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18 - Eine Taube bringt den Tod

18 - Eine Taube bringt den Tod

Titel: 18 - Eine Taube bringt den Tod
Autoren: Peter Tremayne
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ihren kleinen Sohn Alchú in guten Händen gelassen hatte. Es schmerzte sie, so wenig Zeit mit ihm verbringen zu können und kaum zu erleben, wie er vom Kleinkind zum munteren Bürschchen heranwuchs. Aber sie hatte sich nun einmal entschieden, das Rechtswesen zu studieren, und als Schwester des Königs hatte sie Verpflichtungen und war gehalten, Aufträge ihres Bruders nach bestem Wissen und Gewissen auszuführen. Sie hoffte inständig, dass sie nicht gleich wieder würde fortreiten müssen. Nach all den Reisen, die sie und Eadulf auf Geheiß des Königs unternommen hatten, verdienten sie Ruhe. Oft genug auf gemeinsame Erlebnisse mit dem Kind verzichten zu müssen, war bitter, dennoch gebührte ihrer Rolle als Rechtsberaterin des Königs der Vorrang.
    In ihre Grübelei drängte sich der Gedanke an Eadulf. Der Ärmste. Er lag in ihrer Kajüte darnieder, derselben, die man ihr auf der Pilgerreise zugestanden hatte. Vermutlich fühlte er sich so elend, dass er eher den Tod herbeisehnte, als diese Schifffahrt länger ertragen zu wollen. Selbst unter günstigsten Bedingungen war er kein guter Seemann. Obwohl das Wetter recht milde war, wurde ihm schlecht, sobald sie aus der Mündung des großen Liger ausgelaufen waren. Bei ihrer Rückkehr von dem kreuzgefährlichen Unterfangen auf dem Konzil von Autun waren sie auf dem breiten Strom von Nebirnum bis zum Hafen von Naoned gereist. Sie hatten im wahrsten Sinne des Wortes ein Konzil der Verdammten hinter sich. Vom Liger aus war die Route nordwärts gegangen entlang der sogenannten »Wilden Küste«, und sofort hatte sich Eadulf in seine Koje begeben.
    Wenbrit brachte ihnen frisches Brot, das er noch, kurz bevor sie Segel setzten, gekauft hatte, und verschiedene Sorten kaltes Fleisch. Auch ein im Hafen erworbener Krug Cidre gehörte zu ihrem Mahl.
    Bressal hob seinen Becher. »Auf eine gute Seefahrt!«
    »Auf eine rasche Fahrt«, erwiderte Fidelma ernst.
    »Du denkst an euren kleinen Alchú, nicht wahr?«
    Sie nickte schweigend.
    »Seinetwegen musst du dir keine Sorgen machen«, versuchte ihr Vetter sie aufzumuntern. »Erst vor ein paar Wochen habe ich ihn gesehen, kurz bevor ich aus Cashel abreiste. Muirgen und Nessán umsorgen ihn wie ihr eigenes Kind. Sie scheinen ihrem Schafhirtendasein bei Gabhlán keine Träne nachzuweinen und es nicht zu bereuen, in deine Dienste getreten zu sein, sie als Amme und er als …« Er suchte nach dem rechten Wort und wählte dann den Ausdruck cobairech , der so viel wie Beistand oder Helfer bedeutete. Muirgen hatte sich in der Tat rasch daran gewöhnt, im großen Palast von Cashel als Kinderfrau zu wirken. Ihr Mann Nessán hatte sein ganzes Leben als Schäfer in den westlichen Bergen verbracht, ehe ihm dann die Aufgabe zugewiesen wurde, sich um den Viehbestand in den Ställen des Palasts zu kümmern und im Haushalt zuzugreifen, wenn Not am Mann war. Seit der kleine Alchú von Uaman, dem Herrn der Pässe in den Sliabh-Mis-Bergen, dem teuflischen Aussätzigen, als Geisel verschleppt worden war, hatten die beiden sich mit großer Hingabe um das Wohl des Jungen bemüht und waren Fidelma und Eadulf treu ergeben.
    Obwohl sie das Kind in guter Obhut wusste, lebte Fidelma im Zwiespalt. Ihre Aufgabe als dálaigh , als Anwältin bei den Gerichten des Landes, verschlang oft kostbare Zeit, die sie liebend gern mit ihrem Sohn verbracht hätte. Selbst Eadulf hatte von Zeit zu Zeit dagegen gemurrt. Im letzten halben Jahr hatte man sie zunächst nach Tara gerufen, um die Umstände aufzuklären, denen der Hochkönig zum Opfer gefallen war.
    Kaum waren sie zurück in Cashel, da hatte Abt Ségdae von Imleach, der Hauptabtei im Königreich Muman, ihre Anwesenheit auf dem Kirchenkonzil verlangt, das in der Stadt Autun im Lande Burgund zusammentreten sollte. Es war ein Konzil, dessen Beschlüsse Gottesdienst und Glaubensgrundsätze der Kirche in den fünf Königreichen tiefgründig ändern würden. Fidelma fand, dass es höchste Zeit wurde, wieder daheim zu sein.
    Ihr Vetter schaute sie mitfühlend an. »Um das Wohlergehen deines Kindes musst du dich wirklich nicht sorgen.«
    Sie zuckte nur die Achseln. »Eine Mutter kann nicht umhin, sich Vorwürfe zu machen, dass sie etwas versäumt.« Sie aß einen Happen, trank einen Schluck Cidre und fragte dann: »Was gibt es Neues von Tara? Sechnussach war ein bedachter Mann, den die Barden und sein Volk zu Recht priesen. Seine Ermordung wird den Frieden in den fünf Königreichen ernstlich gefährdet
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