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1757 - Endstation Tod

Titel: 1757 - Endstation Tod
Autoren: Unbekannt
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Hülle und Fülle!"
    Die CIRCINUS war eines von vier Schiffen, die von der Kosmischen Hanse erbeutet worden waren. Die anderen drei waren Koggen, die CIRCINUS ein Leichter Holk, also ein Keil von je vierhundert Metern Länge und Heckbreite. Entsprechend seiner Größe befanden sich auf ihm auch die weitaus meisten Glückssucher aus der Galaxis - rund sechstausend leidende Männer und Frauen.
    Fast bei jedem äußerte sich das Ausbleiben des Zaubers aus den Hamamesch-Waren anders.
    Der eine rannte nervös durch die Gänge, der andere igelte sich ein und sprach mit niemandem mehr.
    Gemeinsam war ihnen allen die furchtbare innere Unruhe, die einfach kein Ende nehmen wollte, und die Aggressivität. Sie kam in Schüben, explodierte in Tobsuchtsanfällen oder Schlägereien. Danach hatte der Betreffende meistens wieder für einige Tage Ruhe.
    Und sie aßen kaum oder gar nicht. Zahlreiche Imprint-Outlaws wurden zwangsernährt. Zwar gab es unter denjenigen, die sich eine Passage nach Hirdobaan erkämpft hatten, weitaus weniger Selbstmordfälle als daheim in der Galaxis, aber ohne Behandlung hätte die Appetitlosigkeit, wenn sie bereits zur Verweigerung der Nahrungsaufnahme führte, unter den Glückssuchern ihre Opfer gefunden.
    Mediker hatten die Pilger nach Hirdobaan kaum an Bord; und falls doch, dann waren auch die süchtig. Alle waren süchtig. Der eine konnte besser damit umgehen als der andere.
    Stephan Origer zum Beispiel, der Kommandant der CIRCINUS. Er war Hanse-Spezialist gewesen, auf Terra geboren, ein großer und schlanker Mann, schwarzhaarig und mit Vollbart. Origer, das wußte man, hatte sich seit Beginn seiner Sucht im April 1218 nicht mehr rasiert. Er wirkte dennoch nicht verwahrlost. Origer hatte sich - wenigstens bisher - immer dann in der Gewalt, wenn es ums Schiff und den Flug ging, also um seine Verantwortung. Dann war er voll auf die Aufgabe konzentriert und ließ sich nicht ablenken. Sobald aber der Streß vorbei war, wurde er unruhig und fing an, stundenlang mit den Augen zu zwinkern. Es mußte ihm weh tun, aber er konnte es nicht lassen.
    Wenn er sich so verhielt, dann ging man ihm besser aus dem Weg. Dann war er ungeduldig bis hin zum plötzlichen Jähzorn.
    Aber sonst war der Terraner ein Mann, zu dem sich seine Besatzung und die Passagiere beglückwünschen konnten. Er verstand es bei allen Problemen, unter seinen Leuten eine gewisse Disziplin aufrechtzuerhalten. Das galt nicht nur für die CIRCINUS: Origer und die Hanseleute hatten den gesamten 386er-Pulk relativ gut unter Kontrolle. Nur so war es zu begreifen, daß alle Schiffe auch bei dem letzten angesetzten Stopp vor dem Ziel noch beisammen waren und eins nach dem anderen aus dem Hyperraum fielen.
    Samuel Nyrtii registrierte das kaum. Kurz nur spürte er wieder das Fieber, als er daran dachte, daß die Erlösung jetzt fast schon zum Greifen nahe war.
    Dann tat er das, was er immer tat, was er tun mußte, wenn er die innere Anspannung wachsen und sich ausdehnen fühlte, bis sie seinen Kopf zu zersprengen drohte.
    Er malte.
    Er fügte den Dutzenden von leeren Menschenschädeln weitere hinzu. Bald würde er in einem anderen Gang weitermachen müssen. Die Farben waren bunt, manchmal grell. Die Köpfe waren haar-, ohren- und nasenlos. Sie besaßen große Augen, die in die Unendlichkeit zu starren schienen, und Münder, die entweder stumm leidend geschlossen oder zur laut hinausgeschrienen Anklage weit geöffnet waren.
    Manchmal war der haarlose Schädel oben aufgeplatzt wie eine Eierschale, oder ein Keil war herausgeschlagen.
    Sicher konnte Samuel Nyrtii nichts von dem Vergleich wissen, den Boris Siankow noch vor Beginn der Aufbruchswelle im Solsystem gezogen hatte. Da hatte der Marsianer auch von einem Keil gesprochen, den die Hamamesch-Waren mit ihrem psionischen Imprint in das haarfeine psionische Geflecht der Menschen trieb, das nichts mit sogenannten Mutantenfähigkeiten zu tun hatte. Jeder Mensch besaß es, vielleicht kam ihm das Wort „Seele" nahe; verwandt auch dem Begriff „ÜBSEF-Konstante".
    Man wußte nicht viel über den Imprint, aber wenn sein Zauber erlosch, blieb dort, wo er den Keil in das Psi-Geflecht getrieben hatte, nur Leere übrig. Das Vakuum würde sich nicht von allein schließen, die Wunde nicht heilen.
     
    *
     
    Es war Samuel Nyrtiis ganz privater Ausweg, seine persönliche Flucht vor den schlimmsten Auswirkungen der Sucht. Er mußte malen, und er malte sich in einen Ersatzrausch, bis ihm plötzlich alle Werkzeuge aus
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