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1731 - Der Zwitter

1731 - Der Zwitter

Titel: 1731 - Der Zwitter
Autoren: Jason Dark
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eines schmalen Wegs. Rechts und links begann der Rasen, der sich mit Wasser vollgesaugt hatte. Hinter dem Haus lag der Garten, der zum größten Teil aus einer mit Obstbäumen bestückten Wiese bestand, wobei sich die Anzahl der Bäume in Grenzen hielt. Ihre Sicht war frei, und es tat ihr gut, den einsamen Ankömmling zu sehen, der noch immer auf dem Rasen kniete. Sie dachte darüber nach, ob sie ihn anrufen sollte, ließ es dann jedoch bleiben. Vielleicht wäre er dann verschwunden, und das wollte sie nicht.
    Sie fragte sich auch, warum er gerade in ihrem Garten gelandet war und nicht in einem anderen. Davon gab es genügend in der Nachbarschaft. Dass er sich ihren Garten ausgesucht hatte, das konnte etwas zu bedeuten haben.
    Carlotta lief los. Sie kam sich vor wie in einer großen Pfütze laufend, denn bei jedem Auftreten platschte es unter ihren Füßen, und dann spritzte das Wasser in die Höhe.
    Das alles war ihr jetzt egal. Selbst der kalte Regen, der ihr Gesicht traf, störte sie nicht. Die Neugierde auf den Unbekannten war einfach zu groß.
    Und so setzte sie ihren Weg fort, kämpfte gegen den Wind an und duckte sich unter den Regenschleiern. Das Gewitter war noch vorhanden, aber es hatte sich längst verflüchtigt und tobte sich jetzt weiter im Osten über dem Meer aus.
    Wäre kein Regen auf die Erde gerauscht, hätte der Ankömmling Carlotta sicher schon gehört, aber das Geräusch des Wassers übertönte alles. Er bewegte sich auch jetzt nicht, und Carlotta ging die letzten Schritte langsamer, bevor sie neben dem Fremden stehen blieb. Er rührte sich noch immer nicht, und so ließ Carlotta einige Sekunden verstreichen, ohne dass sich etwas tat.
    Dann fasste sie sich ein Herz und sprach den Unbekannten an.
    »Hallo, hörst du mich?«
    Die Gestalt bewegte sich nicht.
    Carlottas Geduld war begrenzt. Sie tippte den Mann an, denn sie glaubte jetzt, dass sie es mit einer männlichen Person zu tun hatte, und nach diesem leichten Stoß erlebte sie eine Reaktion, denn der Unbekannte hob seinen Kopf an.
    »Na endlich.«
    Es verstrichen erneut einige Sekunden, bis es zu einer zweiten Reaktion kam. Der Kopf des Knienden drehte sich zur Seite, wurde dann angehoben, und jetzt war der Ankömmling in der Lage, in die Höhe zu schauen. Zudem stemmte er sich nicht mehr mit den Händen am Boden ab und blickte in Carlottas Gesicht.
    Die tat nichts. Sie lächelte nicht mal, sie schaute nur das Gesicht an. Inzwischen war es wieder heller geworden und so konnte sie alles deutlich erkennen.
    Es war das Gesicht eines noch recht jungen Mannes. Davon ging sie zumindest aus. Ein schmales Gesicht, bei dem die Augen recht tief in den Höhlen lagen. Sie sah einen breiten Mund und darunter ein eckiges Kinn. Die Haare, die platt auf dem Kopf lagen, zeigten eine dunkle Farbe, wobei sie nicht glaubte, dass sie von Natur aus dunkel waren. Die Nässe hatte sie so werden lassen.
    Carlotta kam sich selbst etwas dumm vor, als sie fragte: »Bist du okay?«
    Durch ein Nicken wurde ihr geantwortet.
    Sie wurde also gehört. Das empfand sie als positiv. Dann fragte sie: »Willst du weiterhin hier auf dem nassen Rasen hocken? Wenn nicht, dann habe ich für dich eine andere Lösung. Wir könnten gemeinsam ins Haus gehen. Dort ist es wärmer, auch trockener, und da kannst du dich erholen.«
    Diesmal dauerte es länger mit der Antwort. Die Hände mit den langen Fingern zogen den Regenschutz enger um den Körper, der nicht mehr als eine Plane war, dann zuckte der Mann einige Male zusammen, bevor er Anstalten traf, auf die Beine zu gelangen. Er schwankte leicht, und Carlotta fühlte sich bemüßigt, ihm zu helfen. Sie umfasste seinen rechten Arm in Höhe der Schulter und half ihm, sich zu erheben.
    »Ist das okay?«
    Wieder ein Nicken.
    »Dann komm mit ins Haus. Ich halte dich fest, dann musst du dich nicht anstrengen.«
    Der Fremde ließ alles mit sich geschehen. Er hatte sich jetzt aufgerichtet, und Carlotta stellte fest, dass er genauso groß war wie sie. Er ging allerdings leicht gebückt, als wollte er sich vor irgendetwas schützen.
    Von Maxine Wells hatte sie noch nichts gehört, und Carlotta war gespannt, was sie zu dem Fremden sagen würde. Die Tierärztin war eine vorsichtige Frau. Sie achtete besonders darauf, dass Carlottas Geheimnis gewahrt wurde, und auch dem Fremden gegenüber würde sie sich sehr vorsehen müssen.
    Der Mann sprach kein Wort. Als sie das Haus betreten hatten, wischte er über sein nasses Haar, legte den Kopf zurück und
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