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1731 - Der Zwitter

1731 - Der Zwitter

Titel: 1731 - Der Zwitter
Autoren: Jason Dark
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schutzbedürftige und zugleich demütige Haltung, und es schien der Gestalt nichts auszumachen, den Launen der Natur ausgesetzt zu sein.
    Nach wie vor prasselte der Regen auf sie nieder. Der Oberkörper war so weit nach vorn gebeugt, dass der Kopf beinahe den Boden berührte. Sie tat nichts, um dies zu ändern, und auch die heimliche Beobachterin bewegte sich nicht. Carlotta stand wie eine Statue hinter der Scheibe, hielt manchmal sogar den Atem an und beschäftigte sich nur mit einer Frage.
    Woher war diese Gestalt gekommen?
    Carlotta wusste es nicht, und sie sah nicht mal, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. Die Haare lagen klatschnass am Kopf. Um den Oberkörper war eine dünne Regenhaut geschlungen worden, die allerdings keinen Schutz gegen die Gewalten der Natur bot. Der Regen rauschte weiter, der Donner grollte, und die Blitze waren ebenfalls noch vorhanden.
    Allerdings fuhren sie nicht mehr so schnell vom Himmel herab. Sie waren weniger geworden und auch der Donner hatte sich mittlerweile abgeschwächt.
    Das Ende des Unwetters näherte sich. Carlotta stellte sich so hin, dass sie in Richtung Westen schauen konnte. Dort sah sie, dass der Himmel eine breite Lücke zeigte und das helle Licht des noch vorhandenen Tages wieder zu sehen war.
    Und sie sah die Gestalt auf dem Rasen, die ihre Haltung nicht verändert hatte. Sie sah sie als einen Besucher an, von dem sie nicht wusste, woher er gekommen war.
    War er vom Himmel gefallen?
    Ja, es hatte so ausgesehen. Es gab keine andere Erklärung für sie. Dieser Unbekannte war plötzlich da gewesen, und es hatte wirklich so ausgesehen, als wäre er vom Himmel gekommen und hätte sich genau diesen Ort ausgesucht.
    Das war verrückt und kaum zu begreifen, aber es war eine Tatsache. So oft Carlotta hinschaute, das Bild blieb.
    Was tun?
    Das Vogelmädchen war keine Person, die andere Menschen im Stich ließ. Zwar wusste Carlotta nicht, wie es möglich gewesen war, dass diese Gestalt so plötzlich erschien, aber es war ihr klar, dass sie den Ankömmling nicht so einfach dort auf der Wiese hocken lassen konnte. Dagegen musste sie etwas tun, und das würde sie auch.
    Maxine Wells befand sich weiterhin in ihrem Büro. Sie hatte noch bis in die Abendstunden zu tun, das wusste Carlotta. Sie wollte die Tierärztin auch nicht stören und musste allein die Verantwortung übernehmen.
    Einen letzten Blick warf sie auf die Wiese. Es gab immer wieder Lücken zwischen den Rinnsalen, die außen an der Scheibe nach unten flossen, und jetzt sah sie auch, dass sich die Gestalt bewegte, was ihr bisher nicht aufgefallen war. Da hatte sie mehr ausgesehen wie eine von einem Künstler geschaffene Plastik, doch die Bewegungen machten ihr klar, dass sich dort ein Mensch befand.
    Ich muss etwas tun!, dachte das Vogelmädchen, das ja auch kein normaler Mensch war, denn es war durch eine Genmanipulation zu einem Wesen gemacht worden, das Flügel hatte und sich in der Luft bewegen konnte wie ein Vogel.
    Nur wenige Menschen wussten davon, und Carlotta achtete darauf, dass dies auch so blieb.
    Sie hatte auch nicht vor, lange mit ihrer Ziehmutter zu diskutieren. Was getan werden musste, das musste getan werden, daran gab es nichts zu rütteln.
    Raus in den Regen gehen und die letzten Reste des abziehenden Gewitters erleben, das lag nun vor ihr. Es schreckte sie nicht. Carlotta hatte in ihrem Leben schon so viel durchgemacht, dass sie mit ungewöhnlichen Vorkommnissen keine Probleme hatte.
    Sie verließ ihren Beobachtungsplatz und fragte sich, ob auch sie von der Gestalt gesehen worden war. Eigentlich war das unmöglich. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass dieser ungewöhnliche Ankömmling auch auf dem Rasen blieb und so lange wartete, bis sie bei ihm war und ihre Fragen stellen konnte.
    Und wenn sie in sich hineinlauschte, dann hatte sie den Eindruck, dass ihr etwas Großes bevorstand und ihr das Schicksal wieder eine Prüfung auferlegt hatte…
    ***
    Es gab nicht nur eine Tür, durch die die Bewohner das Haus verlassen konnten. Carlotta nahm eine der hinteren und zog sie recht vorsichtig auf. Sie hatte sich einen Regenschutz umgehängt und auch die Kapuze hochgezogen.
    Die Temperatur war während des Unwetters gefallen. Das spürte sie, als die Tür offen war und sie einen Blick nach draußen warf. Immer noch fiel der Regen vom Himmel, dazu war der wesentlich kühler gewordene Wind zu spüren, der gegen sie blies und für einen Schauer auf ihrem Körper sorgte.
    Sie ging über die Platten
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