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1731 - Der Zwitter

1731 - Der Zwitter

Titel: 1731 - Der Zwitter
Autoren: Jason Dark
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hereingebrochen war, hatte das Licht des Tages wieder die Herrschaft übernommen.
    Sie nickte Kim zu, lächelte dabei und sagte leise: »Wir können nicht hier im Bad bleiben. Ich habe dir ja schon gesagt, dass ich nicht allein hier wohne, ich muss Maxine informieren. Du verstehst das?«
    »Vielleicht.«
    Carlotta wollte Kim beruhigen. »Du musst dich nicht fürchten. Maxine ist eine tolle Frau. Sie hat für vieles Verständnis, das wird auch bei dir der Fall sein. Eine bessere Möglichkeit gibt es nicht.« Carlotta holte Luft. »Außerdem hast du auf mich den Eindruck gemacht, dass du Hilfe brauchst. Es ist möglich, dass meine Ziehmutter eine Idee hat, wie es weitergeben wird.«
    »Ich kann nichts sagen. Ich will – ich – weiß es auch nicht.«
    Carlotta stellte noch eine letzte Frage. »Fühlst du dich denn verstoßen?«
    Damit hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen. »Ich weiß es nicht genau. Glaube aber schon.«
    Das Vogelmädchen streckte Kim die Hand entgegen. Der Besucher überlegte noch einen Moment, dann erfolgte ein Nicken, und so konnte Carlotta mit Kim zusammen das Bad verlassen…
    ***
    Die Hände der blonden Tierärztin umklammerten die Teetasse. Maxine Wells gab keinen Kommentar ab. Sie saß den beiden so unterschiedlichen Menschen gegenüber und dachte darüber nach, was sie in den vergangenen Minuten gehört hatte.
    Es war unglaublich gewesen und dennoch eine Tatsache, denn Kim saß vor ihr. Er hatte andere Kleidung bekommen, trug jetzt eine trockene Hose und einen leichten Pullover, unter dem sich die Brüste abzeichneten.
    Den Beweis, dass es sich bei Kim zugleich um einen Mann handelte, hatte sich die Tierärztin nicht angesehen. Die Aussagen ihrer Ziehtochter reichten ihr aus. Carlotta hatte ihr zudem mitgeteilt, dass Kim das Geheimnis nicht kannte. Sie wusste also nicht, dass Carlotta wie ein Vogel fliegen konnte. Zudem waren die Flügel zusammengedrückt und unter der Kleidung verborgen.
    »Jetzt weißt du alles, Max«, sagte Carlotta, »und ich denke, dass wir ein Problem haben.«
    »Das schätze ich auch.« Maxine blickte den Besucher an. Kein Wort drang über Kims Lippen, er oder sie nahm nur das Glas in die Hand und trank einen Schluck Wasser.
    »Was können wir denn für dich tun? Sollen wir dich wieder wegschicken? Wenn ja, wohin? Wo kommst du her? Wo ist deine Heimat? Wer bist du? Das sind Fragen, auf die wir bisher keine Antwort erhalten haben. Und wenn wir etwas für dich tun sollen, dann müssen wir einfach mehr wissen.« Sie hob die Schultern an. »Ich hoffe, du verstehst das?«
    »Ich kann nichts dazu.«
    Maxine war froh, wenigstens eine Antwort gehört zu haben. Kim war also nicht stumm.
    »Wozu kannst du nichts?«
    »Man wollte mich nicht mehr.«
    »Wer wollte dich nicht?«
    »Die anderen.«
    »Aha.« Maxine ließ ihre Tasse los. »Es gibt sie also.«
    »Ja.«
    »Und weiter?«
    Kim seufzte. Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und schloss dabei die Augen. Mit leiser Stimme fing er an zu sprechen. »Sie haben gesagt, dass ich nicht zu ihnen passe, beide haben es gesagt.«
    »Kannst du uns auch sagen, von wem das kommt?«
    Jetzt zögerte Kim. Er musste sich erst fassen. Die Worte drangen flüsternd über seine Lippen, und sie waren nicht dazu geeignet, Maxine und Carlotta zu beruhigen.
    »Es geht um beide Seiten. Um die Engel und auch die Dämonen. Keiner will mich haben.«
    Es war eine überraschende Antwort gewesen, die Maxine und auch Carlotta die Sprache verschlagen hatte. Sie baten ihren Gast, die Worte zu wiederholen, was auch passierte.
    Carlotta fasste sich zuerst. Sie befand sich zwar nicht in der gleichen Lage wie Kim, aber sie hatte Verständnis für ihn, denn auch sie war eine besondere Person und saß praktisch zwischen zwei Stühlen.
    »Wozu fühlst du dich hingezogen, Kim?«
    »Das kann ich nicht sagen. Ich will nur leben, aber das wollen die anderen nicht. Sie sehen mich als Bastard an, als Zwitter, als Hermaphrodit, nicht Frau nicht Mann. Sie haben mich verstoßen, aber das reicht ihnen nicht. Jetzt wollten sie mich töten, und mir blieb nur die Flucht.«
    »Von wo bist du geflohen?«
    »Aus meiner Welt. Ich konnte ihnen entkommen, und ich bin hier bei euch gelandet. Das Unwetter hat mir geholfen. Es hat mich hierher zu euch geschafft. Es war von mir nicht gewollt, und jetzt sitze ich hier am Tisch.«
    Maxine hatte genau zugehört und sagte: »Aber du hast dir keine Gedanken darüber gemacht, wie es weitergehen soll. Oder irre ich mich?«
    »Ich weiß es
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