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1708 - Geheimsache Gender

Titel: 1708 - Geheimsache Gender
Autoren: Unbekannt
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Horizont kann man nicht erreichen. Niemals. Der Horizont ist eine Fiktion des Geistes; sichtbar, aber nicht wirklich vorhanden.
    Gender versuchte, sich noch einmal aufzurichten. Aber es war schon nicht mehr möglich.
     
    *
     
    Duabe agh Intells erwachte gegen Mittag. Die Spuren der Nacht überdeckte sie mit einer dicken Schicht Makeup, dann erst wagte sie sich in die Hitze hinaus. Ihr Krempenhut und das luftige, weite Kleid sorgten für eine gewisse Erleichterung.
    Überall liefen die Aufräumarbeiten. Sie begab sich zum Rathausplatz, um dort nach dem Rechten zu sehen. Ein Teil der Stände war bereits abgebaut. Von den Laserprojektoren lief kein einziger mehr, und die allgegenwärtige Musik mußte irgendwann im Lauf der Nacht verstummt sein.
    Es war der 31. Dezember 1216, Silvestertag. Meesam-Gyst sah einer ausgesprochen ruhigen, beschaulichen Jahreswende entgegen.
    Bennt Fersten hatte bereits begonnen, mit seinem Antigravkran die schweren Bühnenelemente abzubauen. Boreol, der graubärtige alte Mann aus Marrakesch, war aus seinem Alkoholrausch erwacht. Mit verdrießlicher Miene packte er die Mitglieder seines „Ensembles" zusammen, bestieg den Gleiter und flog in Richtung Norden ab.
    Duabe schlenderte ziellos durch die Ortschaft.
    Spät wurde ihr bewußt, welche Art Unruhe sie antrieb: Es war dieser Fremde von gestern, der die Roboter in Gang gesetzt hatte. Sie konnte ihn nirgendwo finden. Weder nahm er an den Aufräumarbeiten teil, noch hockte er auf einer der zahlreichen überdachten Terrassen von Meesam-Gyst.
    Am Ende erreichte sie wieder den Rathausplatz.
    „He, Bennt! Ich will mit dir reden." Der Riese setzte soeben das letzte Bühnenelement in einem Container auf der Rückseite des Rathauses ab. Dann wandte er sich zerknirscht der Frau zu. Er faßte sich an die schiefe Nase, druckste ein bißchen herum und sagte: „Hör zu, Duabe ... Wenn es wegen dieser Flasche gestern ist ..."
    „Nein, darum geht es nicht. Ich ma che mir Sorgen um den Fremden." Bennt Fersten wußte seltsamerweise sofort, um wen es sich handelte. „Er wird irgendwo ausschlafen. Oder er ist mit einem der Gleiter wieder weg."
    „Ich habe ihn nicht mehr gesehen. Und er ist nirgendwo wiederaufgetaucht. Niemand hat ihn gesehen, auch bei den Abstellplätzen der Gleiter nicht. Du hast doch gesagt, er hätte mit dir gesprochen. Was genau war das, Bennt?"
    Der Riese stieß geräuschvoll Luft aus und verdrehte die Augen. „Wenn ich das selbst noch wüßte... - Ach ja! Ich hab' ihn gefragt, wie sein Name ist. Er mußte ziemlich lange überlegen. Eigenartig, so im nachhinein."
    In der Tat. Was für einen Namen nannte er denn?"
    „Timmersson Gent ... Nein, Timmersson Gender. Oder so ..."
    „Ich mache mir ernstlich Sorgen. Hilfst du mir, den Kerl zu suchen?"
    Bennt Fersten stimmte sofort zu. Sie wußte nicht, ob er sich wirklich für den Fremden interessierte oder ob ihn wegen des Alkohols gestern ein schlechtes Gewissen plagte.
    Sie trennten sich und hörten sich unabhängig voneinander um. Nach zwei Stunden trafen sie am Rathaus wieder zusammen. Duabe hatte ergebnislos mindestens fünfzig Leute befragt.
    „Nichts bei mir", sagte sie. „Und bei dir, Bennt?"
    „Ich weiß nicht genau. Jemand sagte, er hätte den Kerl verschwinden sehen. Zu Fuß, raus aus Meesam-Gyst, in Richtung Wüste. Er sah angeblich desorientiert aus. Ein bißchen verwirrt."
    „Wir werden ihn suchen", entschied Duabe agh Intells kurzerhand.
    „Wir? Das geht nicht, Duabe. Ich bin zum Mittagessen verab ..."
    „Hör zu, Bennt", unterbrach sie ihn mitten im Wort. „Es könnte sein, daß ich Hilfe brauche. Also komm bitte mit."
    Der blonde Riese blieb folgsam hinter ihr und versuchte keinen weiteren Einwand. Sie hatte gewußt, daß er kein übler Kerl war.
    Duabes Wohnung und die winzige Polizeistation von Meesam-Gyst lagen im selben Haus. Gemeinsam mit Bennt Fersten bestieg sie den großen Gleiter und schaltete sämtliche Ortersysteme auf höchste Kapazität.
    In der Ortschaft selbst gab es eine Menge Energiequellen. Diese schloß sie der Reihe nach vom Orterbild der Umgebung aus, damit sie die kleineren Reflexe nicht überdeckten.
    Duabe steuerte den Gleiter auf hundert Meter Höhe. In konzentrischen Kreisen entfernten sie sich von Meesam-Gyst. Nachdem sie die Bewässerungsmaschinen und Ernteroboter hinter sich gelassen hatten, blieb auf dem Schirm nichts mehr übrig.
    Vielleicht hatte der Fremde ebenfalls einen Gleiter bestiegen. Dann wäre er längst über alle
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