Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1672 - Die Insel

1672 - Die Insel

Titel: 1672 - Die Insel
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
seinen Hut auf, bevor er ins Freie trat. Er zuckte leicht zusammen, als er Lucy McMillan sah. Sie wunderte sich über sein Verhalten. Der Pfarrer kam ihr vor wie jemand, der ein schlechtes Gewissen hatte. Er überlegte auch, ob er weitergehen oder stehen bleiben sollte. Er entschied sich dafür, stehen zu bleiben, und schaute Lucy ins Gesicht. Sie hatte versucht, mit dem Pfarrer über das Phänomen der Insel zu reden, aber Liam Elroy hatte sich nicht darauf eingelassen und nur abgewinkt. Er wollte sich nicht aus seiner kleinen Welt entfernen und alles, so belassen, wie es war. Nur keine Unannehmlichkeiten.
    Jetzt machte er einen anderen Eindruck. Er ging nicht über den kleinen Vorplatz auf Lucy zu, sondern blieb stehen und schaute sie leicht nervös an. Lucy war neugierig geworden. Sie wollte den Grund für das Verhalten des Mannes erfahren, ging drei kleine Schritte auf ihn zu und fragte: »Alles okay, Mister Elroy?«
    »Ja, ja, ich denke schon.«
    Sie ging noch weiter, blieb vor dem Geistlichen stehen und schaute ihm ins Gesicht.
    »Das sieht aber nicht so aus. Sie scheinen Probleme zu haben.«
    Der Mann verlor den letzten Rest seiner Gesichtsfarbe. »Ja, nein, ich - ich weiß es nicht.«
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Der Pfarrer schwieg. Erst nach einigen Sekunden sagte er mit leiser Stimme: »Das weiß ich nicht.«
    »Aber es ist etwas passiert.« Sie ließ nicht locker. »Das sehe ich Ihnen an.«
    Elroy überlegte einen Moment. Dann nickte er vor sich hin, und wieder dauerte es eine Weile, bis er etwas sagte, aber er senkte dabei den Blick und schaute zu Boden.
    »Ich verstehe es nicht…«
    »Was verstehen Sie nicht?«
    Der Mann strich über seine Hutkrempe. Er rang nach Worten und sagte schließlich:
    »Ich glaube, dass meine Kirche entweiht worden ist. Ja, das sehe ich so.«
    Lucy begriff es nicht. »Was sehen Sie denn so? Können Sie das genauer erklären?«
    Elroy leckte über seine dünnen Lippen. Er richtete den Flackerblick auf Lucy und sagte: »Ich habe Sie fast nie in der Kirche gesehen, aber jetzt möchte ich Ihnen etwas zeigen.«
    »Gut. In der Kirche?«
    »Ja.« Elroy drehte sich um und ging vor.
    Lucy McMillan konnte sich nur wundern. Sie musste zugeben, dass der Pfarrer sich nicht geirrt hatte. Sie gehörte wirklich nicht zu den Kirchgängern, ebenso wie ihr Vater. Da dachten die übrigen Menschen im Ort eben anders. Wieder knarrte die Tür, als der Pfarrer sie aufzog.
    Er und Lucy betraten die schweigende Welt zwischen den Mauern. Der Geruch nach Weihrauch hing noch in der Luft, was Lucy wie nebenbei bemerkte. Es war keine große Kirche. Und sie war recht schmucklos. Eine Fischerkirche mit grauen Wänden, die allerdings mit blassen Szenen bemalt waren, wobei die Motive stets mit dem Meer zu tun hatten. Immer waren Fische und auch das Wasser zu sehen. Zumeist begleitet von frommen Männern, die über allem standen und ihren Segen gaben.
    Daran gingen die beiden vorbei. Lucy war hinter dem Geistlichen geblieben und sah jetzt, dass er seinen rechten Arm hob und auf das große, von der Decke herabhängende Kreuz deutete, das nicht übersehen werden konnte.
    Es war recht groß, entsprechend schwer und bestand aus massivem Holz. Lucy war zwar nicht oft in der Kirche gewesen, aber sie erinnerte sich schon daran, dass es immer eine braune Farbe gehabt hatte.
    Das war jetzt nicht mehr der Fall.
    Das Kreuz sah schwarz aus. Verkohlt, verbrannt, als hätte es jemand angezündet. Aber es war nicht zu Asche verbrannt, sonst hätten die Reste auf dem Boden gelegen. Es hing noch an der Kette.
    »Was ist passiert?«, flüsterte sie.
    »Das will ich Ihnen sagen. Dieses Kreuz fing plötzlich Feuer und verkohlte vor meinen Augen. Und jetzt sagen Sie mir bitte, was ich davon halten soll…«
    ***
    Lucy McMillan hatte die Worte des Geistlichen gehört. Sie bewegte sich nicht und spürte nur den Schauer auf ihrem Rücken, der sich dort festgesetzt hatte und nicht mehr verschwinden wollte.
    »Haben Sie das gehört?«
    »Ja.«
    »Und was sagen Sie dazu?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Ich weiß es wirklich nicht, Mister Elroy.«
    Er drehte sich zu ihr um. »Es hat Feuer gegeben«, flüsterte er. »Flammen, die aus dem Nichts kamen und sich plötzlich in das Kreuz hineinfraßen. Ich war zufällig Zeuge, weil ich noch einen letzten Gang durch die Kirche machen wollte. Da habe ich es gesehen. Es brannte lichterloh, und das ist von ihm übrig geblieben.«
    »Es tut mir leid.«
    »Hören Sie auf. Das ist keine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher