Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
169 - Der Weltenwanderer

169 - Der Weltenwanderer

Titel: 169 - Der Weltenwanderer
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
löschen sollen…
    Ich danke dir…, wisperte es noch einmal in der Dunkelheit seines Hirns. Dank für alles, was du… für das Volk der Hydree… und für mich… getan hast…
    Das Wispern wurde zu einem leisen Rauschen, das sich nach und nach entfernte. Der Tod kam! In dem sterbenden Körper fand Matt keinen Halt mehr. Plötzlich glaubte er über Gilam'esh zu schweben, sich von ihm zu entfernen.
    Und dann… war ihm, als sähe er einen Schemen, der sich aus dem Körper des Hydree löste und auf den Zeitstrahl zustrebte. Gilam'eshs Geist? Oder nur eine Täuschung?
    Ein Lichtpunkt in unendlicher Ferne wuchs allmählich zu einem Stern, schwoll an zu einer Sonne, entpuppte sich schließlich als ein Tunnelausgang, hinter dem gleißendes Licht eine fremde Welt durchflutete. Den Himmel? Die Hölle…?
    ***
    Er verließ den Tunnel, tauchte ein in das Licht. Das Licht verlor an Helligkeit und begann zu flimmern, doch es war nicht blau, sondern rötlich. Ganz und gar hüllte es ihn ein, er sah es sofort.
    Ich sehe es? Durch wessen Augen denn…?
    Etwas drückte auf sein Hirn; er glaubte, es würde ihm den Schädel sprengen. Ich habe einen Schädel, ich habe ein Hirn…
    »Matt!« Jemand rief seinen Namen, eine Frauenstimme.
    »Sag doch etwas, Matt! Kannst du mich hören…?« Sie kam ihm unglaublich vertraut vor, obwohl er sie ein Jahrhundert nicht mehr gehört hatte.
    »Gilam'esh! Das Tunnelfeld! O Gott, wir müssen…« Es war seine eigene Stimme, die da schrie, und die blitzartige Erkenntnis brachte ihn augenblicklich zum Schweigen.
    Er blinzelte. Das Flimmerfeld erlosch, doch das rote Licht blieb. Es kam von einem Kristall, der über einer Plattform schwebte.
    Der Archivraum! Matt erkannte ihn wieder – bevor er haltlos zu Boden stürzte. Er wollte sich abrollen, doch sein Körper gehorchte nicht. Er blinzelte zur Decke hinauf.
    Ein Gesicht beugte sich über ihn, ein schönes Frauengesicht.
    Drax wusste, dass er ihren Namen einmal gekannt hatte.
    Verdammt, warum wollte er ihm nicht einfallen?
    »Matt, was ist mit dir?« Die Frau schien erschrocken, besorgt. Sie berührte ihn an der Schulter, streichelte zärtlich seine Wange. »Hast du dir weh getan?«
    »Nein«, flüsterte er, denn der Druck in seinem Kopf war verschwunden. »Ja«, flüsterte er, denn in seinem linken Knöchel wütete ein stechender Schmerz. »Ich… ich kann mich nicht bewegen…«
    Er hatte endlich wieder einen Körper – und konnte sich doch nicht rühren! Welche Ironie! »Chandra…« Plötzlich fiel ihm ihr Name ein. »Du lebst noch…?«
    »Was redest du, Matt? Warum sollte ich denn nicht mehr leben?«
    »Aber… es ist… es ist über hundert Jahre her…«
    Sie biss sich auf die Unterlippe und wandte den Kopf zur Seite. »Er phantasiert! Was ist mit ihm geschehen?«
    Ein zerfurchtes Männergesicht erschien neben dem Frauengesicht. Sternsang! »Komm zu dir, Erdenmann«, krächzte er. »Du warst nicht länger als ein paar Sekunden in dem Stasisfeld eingeschlossen…«
    ***
    Vier Wochen später
    Ein Arbeitsroboter aus dem Hause MOVEGONZ TECHNOLOGY pflügte den flachen Grund des Sees um, etwa vierzig Meter von der Plattform des Zeitstrahls in dessen Mitte entfernt. Seine Hydraulikschaufeln beförderten Schlamm und Geröll ans Ufer. In sicherer Entfernung warteten der Mann von der Erde und die wichtigsten Männer und Frauen der Marskolonie.
    Schwere Wochen lagen hinter Matthew Drax. Die Hälfte davon hatte er gebraucht, um wieder zu lernen, seine Glieder zu benutzen. Auch wenn er aus Marszeitperspektive angeblich nicht einmal zehn Sekunden im Stasisfeld verbracht hatte, so war doch sein Bewusstsein tatsächlich über hundert Jahre fort gewesen und hatte verlernt, die Muskeln zu gebrauchen, die dem Willen unterworfen waren.
    Die glatte Muskulatur, die vom vegetativen Nervensystem gesteuert wurde, funktionierte glücklicherweise noch.
    Andernfalls wäre Matt nach seiner »Rückkehr« innerhalb weniger Minuten erstickt. Der Roboter zog seine Grabschaufel ein und stelzte auf das Ufer und die Wartenden zu. Offenbar hatte er das Gesuchte entdeckt.
    Matthew Drax' Herz schlug schneller. Die zweite Hälfte der vier Wochen hatte er damit zugebracht, seine Geschichte zu erzählen. Vor Chandra, Sternsang und Windtänzer, und vor den Damen und Herren der Marsführung. Sternsang und Windtänzer hatten ihm sofort Glauben geschenkt, Chandra schließlich auch, die meisten Mitglieder des Rates jedoch glaubten ihm bis jetzt noch nicht. Immerhin waren sie höflich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher