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1664 - Die Schöne und die Grausame

1664 - Die Schöne und die Grausame

Titel: 1664 - Die Schöne und die Grausame
Autoren: Jason Dark
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großzügig angelegten Innenhof. Die Häuser mit ihren Backsteinfassaden umrahmten ihn wie ein offenes Karree. Die Staatsanwältin stellte den Wagen hinter einigen Müllcontainern ab, stieg aus und machte sich auf den Weg. Der Winter war noch nicht vorbei, auch wenn die Tage allmählich länger hell blieben. Der kalte Wind fuhr durch ihren Stoffmantel, dessen Kragen sie hochstellte. Aus ihrer recht großen Umhängetasche holte sie einen Schal, den sie sich um den Hals schlang.
    Völlig dunkel war es noch nicht geworden. Der Himmel bildete eine schattige Fläche aus hellen und dunklen Farben. Nach Regen roch es nicht, den hatte London in der letzten Zeit auch genug abbekommen, seit es mit dem Schnee vorbei war. Der Weg zum Pub war leicht zu finden. Aus den Fenstern fiel gelbliches Licht auf die Straße, und als sie die Tür öffnete, schwangen ihr Stimmen entgegen. Purdy sah vor sich ein gemischtes Publikum. Verschiedene Altersklassen waren da. Man hockte oder stand an der Theke oder hatte sich an Tische gesetzt. Da in den Pubs nicht mehr geraucht werden durfte, war die Luft klar. Die Staatsanwältin ließ ihren Blick schweifen und sah das Winken ihres Mitarbeiters. Der junge Mann saß an einem Zweiertisch neben einer Tür. Ein Stuhl war noch frei, und Purdy sah das Leuchten in seinen Augen. Es war ein Ausdruck der Freude darüber, dass sie gekommen war.
    Sie zog den Mantel aus und legte ihn hinter sich über die Stuhllehne. Dann nahm sie Platz und nickte Tim Helling zu. »So, hier bin ich.«
    Helling war ein Mann, dessen blonde Haare sich kaum bändigen ließen. Auch jetzt standen sie an verschiedenen Stellen hoch. Auf dem Gesicht verteilten sich Sommersprössen, und seine Augen zeigten eine starke blaue Farbe.
    »Danke, Mrs. Prentiss, dass Sie gekommen sind.«
    Purdy lächelte. »Wenn Sie mich schon so dringend darum gebeten haben, konnte ich einfach nicht ablehnen.«
    »Ja, ich habe auch meine Gründe.«
    »Da bin ich gespannt.«
    Zuerst fragte die Kellnerin nach ihren Wünschen. Purdy entschied sich für ein Wasser, was die ältere Frau mit einem Nicken quittierte und ging. Die Staatsanwältin war eine Frau, die Aufmerksamkeit erregte. Das lag an ihren naturroten Haaren, die ihren Kopf glatt gekämmt wie ein Helm umhingen. Das Wasser wurde gebracht, ein Glas ebenfalls. Tim Helling konnte es kaum erwarten, seine Geschichte zu erzählen. Zuvor trank er einen Schluck von seinem dunklen Bier. Als er den gläsernen Krug abstellte, begann er zu sprechen.
    »Sie müssen mir glauben, dass alles, was ich Ihnen erzähle, den Tatsachen entspricht.«
    »Da bin ich gespannt.«
    »Ich weiß, Mrs. Prentiss, dass Sie hin und wieder in Fälle hineingeraten sind, die man nicht so einfach abtun kann. Die den normalen Rahmen sprengen.«
    »Nun ja, das kommt hin und wieder vor, aber…«
    »Bitte, so einen unnormalen Rahmen habe ich erlebt. Mir ist etwas widerfahren, das ich kaum fassen kann. Wobei jedoch alles stimmt, was ich Ihnen gleich sagen werde.«
    Purdy Prentiss trank und sagte dann: »Bitte, tun Sie sich keinen Zwang an.«
    »Ja, danke. Ich habe mich verliebt.«
    »Oh, gratuliere.«
    Tim Helling lehnte sich zurück und lachte. »Hören Sie auf, deshalb bin ich ja hier.« Er beugte sich wieder vor. »Es ist nicht so, wie man denken kann.«
    »Wie dann?«
    Er schaute in sein Glas. »Ich mag die Frau wirklich. Das ist schon okay, aber ich habe nicht geahnt, wer sie wirklich ist. Das macht mir Angst. Ja, Angst.« Er nickte. »Ich habe mich in der vergangenen Nacht in Lebensgefahr befunden.«
    »Durch Ihre Freundin?«
    »Ja, auch durch sie.«
    Purdy Prentiss nickte ihm zu. »Dann wäre es gut, wenn Sie mir von Beginn an erzählen, was Ihnen widerfahren ist. Reden Sie, und ich höre zu.«
    »Danke.«
    Purdy Prentiss hatte sich wirklich vorgenommen, nur zuzuhören. Sie wollte sich dabei sogar zurücklehnen, aber schon bald stand sie unter einer Anspannung, mit der sie nicht gerechnet hatte. Was man ihr da erzählte, hörte sich unglaublich an. Das war ein Hammer. Aber konnte sie den Erzählungen auch Glauben schenken? Sie kannte ihren Mitarbeiter als einen zuverlässigen Menschen, der alles andere als ein Spinner war. Welchen Grund sollte er haben, sich eine derartige Geschichte aus den Fingern zu saugen?
    Als er seine Erlebnisse geschildert hatte, brauchte er ein Taschentuch, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Dabei zitterten seine Hände, und er hatte sogar Mühe, sein schweres Glas zu halten.
    »War das alles?«,
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