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1814 - Unter dem Galornenstern

Titel: 1814 - Unter dem Galornenstern
Autoren: Unbekannt
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bequeme Stelle jenseits des Teichs, zog sich an einem Vorsprung in die Höhe, prüfte den festen Halt. ‘ Der nächste Vorsprung, nun war er bereits vier Meter hoch. Ich folgte auf exakt demselben Weg.
    Ab zwanzig Meter Höhe sicherten wir unseren Aufstieg mit Haken. Es erwies sich als schwierige, aber machbare Sache. Unsere Haken ließen sich (entsprechende Kraft vorausgesetzt) durchaus in den Felsen treiben.
    Nicht an allen Punkten, machmal auch nur wenige Zentimeter; in solchen Fällen suchten wir andere Möglichkeiten, die Haken zu verankern.
    Nach einer Stunde lagen schon 300 Meter Abhang unter uns. Erstaunlich, wenn man unseren Zustand betrachtete. Es gab zwei erleichternde Faktoren: Erstens betrug die Schwerkraft ein oder zwei Zehntel weniger als auf Terra, zweitens hatte ich mit der Sicherung so viel zu tun, daß ich an schwindende Kraftreserven keine Gedanken verschwendete.
    Am Ende der zweiten Stunde erreichten wir die .500-Meter-Marke. Die Haken waren immer noch brauchbar. Mit zunehmender Kälte gewannen sie an Festigkeit. Ich war mir jedoch darüber im klaren, daß die Kälte auch die Elastizität verringerte. Mit anderen Worten, die Haken konnten sehr viel schneller splittern oder brechen.
    Geradezu verheerend wirkte sich das Fehlen von Handschuhen aus. Ein bißchen wärmte das Sonnenlicht, aber nicht genug, um den permanenten Hautkontakt mit eisig kaltem Stein auszugleichen. Ich hatte Risse in der Haut, blutige Wunden, und die Fingernägel existierten praktisch nicht mehr.
    Ab tausend Meter Höhe, die wir gegen Mittag erreichten, wurde die Luft merklich dünner. Uns fiel das Atmen schwer, dem massigen Bull in noch höherem Maß, als es bei mir der Fall war.
    Von da an leistete ich die Führungsarbeit. Der frischere Mann übernahm stets die erste Stelle.
    Ungefähr zur selben Zeit sank die Temperatur unter die Frostgrenze. Mir wurde klar, daß die Schwierigkeiten erst anfingen. Jeder Schritt erforderte jetzt doppelte Achtsamkeit. Stumpfer Untergrund verwandelte sich in rutschiges, von Reif oder Schnee überzogenes Fundament für einen Aufstieg, der im Grunde zum Scheitern verurteilt war.
    Die ganze Zeit schlug ich wie mechanisch meine Haken, ich zog Seile durch verformte, im Grunde ungeeignete Ösen und hielt nach der günstigsten Route Ausschau.
    Manchmal ging’s im 90-Grad-Winkel nach oben, manchmal fand sich auch für fünfzig Meter eine Rampe im Fels, die man wie ein Wanderer begehen konnte.
    Wenn ich mich umdrehte, lag die Basaltebene in scheinbar unendlicher Ausdehnung unter mir. Sogar den Pilzdom vermochte ich zu erkennen; als silbern glitzerndes Objekt mitten im Tafelland. Der Basaltüberzug fehlte mittlerweile, aber all das regte mich nicht mehr auf. Der Rückweg auf die Brücke war nun frei - und wir hingen mehr oder weniger gescheitert in der Felswand.
    Bis zum Abend erreichten wir etwa 1800 Meter Höhe. Hier oben blieb es etwas länger hell.
    Maximal eine halbe Stunde noch, schätzte ich. Was für eine Tragik, ohne geeignete Ausrüstung hatten wir es bis an diesen Punkt gebracht, und nun fehlten bis zum endgültigen Gipfel ganze zweihundert Meter.
    „Wir schaffen es nicht", brüllte Bully von unten.
    Seine Stimme kämpfte gegen den Höhenwind an, der jede Silbe fortblies.
    „Ich suche nach einem Überhang!" brüllte ich in derselben erschöpften Stimmlage zurück.
    An diesem Punkt hatten wir unverdientes Glück, zum ersten Mal seit langem. Eine Viertelstunde verging sie führte uns wiederum zwanzig Meter aufwärts -, dann erkannte ich im letzten Tageslicht eine Höhle.
    Wir erreichten den Punkt, als es finster wurde. Bully und ich zogen uns mit den buchstäblich letzten Kräften ins Innere.
    Die Höhle besaß eine Grundfläche von maximal zehn Quadratmetern. Weiter hinten wurde es zu eng für Menschen, dort wären höchstens Tiere hingekommen.
    Es war bitter kalt. Zitternd, geschunden, mit gefühllosen Gliedern hockten wir am Boden. Ohne unsere Aktivatoren wären Erfrierungen vorprogrammiert gewesen. Der Wind steigerte sich draußen zum Orkan, und kurz darauf war die Luft von Schneegestöber erfüllt.
    Wir verzehrten den kläglichen Rest unserer Vorräte. Wasser war nicht dabei; wie auch, ohne wasserdichten Behälter.
    Bully vollbrachte nochmals eine Unmöglichkeit der kleinen Sorte, indem er mit Steinen und Funkenschlag unsere Rucksäcke in Brand setzte. Wir verfeuerten sie bis zur letzten Faser. ‘ An Schlaf dachten wir nur minutenweise. Entspannung und körperliche Unterkühlung -
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