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1848 - Zerrspiegel

Titel: 1848 - Zerrspiegel
Autoren: Unbekannt
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..."
    „Närrisches Kind!" Presto Gos Nas-Organ zog sich freundlich nach unten. „Du bist immer die Beste von allen gewesen, aber man muß dich in die Schranken weisen. Komm, wir gehen ins Betfeld! Die anderen müßten inzwischen alle dasein."
    Caljono Yai folgte der obersten Künderin; sie wußte nicht mehr, was sie denken oder sagen sollte.
    „Ich habe eine Ankündigung zu machen", eröffnete Presto Go ihre Rede, kaum daß sie auf dem ovalen, nicht überdachten Platz innerhalb des Bethauses erschienen war.
    „Ich weiß, wie es euch geht. Ich sehe es euch an, ich spüre und rieche eure Angst förmlich. Aber wir dürfen jetzt nicht aufgeben! Ich weiß, daß ihr verunsichert seid und an keiner weiteren Sitzung mehr teilnehmen wollt. Caljono Yai hat es mir selbst gesagt. Aber das ist der falsche Weg, und das wißt ihr genau! Wir dürfen uns davon nicht einschüchtern lassen! - Das, was uns umgibt, ist absolut böse. Dieses Wort ist uns fremd, es stammt aus dem Wortschatz der Sprache der Terraner. Aber wir müssen lernen, damit umzugehen. Unsere Welt ist nun hell und dunkel, es gibt keine Gleichförmigkeit mehr."
    Caljono Yai erinnerte sich daran, daß Vej Ikorad einst fast dieselben Worte gebraucht hatte. Und langsam begann sich in ihrem Herzen Bewunderung zu regen. Presto Go konnte offensichtlich mit allen Lebenslagen fertig werden; sie verstand es zudem, ihre eigene Selbstsicherheit an andere weiterzugeben.
    Das schreckliche Erlebnis wich und machte einer neuen, zaghaften Hoffnung Platz. In jedem Krieg gab es Opfer, das hatte die junge Mahnerin aus Erzählungen der Terraner gelernt, aber diese Opfer waren manchmal nicht umsonst. Aus Niederlagen erwuchsen Siege. Sie hatten einen Rückschlag erlitten, es hatte Tote gegeben, aber sie waren noch nicht vollends geschlagen.
    Mit wachsender Begeisterung lauschte sie Presto Gos Rede.
    „Wir müssen uns der Bedrohung stellen, sonst wird sie uns überwältigen. Was dann von uns übrigbleibt, mag ich mir nicht ausmalen. Ihr habt gesehen, wozu das führen kann: Wir haben den schreckschreienden Gumbuda geschaffen und ungewollt den Tod von Herreach verursacht. Dazu dürfen wir es nicht mehr kommen lassen ... aber nicht, indem wir nun kneifen und uns in alle Winde zerstreuen, um uns in allen Winkeln der Welt zu verstecken und nie wieder herauszukommen.
    Wir müssen unter allen Umständen die Sitzungen fortsetzen! Was wir erschaffen haben, entstand nur aus uns selbst!
    Die schwirrenden Enacho waren das erste Abbild unserer Ängste. Der angstgeborene Axamit war bereits die Inkarnation unserer Ängste.
    Der schreckschreiende Gumbuda jedoch war die Verkörperung aller unserer Schrecken und unseres Entsetzens, wie sie seit Anbeginn der Zeit in uns lauern! Unsere Vorfahren haben gelernt, sie zu kontrollieren, und deshalb - nur deshalb - ist es uns gelungen, eine Zivilisation aufzubauen. Städte wie Moond, Galanter oder Pröoon wären sonst nie entstanden!
    Ich weiß, daß unsere alte Welt vernichtet ist. Wir sind nunmehr einer Umwelt ausgesetzt, die uns quält, Tag und Nacht. Wir sind in unserem Gleichgewicht so gestört, daß wir bis heute keinen Zyklus zur Erhaltung unserer Art mehr gehabt haben. Um so mehr müssen wir jetzt um unsere Identität kämpfen! Wir dürfen nicht aufgeben, und wir dürfen uns nicht in allem anpassen! Wir sind die Herreach, und wir haben die Macht, uns dem Unbekannten entgegenzustellen.
    Wie soll das gehen?
    Ich sehe euch die Frage an, jeder stellt sie.
    Es geht, glaubt mir. Mir selbst, und zwar mir allein, ist es gelungen, den angstgeborenen Axamit zu vertreiben, ehe er sich in der Ebene auflöste - nachdem wir das Gebet beendet hatten. Das können wir auch mit dem schreckschreienden Gumbuda tun!
    Wir müssen lernen, unsere Ängste zu unterdrücken. Wir dürfen unser Entsetzen nicht nochmals unkontrolliert ausbrechen lassen. Nur das war der Grund für die Erweckung Gumbudas!
    Ich habe den Weg genau vor mir gesehen! Ich weiß, was wir zur Erforschung und Benennung dieses Bösen tun müssen. Ich habe es deutlich erkannt, bevor euer Entsetzen mich mitgerissen hat und Gumbuda dazu brachte, einige von uns zu töten.
    Wir müssen uns auf das Wesentliche konzentrieren! Diese Alptraumgeschöpfe sind aus unseren eigenen Angsten geboren worden - geben wir ihnen keine zweite Chance! Ohne unsere Angst und unser Entsetzen können sie nicht existieren. Wenn wir unserer Furcht offen ins Gesicht sehen und uns fest darauf konzentrieren, nie wieder unsere Ängste die
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