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1706 - Kibb

Titel: 1706 - Kibb
Autoren: Unbekannt
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nur einen Satz: „Ich werde aus euch aufrechte, unerschrockene Kriegerinnen machen." Und dann begann der Drill. Das sah anfangs alles nach Spaß aus, denn Diliba ließ die Novizinnen in Zweiergruppen gegeneinander raufen und so ihren natürlichen Aggressionstrieb austoben. Als Moira keine Partnerin fand, weil sie gewissermaßen als neunundvierzigste übrigblieb, bot sich ihr Diliba zum Trainieren an.
    Die Ausbilderin legte sich entspannt auf den Boden und ermunterte Moira, sie zu attackieren. Nachdem Moira ihre Hemmungen abgelegt hatte, begann es ihr Spaß zu machen, gegen die scheinbar wehrlose Riesin anzurennen, auf ihr herumzutollen und auf sie einzudreschen.
    Obwohl Moira ihre ganze kindliche Kraft in die Attacken legte, wurde sie von Diliba mit spielerischer Leichtigkeit auf Distanz gehalten.
    Was aus der Not geboren war, wurde zur wichtigsten Erfahrung in Moiras Leben. Der verbissene Kampf gegen eine schier übermächtige Gegnerin machte sie bald zur Stärksten ihres Jahrganges. Und Diliba zu ihrem Idol, das sie abgöttisch verehrte, obwohl Diliba sie den anderen gegenüber keineswegs bevorzugte.
    Im Gegenteil, sie beurteilte Moira stets kritischer als die anderen und bestrafte sie für Verfehlungen härter. Aber gerade diese übergerechte Strenge prägte Moiras Persönlichkeit und stählte ihre Widerstandskraft.
    Was Moira war und wurde, verdankte sie Diliba. Ihre Lehrerin war ihr warm strahlender Stern in einem kalten, metallenen Universum. In einer Welt, die zuerst nur aus kahlen Räumen und endlosen, ineinander verschlungenen Korridoren bestand - und aus einer nur körpergroßen Schlafnische. Und deren Tag in wenig abwechslungsreiche Stunden unterteilt war, die sich immer wiederholten.
    Die einzige Abwechslung im Tagesablauf war, wenn wieder einmal eine Stunde hinzugefügt wurde beziehungsweise der Tagesabschnitt Misa wieder einmal unterteilt wurde. Aber das dauerte manchmal Jahre.
    Darra und Tilam änderten sich nie. Nur das Ritual, mit dem die Stunde nach dem Erwachen und die Stunde vor dem Schlafen begangen wurden, war Veränderungen unterworfen. Es war schließlich etwas anderes, ob man zu Misa nur herumgetollt und seinen Aggressionstrieb abgebaut hatte oder ob man sich mental mit der Simulation von abrusischen Kristallstrukturen auseinandersetzen mußte.
    Moira war wohl acht, als sich ihr Tag um die Stunden Lenek, Pehan und Apus verlängerte. Zu Lenek ging es um das Trainieren spontaner Körperreaktionen, und Apus diente der Ausprägung von Körperreflexen. Beide Disziplinen waren dem Grundkurs Misa sehr ähnlich und waren zur Körperertüchtigung da.
    Mit der Stunde Pehan verhielt es sich dagegen völlig anders. Sie diente, global ausgedrückt, der Erweiterung des geistigen Horizonts.
    Zu Pehan erfuhren die heranreifenden Novizinnen, in welcher Welt sie eigentlich lebten.
    Schon zur ersten Pehan führte Diliba ihre Schützlinge zum erstenmal aus dem Schulungsgebäude hinaus ins Freie. Moira und ihre Mitschülerinnen waren völlig unvorbereitet, als sie plötzlich keine das Sichtfeld beengende Decke mehr über dem Kopf hatten und unter freiem Himmel standen.
    Sie sahen ihr bisheriges Universum als mächtigen metallenen Bunker hinter sich aufragen. Rings um sie weitere Bunkeranlagen. Aber über ihnen die endlose Weite. Das Tor zur Ewigkeit.
    Diliba bestieg mit ihnen einen Gleiter und flog hinaus in die weite Welt, die Thyssan hieß. Diliba umrundete mit ihren Novizinnen den Planeten an diesem Tag einmal, bevor sie mit ihnen zu Tilam in den Bunker zurückkehrte. Obwohl sie nicht viel mehr als endlos aneinandergereihte Bunkeranlagen zu sehen bekommen hatten, war dies für diesen Lebensabschnitt ein einmaliges Erlebnis.
    Damals lernte Moira aus der Ferne zum erstenmal andere Lebewesen kennen: die Barayen. Kleine, zerbrechlich wirkende Geschöpfe, die wie die Ayindi aufrecht auf zwei Beinen gingen. Sie wirkten aus der Höhe wie emsige Insekten.
    „Sie sind neben uns die einzigen Intelligenzen des Arresums", erklärte Diliba dazu nur.
    Nach dieser Exkursion konnte Moira keine Ruhe finden, keine geordne ten Gedanken fassen; sie war froh, als der künstliche Tiefschlaf sie übermannte.
    Zu Darra erging es ihr ähnlich. Sie war so aufgewühlt, daß sie um künstliche Ernährung bitten mußte. So und ähnlich erging es ihr und den anderen Novizinnen in weiterer Folge Tag für Tag. Es schien fast, als hätten sie zu kämpfen verlernt. Lenek und Apus wurden lustlos wie eine lästige Verpflichtung absolviert.
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