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1657 - Der weibliche Golem

1657 - Der weibliche Golem

Titel: 1657 - Der weibliche Golem
Autoren: Jason Dark
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Deutsche nickte. »Und ob wir das sind. Das ist sogar ein Fall, der in meinen Bereich fällt.«
    Sie konnten ruhig sprechen, da gab es keine Probleme, denn Hawelka kümmerte sich nicht um sie. Er hatte nur Augen für sein Werk. Er hörte nicht auf zu flüstern, hielt die Marmorstatue weiterhin umklammert und streichelte sogar die Beine, als hätte er es mit einer lebenden Frau zu tun.
    »Meinst du, dass diese Figur lebt?«, fragte Harry.
    Bill war der Ansicht. »Wir müssen davon ausgehen. Das hat Hawelka nicht grundlos gesagt. Diese Figur lebt auf irgendeine Weise, Und weil das so ist, muss der Teufel seine Hand im Spiel gehabt haben.«
    »Wir sollten uns die Augen anschauen.«
    Bill nickte. »Wollte ich soeben vorschlagen.«
    Um das zu schaffen, mussten sie die Perspektive wechseln, denn bisher hatten sie von der Seite her auf die Statue geschaut. Ob Hawelka diesen Stellungswechsel zulassen würde, war fraglich, aber ihnen blieb keine andere Möglichkeit, wenn sie die Augen betrachten wollten.
    Sie schlichen auf leisen Sohlen vor. Harry hatte seine Waffe wieder verschwinden lassen. Er wollte Hawelka nicht provozieren.
    Der Künstler kniete weiterhin vor seinem Werk, streichelte es und sprach es an.
    »Du wirst mich nicht im Stich lassen. Du wirst alles tun, was ich verlange. Du wirst meine Beschützerin und auch meine Braut sein. Die Herrin über Leben und Tod.«
    Harry und Bill hatten jedes Wort verstanden. Anfangen konnten sie damit nicht viel. Normalerweise gehörte ein Mensch, der so redete, in eine Klinik, aber das musste man hier anders sehen, denn in diesem Fall mischten andere Kräfte mit. Das sahen auch Harry Stahl und Bill Conolly ein, als sie stehen blieben. Hawelka musste sie längst gesehen haben, aber er war nur mit seinem Meisterwerk beschäftigt.
    Die beiden Männer hatten hinter dem Knienden angehalten. Sie schauten über seinen Körper hinweg und sahen die Statue jetzt frontal an.
    Gab es in den Augen tatsächlich eine Veränderung?
    Bisher hatten sie es nur aus Hawelkas Worten herausgehört. Jetzt aber sahen sie, dass es stimmte.
    Um die Augen herum entdeckten sie zuerst die Schatten. Doch das war eine Täuschung. Das Dunkle stammte aus den Augen selbst, die nur schlecht zu beschreiben waren. Sie sahen irgendwie unheimlich aus. Tot und doch mit einem Leben gefüllt, das diesen Namen auf keinen Fall verdiente. Genau das musste es sein, von dem Hawelka gesprochen hatte. Die Seele dieser Gestalt, die sich in ihren Augen widerspiegelte und dort als dunkle Schatten zu sehen war. Sie wollten etwas sagen, doch Pavel Hawelka kam ihnen zuvor. Er rieb über die Hüften der Statue wie ein Liebhaber, der eine Frau verführen wollte. Es machte ihm nichts aus, dass er ein steinernes Wesen vor sich hatte, und verlangte von ihm, sich noch weiter zu öffnen.
    »Ich will mehr wissen. Teile mir deine Gedanken mit. Sag mir, was der Teufel dir mit auf den Weg gegeben hat. Alles andere ist für mich unwichtig. Ich will nur mehr über die Kraft erfahren, die in dir steckt.«
    Bill und Harry hielten beide den Atem an. Sie rechneten mit allem, auch damit, dass diese Figur plötzlich sprechen konnte. Doch das trat nicht ein. Auch der Künstler schien zu merken, dass er an einen gewissen Endpunkt angelangt war. Er wollte nicht länger in dieser unbequemen Haltung bleiben und stand mit schwerfälligen Bewegungen auf. Dabei drehte er sogar ein wenig den Kopf, und spätestens jetzt hätten ihm die beiden Männer auffallen müssen. Er nahm keine Notiz von ihnen. Auch im Stehen hatte er nur Augen für sein Kunstwerk. Er sprach es wieder an, aber diesmal galten die Worte nicht dieser Marmorfrau, sondern den beiden Eindringlingen, die sich hinter ihm aufhielten.
    »Ist sie nicht einmalig?«, flüsterte er.
    »Haben Sie uns angesprochen?«
    »Ja, das habe ich.«
    »Und weiter?«
    »Ich würde gern Ihre Meinung erfahren.«
    Nach diesen Worten drehte er sich ganz um und beide Parteien sahen sich aus kurzer Entfernung an.
    Man konnte Pavel Hawelka vom Aussehen her ruhig als urwüchsig bezeichnen. Das lag hauptsächlich an seiner wilden Haarmähne, die übergangslos in einen Bart überging.
    Es gibt Künstler, denen man ihre Sensibilität sofort ansieht. Das war bei Hawelka nicht der Fall. Er war ein roher Typ. Man konnte ihn auch als ungeschlacht ansehen. Eher ein Glöckner von Notre Dame als ein feinsinniger Kreativer.
    »Was wollen Sie denn hören?«, fragte Bill.
    »Ah, die Wahrheit.«
    »Und wie finden Sie selbst Ihr
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