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18 - Eine Taube bringt den Tod

18 - Eine Taube bringt den Tod

Titel: 18 - Eine Taube bringt den Tod
Autoren: Peter Tremayne
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zuckte gleichmütig die Achseln, hatte sie sich doch eine ähnliche Frage selber schon mehr als einmal gestellt.
    »Abt Laisran, unser Vetter, hat mir diesen Schritt nahegelegt. Ich hatte meine Studien an der Rechtsschule von Richter Morann in Tara abgeschlossen und wusste nicht recht, was ich tun sollte, um im Leben voranzukommen.«
    »Aber du hattest doch schon den Grad einer anruth erreicht, dir hätte nur eine Stufe zum ollamh gefehlt , dem höchsten Titel, den unsere Hohen Schulen verleihen können. Warum hast du nicht weitergemacht und bist Professor für Rechtskunde geworden? Als ollamh hättest du sogar Oberster Richter am Königshof werden können.«
    Fidelma schüttelte abweisend den Kopf. »Man sollte mir nicht nachsagen können, ich hätte eine angesehene Stellung nur meinen Familienbeziehungen zu verdanken. Ich wollte in keiner Weise gebunden sein.«
    »In die Abtei der heiligen Bridget in Cill Dara einzutreten, war aber genau das Gegenteil davon, wenn du mich fragst – dort bist du durch Regeln und Verbote erst recht gebunden.«
    »Das war mir damals nicht so klar«, verteidigte sich Fidelma. »Die Abtei brauchte jemand, der sich im Rechtswesen auskannte. Außerdem hast du gewiss gehört, dass ich Cill Dara den Rücken gekehrt und mich nie wieder einer anderen Gemeinschaft angeschlossen habe. Ich stehe vielmehr meinem Bruder, unserem König, zur Verfügung; er kann auf meine Kenntnisse und Fähigkeiten zurückgreifen, wann immer es nottut.«
    Der junge Mann nickte und wechselte das Thema. »Eadulf hat mir erzählt, ihr seid aus dem Land der Burgunden etliche Tage unterwegs gewesen, seid flussabwärts zum Hafen am Meer gelangt.«
    »Ja, wir haben Bischöfe und Äbte aus Éireann zum Konzil in Autun begleitet. Abt Ségdae von Imleach und die anderen sind zu den weiteren Beratungen noch dortgeblieben. Uns brauchte man nicht länger, und so beschlossen wir, uns zur Küste aufzumachen und auf ein Schiff zu warten, das uns nach Hause bringt.«
    Gleich nach ihrer Ankunft im geschäftigen Hafen von Naoned am Kai auf ihren leiblichen Vetter Bressal zu stoßen, war für Fidelma eine willkommene Überraschung gewesen. König Colgú, ihr Bruder, hatte ihn zu den Salzmarschen von Gwerann entsandt, um dort mit Alain Hir, dem König der Bretonen, ein Abkommen über Salzlieferungen nach Muman auszuhandeln. Salz war in den fünf Königreichen von Éireann hochbegehrt. Man hatte eigens Gesetze zum Handel mit dem kostbaren Gut erlassen, denn es gab Leute, die vor nichts zurückschreckten, um sich daran zu bereichern. Das Salz von Gwerann – der Name bedeutete nichts anderes als »weißes Land«, denn so sahen die ausgedehnten Salzmarschen aus –, wurde schon seit undenklichen Zeiten außerordentlich geschätzt.
    Noch mehr überraschte es Fidelma, dass das Schiff, mit dem ihr Vetter seine Fahrt unternommen hatte, gerade die Ringelgans war, auf der sie schon einmal ein recht gefährliches Abenteuer bestanden hatte. Es war der reine Zufall, dass dieses Schiff im Hafen von Naoned angelegt hatte. Die Salzpfannen von Gwerann lagen am Küstenstreifen westlich davon, überdies waren die Laderäume des Seglers mit den Säcken bereits vollgestapelt, die das dem Meer abgerungene Salz enthielten. Da aber König Alain Hir sich inzwischen auf seine Festung bei Naoned begeben hatte, war Bressal nichts anderes übriggeblieben, als sich vor seiner Heimfahrt die Zeit zu nehmen, dem König der Bretonen gebührend zu danken und sich von ihm zu verabschieden, wie es die gute Sitte gebot. Immerhin bezog sich der Vertrag nicht nur auf diese eine Ladung Salz, sondern sollte den Fortbestand des Handels zwischen den Häfen von Muman und »Klein-Britannien« sichern.
    »Es ist wirklich eine glückliche Fügung, dass wir in Noaned festgemacht haben«, bekräftigte Bressal und sprach damit aus, was Fidelma auch empfand. »Sonst wären wir uns hier gar nicht begegnet. O ha …!«
    Der Ausruf kam ihm über die Lippen, als ein stämmiger, untersetzter Mann mit ergrauendem Haar und vom Wetter gegerbtem Gesicht seinen Leuten einen Befehl zubrüllte. Man erkannte auf Anhieb den Kapitän der Ringelgans in ihm. Murchad war etwa Ende vierzig. Mit der kräftigen Nase und den dicht beieinanderstehenden seegrauen Augen hatten seine Züge etwas Unnahbares, was aber ein verschmitzter Humor, begleitet von einem Augenzwinkern, wieder wettmachte. Wie Bressal erwartet hatte, sprangen einige von der Mannschaft sofort in die Takelage, setzten Segel und zurrten Seile
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