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179 - Gefangene der Traumzeit

179 - Gefangene der Traumzeit

Titel: 179 - Gefangene der Traumzeit
Autoren: Ronald M. Hahn
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allerhand Gutes in den Satteltaschen gefunden.« Yngve deutete auf die ledernen Behältnisse, die sie in der Nacht zuvor hatten mitgehen lassen.
    »Ich schau’s mir später an.« Sie lief zu den Schecken. Der Teich durchmaß etwa zwanzig Meter. In seiner Mitte sprudelte es.
    Aruula fühlte sich schmutzig, also zog sie sich aus und ging ins Wasser. Es reichte ihr bis an den Bauchnabel. Nach dem Bad wusch sie ihr verstaubtes Zeug und kehrte ans Feuer zurück, um sich von der Sonne trocknen zu lassen.
    Yngve musterte sie interessiert und wohlwollend, bevor er selber zum Teich schlenderte und ein Bad nahm.
    Der Braten schmeckte noch besser, als er duftete. Aruula knabberte genüsslich an einem knusprigen Stück Fleisch und schaute hinüber zu Yngve.
    Obwohl er ungefähr in ihrem Alter war, kam er ihr jünger vor. Vielleicht lag es daran, dass er noch nicht so viel von der Welt gesehen hatte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er sich wie ein Kind aufführte: Er spritzte die Schecken nass und freute sich über ihr beleidigtes Quaken.
    Als Aruula am Teich kniete, um den Wasserschlauch zu füllen, stellte sie fest, dass er zwei Löcher hatte. Einer der Schüsse, die man hinter ihnen hergefeuert hatte, war nicht vorbeigegangen. Sie untersuchte das Loch.
    »So ein Mist!« Man konnte den ganzen Finger hinein schieben. Wenn sie ihn nur halb füllte und vorsichtig um den Hals trug…
    »Was ist?« Yngve schaute über ihre Schulter.
    Aruula zeigte ihm das Malheur, und er presste einen bösen Kriegerfluch hervor.
    »Was meinst du?« Sie schaute ihn an. »Müssen wir aufgeben?«
    Yngve schüttelte den Kopf. »Wir können nicht aufgeben. Das weißt du doch.« Er musterte sie eingehend. »Haben wir das alles auf uns genommen, um uns von so was Angst einjagen zu lassen?« Er deutete auf die Steppe. »Wir müssen das Schicksal so annehmen, wie es kommt. Wären wir den Reitern nicht begegnet, hätten wir jetzt weder die Schecken noch den Wasserschlauch.«
    »Ja.« Aruula nickte. Normalerweise stünden sie jetzt mit leeren Händen da. Wären sie dann etwa umgekehrt?
    Sie füllte den Schlauch, so gut es ging, und hängte ihn um ihren Hals. Als sie aufstand, quoll Wasser aus dem Loch hervor und befeuchtete ihre Brust. Die Lage war misslich, aber ohne den löcherigen Schlauch wäre sie noch misslicher gewesen.
    Sie bewegte sich behutsam. Als sie aufsaß, schwappte es wieder. Nun ja, wenn der Spiegel eine Handbreit gesunken war, musste es besser werden; dann konnte das Wasser das Loch nicht mehr erreichen.
    Sie ritten los, langsam zuerst, doch dann schneller, weil ihnen einfiel, dass die Schecken verdammt zäh waren und das Wasser länger reichte, wenn sie ordentlich Land gewannen.
    Das Glück war nicht auf ihrer Seite. Trotz aller Vorsicht verloren sie mehr und mehr Wasser und tranken schließlich aus dem Schlauch, nur um den Wasserspiegel noch weiter zu senken.
    Am Abend, als sie das rotbraune Hügelland erreicht hatten und einen Blick zurück warfen, empfanden sie angesichts der dortigen dichten Vegetation fast so etwas wie Heimweh.
    Die Nacht verlief ohne Zwischenfälle, und ebenso der nächste Tag. Am nächsten Abend machte Aruula sich ernste Gedanken über ihren Wasservorrat. Als die Sonne aufging, hielten sie auf eine schmale Klamm zu, in deren Schatten sich vorzüglich bis zum späten Abend reiten ließ.
    In dieser Nacht erwachten sie, weil ihre Schecken, die bisher nicht den Eindruck gemacht hatten, als spiele Wasser in ihrem Leben eine Rolle, röchelten, als würden sie krepieren. Aruula und Yngve sprangen erschreckt auf und sahen, dass die Zungen der Tiere blau angelaufen waren. Jeder Blinde hätte erkannt, dass sie schrecklichen Durst litten, deswegen gab Aruula ihnen zu saufen, bis sie zufrieden grunzten. Der Schlauch war nun leer.
    Das Verhalten der Reittiere war erschreckend: Wenn man sie nicht daran hinderte, liefen sie vermutlich, bis sie tot umfielen.
    Wenn sie verdursteten, merkte man es erst Minuten vor ihrem Ableben.
    Tiere dieser Art waren keine gute Gesellschaft für Menschen in einer fremden Umgebung. Sie waren unberechenbar. Fielen sie im falschen Moment aus, saß man in der Patsche.
    »Wir brauchen Wasser!«, sagte Yngve am nächsten Morgen.
    »Und zwar schnell.«
    Sie würgten ihr Frühstück trocken herunter und ritten weiter. Die Landschaft wurde felsiger, die Hügel zerklüfteter, die Pässe enger. Weil sie durch eine der zahlreichen kühlen Schluchten ritten, die den Weg nach Nordosten säumten, empfanden
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