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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories
Autoren: Manfred Kluge
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an­zu­ver­trau­en.
    Da­bei hat es wie ein harm­lo­ser Scherz an­ge­fan­gen. Wir wa­ren zu fünft auf Fred­dys Bu­de, als Ti­na vor­schlug, nur so als Ex­pe­ri­ment ein­mal Ver­bin­dung mit dem Jen­seits auf­zu­neh­men.
    Bei mat­tem Ker­zen­licht war der Kreis um den run­den Tisch schnell ge­schlos­sen. Zu­erst spür­te ich gar nichts. Der Tisch stand fest am Bo­den – kein Pol­ter­geist rühr­te sich – gar nichts.
    Aber dann hat­te ich mit ei­nem Ma­le das Ge­fühl, leich­ter und leich­ter zu wer­den. Die vier an­de­ren Ge­sich­ter im matt fla­ckern­den Ker­zen­licht ver­schwam­men zu blas­sen Sche­men, und wie aus ei­nem un­end­lich ho­hen Ge­wöl­be her­ab hör­te ich plötz­lich ei­ne hal­len­de Stim­me:
    »Pa­me­la –! Pa­me­la –!«
    »Ich kom­me!« hör­te ich mich ge­gen mei­nen Wil­len ant­wor­ten. »Ich kom­me.«
    Im nächs­ten Mo­ment er­faß­te mich ein glü­hend hei­ßer Luft­strom und wir­bel­te mich em­por, bis ich in ei­nem Ele­ment von un­ge­heu­rer Hel­lig­keit fast zu er­sti­cken und zu zer­schmel­zen droh­te.
    Und um mich her – über­all – war die hal­len­de Stim­me und rief:
    »War­ne sie! War­ne die Flie­gen­den vor dem neun­ten Tag! Wenn du nicht hilfst, wer­den sie al­le am neun­ten Tag ab­stür­zen und ster­ben in Feu­er und Rauch!«
    »Wer bist du?« Mei­ne Stim­me klang dünn und kläg­lich in die­ser un­er­meß­li­chen wei­ßen Wol­ke, in der ich zu schwe­ben schi­en. »Wer wird stür­zen? Wel­che Flie­gen­den?«
    Aber die hal­len­de Stim­me wie­der­hol­te nur be­schwö­rend: »Am neun­ten Tag!« Und noch ein­mal lei­ser und wie ein ver­schwin­den­des Echo: »Am neun­ten Tag – war ne sie – von der Frau im Meer –«
    »Wer bist du, Frau im Meer?« konn­te ich noch ein­mal fra­gen.
    Doch dann pack­te mich wie­der der glü­hend hei­ße Luft­strom, und jetzt wir­bel­te er mich aus der schwin­del­er­re­gen­den Hö­he her­ab und wie in einen schwar­zen Höl­len­sch­lund. Ich stürz­te und stürz­te und schrie auf, als ich plötz­lich aus der Schwär­ze über mir ge­spens­tisch blei­che Frat­zen auf­tau­chen sah. Sie grins­ten mich bö­se und höh­nisch an, und ih­re Lip­pen be­weg­ten sich. Doch ich hör­te im­mer noch nichts an­de­res als die­ses Rau­schen und Brau­sen in den Oh­ren wie von dem Sturz in un­er­gründ­li­che Tie­fen.
    Bis dann die Dun­kel­heit sich lich­te­te und die Ge­sich­ter deut­li­cher wur­den. Da er­kann­te ich, daß es mei­ne vier Part­ner von der spi­ri­tis­ti­schen Sit­zung wa­ren. Sie stan­den über mich ge­beugt, und ich lag auf der Couch.
    »Pa­me­la-Mäus­chen, hat dich der Geist von Tan­te Frie­da um­ge­schmis­sen?« frag­te Fred­dy mit gut­mü­ti­gem Spott. »Kippt ein­fach um und be­nimmt sich dann wie ein ech­tes Me­di­um. Das war ja ei­ne pri­ma Schau. Was hat dir denn der Geist von Tan­te Frie­da er­zählt?«
    Da wa­ren mei­ne Lip­pen mit ei­nem Ma­le wie ver­sie­gelt. Ir­gend et­was Un­heim­li­ches schi­en noch au­ßer uns fünf in die­sem Zim­mer mit dem un­ru­hig fla­ckern­den Ker­zen­schein zu sein: ein Geist – ein We­sen, das mir das Spre­chen ver­bot.
    Aber warum?
    Ich konn­te mit die­ser Bot­schaft aus dem Jen­seits nichts an­fan­gen und hät­te sie am liebs­ten ver­ges­sen. Bis mir Fred­dy we­ni­ge Ta­ge spä­ter er­zählt, daß er für sei­ne Fir­ma nach New York flie­gen soll.
    Da er­in­ne­re ich mich an die War­nung der hal­len­den Stim­me, und ein ei­si­ger Schreck packt mich.
    »Et­wa am neun­ten?« fra­ge ich be­stürzt.
    Da sieht mich mein Freund Fred­dy er­staunt an. »Stimmt. Wo­her weißt du das?«
    »Du darfst am neun­ten nicht flie­gen«, sa­ge ich be­schwö­rend.
    Gleich dar­auf hät­te ich mir am liebs­ten auf die Zun­ge ge­bis­sen. Denn Fred­dy lacht in sei­ner sorg­lo­sen Art, gibt mir einen Kuß auf die Wan­ge und fragt spöt­tisch: »Hängt das et­wa mit der Ho­kus­po­kus-Schau von vor­ges­tern abend zu­sam­men? Du glaubst doch nicht et­wa im Ernst an die­sen Quatsch mit Stim­men aus dem Jen­seits?«
    Was soll ich da sa­gen?
    Und doch ah­ne ich – spü­re ich mit je­der Fa­ser mei­nes We­sens, daß Fred­dy in To­des­ge­fahr ist – und mit ihm vie­le an­de­re ah­nungs­lo­se
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