut genug«, sagte der Großvater.
    »Ihre Achtung beruht lediglich auf Furcht«, ergänzte der Vater.
    »Wir
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