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1647 - Engelstadt - Höllenstadt

1647 - Engelstadt - Höllenstadt

Titel: 1647 - Engelstadt - Höllenstadt
Autoren: Jason Dark
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sprechen und musste ihr durch ein Nicken zustimmen.
    Sekundenlang schwiegen wir. Wir standen in der Totenstille. Maxine zog die Nase hoch, und sie hatte Mühe, die nächsten Sätze zu sprechen.
    »Ich will Gewissheit haben, John, verstehst du? Ich kann so nicht leben, denn ich muss wissen, ob ich Carlotta verloren habe oder nicht. Ist das auch klar für dich?«
    »Sicher.«
    »Dann müssen wir nachschauen und sie suchen.« Sie stöhnte auf. »Es ist grauenhaft, ich weiß. Und es ist das bisher Schlimmste, was ich in meinem Leben gesehen habe. Ich denke an den Schrei und bin davon…«
    Ich wollte ihr etwas Hoffnung geben und sagte: »Bitte, Max, es steht nicht fest, dass Carlotta geschrien hat. Das kann auch eine andere Person gewesen sein.«
    »Willst du mir Hoffnung machen?«
    »Auch. Aber ich denke tatsächlich so.«
    »Ja, das kann stimmen. Es ist eine Hoffnung.« Sie drückte meine Hand fester. »Bitte, lass uns jetzt gehen.«
    Es blieb uns nichts anderes übrig. Und es war ein Weg des Grauens, der uns durch eine stille Leichenwelt führte, denn die Leichen lagen überall.
    Es gab keinen Weg, der zwischen ihnen hindurchführte. Wenn wir gingen, mussten wir über die grauenvollen Reste hinwegsteigen, die uns den Weg versperrten.
    Menschliche Gesichter waren trotz der fortschreitenden Verwesung noch zu erkennen. Ich fragte mich, ob wir es wirklich mit Menschen zu tun hatten oder mit Wesen, die in anderen Dimensionen existierten. Ich suchte nach Flügeln oder deren Reste, aber ich fand nichts dergleichen.
    Vielleicht waren sie auch verwest.
    Es gab keinen Wind, der durch die Arena wehte und den Geruch vertrieben hätte. Aus diesem Grunde hing auch der eklige Gestank wie eine Glocke über uns. Bei jedem Einatmen klebte er auf der Zunge.
    Maxine hatte mich losgelassen. Sie wollte mehr Freiheiten haben und suchte die rechte Seite ab. Hin und wieder hörte ich ihre gepresst klingenden Kommentare, wenn sie etwas besonders Schlimmes entdeckt hatte.
    Auch ich bewegte mich wie ein Roboter und innerlich sehr angespannt.
    Ich sah hin und wieder Köpfe, deren Augen noch offen standen. Bei manchen Körpern war die Haut geplatzt, und so lugte das bleiche Gebein hervor.
    Etwas war schon anders als in unserer Welt. Es gab keine Fliegen oder Käfer, die sich mit den Leichen beschäftigt hätten. Sie lagen wie ein schreckliches Kunstwerk der Apokalypse, als hätte die Hölle selbst diese Performance geschaffen.
    Aber es gab für mich nicht nur die Leichen. Ich hatte nicht vergessen, wer für diesen Friedhof des Grauens gesorgt hatte. Das waren diese falschen Engel gewesen, gegen die ich schon mal gekämpft hatte. Ich wusste, dass sie hier eine Heimat gefunden hatten, nur waren sie nicht zu sehen.
    Das wunderte mich. Maxine und ich wären für sie die perfekte Beute gewesen. So ging ich davon aus, dass sie sich versteckt hielten und auf den richtigen Zeitpunkt warteten, um angreifen zu können. Noch war er nicht gekommen, und immer wieder legte ich den Kopf zurück und suchte die Innenmauern ab, denn dort gab es so etwas wie Balkone, die eine prächtige Aussicht boten.
    Mein Herz schlug schneller. Wir hatten ungefähr die Mitte der Arena erreicht, ohne eine Spur von dem Vogelmädchen entdeckt zu haben.
    Bedeutete es Hoffnung oder…
    Ich brachte meinen Gedanken nicht zu Ende, denn plötzlich hörte ich Maxines Ruf, der schon mehr einem Schrei glich. Der Ruf bannte mich auf der Stelle. Ich wusste sofort, dass die Tierärztin nicht grundlos geschrien hatte. Der Name Carlotta zuckte durch meinen Kopf, und als ich ihn nach rechts drehte, fiel mein Blick auf eine starre Person, die sich nicht von der Stelle rührte und zu Boden schaute, als hätte sie dort etwas Besonderes entdeckt.
    Oder etwas Schlimmes, eine fürchterliche Wahrheit.
    Sie gab mir kein Zeichen mehr, sie sagte nichts, sie wartete auf mich, und ich ging mit steifen Bewegungen und kleinen Schritten auf sie zu.
    Ich stieg über die Leichen hinweg, ohne es zu merken. Ich fühlte mich wie ein anderer, der sich einer grauenvollen Wahrheit nähern musste.
    Lag zwischen all den Leichen auch der leblose Körper des Vogelmädchens?
    Wenn ich Maxine anschaute, war das durchaus möglich. Hinter meiner Stirn klopfte es. Kalte und heiße Schauer rannen über meinen Rücken.
    Carlotta tot zu sehen würde schrecklich sein.
    Ich musste noch etwa zwei Schritte gehen, da drehte Maxine Wells den Kopf, den sie sofort schüttelte, als sie mich anschaute. Es war eine Reaktion, die mich im
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