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1681 - Kurs Milchstraße

Titel: 1681 - Kurs Milchstraße
Autoren: Unbekannt
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gegangen und hätte sich einige Schnäpse hinter die Binde gekippt.
    Heute war das anders. Seine Gefühle waren so durcheinander, dass er nur allein sein wollte. In seinen Wohnräumen ging er noch einige Zeit unruhig auf und ab, bis er sich schließlich setzte und die Stirn auf seine Handflächen legte. Gucky!
    Nie mehr seine Pfiffigkeit, seine niemals endende Karottensucht erleben, seine aufrichtige Freundschaft teilen, die ihn nie so recht über das Bewusstsein hinwegtrösten konnte, der einzige seiner Art zu sein. Nein, das konnte nicht sein. Nicht nach so vielen Jahren. Nicht so plötzlich. Er dachte an Tramp und an Tuglan, die Streiche, die Gucky früher gespielt hatte... „Ich glaube es einfach nicht", murmelte er vor sich hin. „Nein, ich kann es nicht glauben. Solange es keinen eindeutigen Beweis gibt, werde ich nicht aufhören zu hoffen." Bull sah auf, als er den Summton an der Tür hörte; ein Bildschirm erhellte sich und zeigte Joara Claytons Gesicht. Er überlegte einen Moment, denn er wollte allein sein. Dann jedoch gab er sich einen Ruck. Vielleicht tat es gut, mit jemandem zu sprechen. „Komm herein!" sagte er.
    Sie setzte sich auf den angebotenen Platz und winkte einem Servo. „Zwei Cognacgläser" ,bat sie, „ich schenke aber selbst ein." Sie zog eine kleine dunkelblaue Flasche aus einer Seitentasche ihres ärmellosen leichten Mantels und goss eine goldgelbe Flüssigkeit in die Gläser. „ Calvados" ,erklärte sie. „Von einem meiner Verwandten. Er hat ihn selbst gemacht, aus seinen eigenen Äpfeln, und ich versäume es nie, diese kleine Flasche mitzunehmen, als... kleinen Glücksbringer sozusagen. Jetzt ist die Zeit gekommen, ein wenig Glück aus der Flasche zu trinken, finde ich."
    Sie hob ihr Glas, und nach kurzem Zögern prostete Bull ihr zu. Der Terraner nickte anerkennend, als die goldgelbe Flüssigkeit warm und weich wie Öl seine Kehle hinunterrann. Genauso sollte Calvados sein: ein kräftiges Apfelaroma, der Geschmack trotz des Alkoholgehalts mild, viel weicher als ein Cognac. „Ich weiß, was in dir vorgeht", fuhr Joara Clayton fort. Sie hob kurz die Hand, als er etwas sagen wollte. „Nein, warte", bat sie. „Ich möchte nicht lange bleiben, denn du willst sicher allein sein. Aber du sollst dich nicht einsam fühlen. Verstehst du, was ich meine?"
    „Ich denke schon." Er nickte langsam. „Ich möchte dir eine kleine Geschichte erzählen." Sie rieb ihre Stirn und lehnte sich dann zurück. „Mein Verwandter - derjenige, der den Calvados herstellte -, war einer jener seltsamen Typen, die weit in der Vergangenheit leben wollen. Er kam nicht von Terra, sondern von einem kleinen Planeten, und schloss sich einer Sekte an, dem >Ring der Wahrhaftig Lebenden<. Er steckte sein ganzes Geld hinein und gondelte mit ihnen durchs Weltall, um einen Planeten zu finden, der ihren Vorstellungen von der >freien Natur< ohne Zivilisation bestand.
    Sie fanden schließlich eine frisch entdeckte Welt, die ihrer Heimat glich, aber ansonsten keine lohnenswerten Schätze bot. Prospektoren hatten sie bald wieder aufgegeben, dennoch waren einige Siedler geblieben, die anfingen, eine Vergnügungsstadt mit einem großen Freizeitzentrum aufzubauen.
    Noch gab es aber genug Platz für alle. Der >Ring< kaufte ein riesiges Areal für einen Spottpreis, und die Sektenmitglieder ließen sich dort nieder.
    Eines Tages brachte mein Vater mich dorthin. Es war kurz nach der Monos-Zeit. Ich war etwa fünf Jahre alt, kränklich, blass und mickrig und ein Tagträumer. Mein Verwandter war der Ansicht, aus mir einen >ordentlichen Brocken< machen zu können. Natürlich war dieses primitive Leben für mich anfangs sehr schwierig; ich bekam einen Schnupfen nach dem anderen, Juckreiz, Haarausfall und alles mögliche, bis mein Körper begriffen hatte, dass das Leben hier gesund und nicht ungesund war und anfing aufzublühen. Zur Belohnung für meine Entwicklung zum >ordentlichen Brocken< schenkte mein Verwandter mir einen Hund, so einen großen schwarzen, der von nun an mein ständiger Begleiter war auf meinen immer ausgedehnteren Streifzügen.
    So gingen wir einmal in den Wald hinein; in meiner Unschuld hatte ich alle Warnungen ganz vergessen, dass durch die Trockenheit Brandgefahr herrschte und ich nicht dorthin gehen sollte. Wie das Schicksal nun einmal spielt, brach tatsächlich ein Feuer aus; wir merkten es an dem Rauch, der plötzlich von allen Seiten um uns war. Der Hund wurde unruhig und bellte, ich bekam Angst, und wir
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