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1719 - Totenmarsch

1719 - Totenmarsch

Titel: 1719 - Totenmarsch
Autoren: Jason Dark
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nicht nachvollziehen konnte. Als wäre er gleichzeitig in ein Gemälde geraten, das nur ein Maler wie Hieronymus Bosch hatte schaffen können. Father Gregor fühlte sich hineinversetzt in eine völlig neue Realität, die nicht mehr der normalen Wirklichkeit entsprach, die er aber trotzdem hinnehmen musste.
    Die Gruppe stand. Aber sie spielte weiter. Sie brachte ihm das Ständchen, und der Geistliche wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Das war so verkehrt, ging an der Realität vorbei, sodass er nur den Kopf schütteln konnte, was die Dinge auch nicht änderte. Sie waren erschienen, um ihn zu beglücken.
    Er befürchtete nichts mehr, als dass sie im nächsten Moment in sein Haus einfielen. Aber sie ließen ihre Instrumente sinken, und auch die Trommler schlugen nicht mehr zu.
    Es wurde still!
    Der Geistliche hörte nur noch seine eigenen Atemstöße. Er wusste nicht, was ihm besser gefiel. Der Lärm oder die Stille. Anfreunden konnte er sich beim Anblick der Toten mit beidem nicht.
    Allmählich begann die Dämmerung. Sie legte sich wie ein dünnes Tuch über das Land und erreichte auch die skelettierten Musiker, deren bleichgelbe Knochen jetzt einen grauen Schimmer annahmen, als hätte jemand sie überpinselt.
    Gesprochen hatten die Gestalten bisher nicht. Sie hatten sich nur bewegt, und irgendwie war Father Gregor gespannt darauf, ob sie auch anders mit ihm kommunizieren konnten.
    Er wartete. Allmählich beruhigte sich sein Herzschlag. Der Schweiß auf seinem Rücken wurde kalt.
    Was wollten sie noch? Warum waren die Gestalten überhaupt gekommen? Und woher stammten sie?
    Diese Frage beschäftigte ihn am meisten. Sie waren bestimmt nicht vom Himmel gefallen, sondern eher aus der Hölle gestiegen, wo ihnen das Feuer der Verdammnis die Haut von den Knochen gebrannt hatte.
    Wollten sie ins Haus und sich ein Opfer holen?
    Bisher trafen sie keinerlei Anstalten. Sie blieben stehen und glotzten, obwohl die Augenhöhlen leer waren.
    Father Gregor konnte das nicht begreifen. Er wunderte sich darüber, wie ruhig er war. Eigentlich hätte er durchdrehen müssen. Schreien, weglaufen, auf die Knie fallen und beten.
    Was tat er stattdessen?
    Er blieb am Fenster stehen und schaute sich die unmöglichen Gestalten an. Da war nichts Normales mehr. Er hätte sich gern einen Menschen zwischen ihnen gewünscht, der so ausgesehen hätte wie er. Aber das war nicht möglich.
    Und dann passierte es.
    Plötzlich ging ein Ruck durch die Gestalten. Als hätte jede von ihnen einen Befehl erhalten. Arme bewegten sich ebenso zuckend wie Beine. Keines der Skelette schaffte es, ruhig stehen zu bleiben. Sie schüttelten sich und dann traute Father Gregor seinen Augen nicht, als er sah, dass sie sich bewegten.
    Sie drehten sich nach rechts.
    Danach gingen sie los. Aber sie marschierten von nun an ohne die Musik.
    So gingen sie fort …
    Der Geistliche fasste es nicht. Aber er wollte sich überzeugen und lehnte sich weit aus dem Fenster. Dabei drehte er den Kopf nach links, wo er sie gehen sah. Wenn sie ihren Weg fortsetzten, würden sie den Ort Quimlin erreichen und sich den Menschen dort zeigen.
    Gregor wollte gar nicht daran denken, was dann passierte. Die Leute würden durchdrehen, sie würden schreien und die Welt nicht mehr verstehen.
    Es passierte nicht, denn der einsame Mann wurde Zeuge eines weiteren Phänomens.
    Er war es gewohnt, dass die Natur manchmal ein wenig verrückt spielte. Dabei dachte er an Wetterphänomene, an starke Orkane oder zu heiße Tage im November.
    Was er jetzt aber zu sehen bekam, war für ihn kaum zu fassen. Er nahm es hin, er hätte beinahe gelacht, aber auch das schaffte er nicht, sondern starrte nur auf die breite Nebelwand, die plötzlich erschienen war und die Gestalten verschluckte. Sie liefen in die graue Masse hinein, was der Zeuge irgendwie noch akzeptierte, aber nicht das, was danach passierte.
    Die Gestalten verschwanden. Sie waren plötzlich weg, als hätte der Nebel sie aufgelöst. Gregor hatte sie noch in die Masse hineingehen sehen, und dann gab es sie nicht mehr.
    Verschwunden, aufgelöst …
    Der Geistliche hörte sich lachen. Mehr konnte er nicht tun, denn für ihn war die Welt auf den Kopf gestellt worden …
    ***
    Nichts lief mehr, gar nichts …
    So und nicht anders dachte Father Gregor. Er gab zu, dass er die Kavalkade erwartet hatte, denn er gehörte zu den wenigen Eingeweihten, aber dass die Skelette so schnell wieder verschwunden waren, das bereitete ihm schon Sorgen.
    Wieso
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