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163 - Canyon der toten Seelen

163 - Canyon der toten Seelen

Titel: 163 - Canyon der toten Seelen
Autoren: Susan Schwartz
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ist, konnte ich nicht herausfinden. Sie liegt da wie tot. Die drei Entführer… ich weiß nicht, zu welcher Sippe sie gehören, vielleicht einem Außenzweig von dir, Starkholz.«
    »Das ist gut möglich«, sagte Starkholz. »Umso erklärlicher, wie eine andere Sippe eindringen konnte.«
    »Wo sind sie?«, drängte Ariel Jubel Tsuyoshi, Leiterin des Rettungseinsatzes.
    »Beim Ältesten«, antwortete Uranus, was bei den Waldleuten Entsetzen und bei den Städtern Verständnislosigkeit hervorrief.
    Starkholz setzte Ariel auseinander, worum es sich bei dem Ältesten handelte. Dann fuhr er fort: »Sie haben den Platz klug gewählt, nachdem ihnen klar wurde, dass sie uns nicht auf Dauer entkommen konnten. Denn sie wissen, dass wir den Ältesten auf keinen Fall gefährden werden.«
    »Einen Baum?«, entfuhr es der Stadtfrau.
    »Mehr als das«, erwiderte der Baumsprecher. »Mit ihm begann die Geschichte unseres Volkes. Unsere mentale Veränderung, die symbiotische Lebensweise mit Baum und Käfer. [3] Durch diesen Korallenbaum wurden wir zu dem, was wir sind. Er ist unsere Seele und unser Herz, Dame Ariel. Wird der Baum vernichtet, geht unser Volk unter. Und das meine ich nicht nur metaphorisch oder im Sinne eines Aberglaubens.«
    Die Frau legte die Stirn in Falten. »Ich verstehe«, sagte sie.
    »Die Lage hat sich also eher verschärft.«
    »Das würde ich nicht sagen«, warf Vogler ein. »Sie können von dort nicht mehr weg. Wir werden sie umstellen. Irgendwann werden sie müde. Hungrig. Durstig. Wie lange wollen sie das durchhalten?«
    »Wahrscheinlich gehen sie davon aus, dass die Forderung bald erfüllt wird«, überlegte Ariel Tsuyoshi. »Vielleicht haben sie es sogar auf diese Konfrontation angelegt.«
    »Wenn in unseren Angreifern auch noch ein letzter Funke vom Waldvolk erhalten geblieben ist, wollen sie vermeiden, die Geiseln zu töten«, stimmte Starkholz zu. »Aber wir dürfen sie nicht unterschätzen. Wenn ihnen kein anderer Ausweg mehr bleibt, könnten sie dazu fähig sein, und sich anschließend selbst richten.«
    »Als Mahnung«, bemerkte Uranus. »Ich glaube, denen geht es um sehr viel mehr als nur um die rituelle Zerstörung des letzten intakten Kristalls.«
    Dame Ariel erhob sich. »Darüber können wir auch vor Ort spekulieren. Machen wir uns auf den Weg. Sie führen uns.«
    Starkholz erhob sich gleichfalls. »Sie werden nichts ohne unsere Erlaubnis unternehmen«, sagte er ernst. »Vor allem fuchteln Sie nicht mit Ihren Waffen herum! Wir haben andere Möglichkeiten. Sollte der Baum durch eine Unachtsamkeit Ihrerseits auch nur irgendeinen Schaden nehmen, wird keiner von Ihnen diesen Wald lebend verlassen, das verspreche ich.«
    »Ich nehme Sie Ernst, Starkholz, und ich werde darauf achten, dass wir nichts zerstören«, sagte Ariel. »Bitte glauben Sie mir, wir sind an einem unblutigen glücklichen Ende ebenso interessiert wie Sie. Nicht jeder von uns ist schießwütig.«
    »Also gut. Wir brechen in einer halben Stunde auf.«
    Pünktlich trafen sich alle am Versammlungsplatz. Uranus ging voran und führte die Gruppe auf ausgetretenen Pfaden.
    Dies war vielleicht ein Umweg, aber er wollte den Städtern nicht alle Geheimnisse des Waldes zeigen.
    Sie kamen überein, nicht mit den Entführern zu verhandeln.
    Allerdings wollten sie auch nicht im Verborgenen bleiben; die Waldmenschen würden sie ohnehin bemerken.
    Die heilige Stätte machte großen Eindruck auf die Städter.
    Sie gingen langsamer und schweigend. Staunend und ehrfürchtig sahen sie sich um; selbst sie konnten mit ihren abgestumpften Sinnen die Mystik und Erhabenheit dieses Ortes spüren. Sie bewegten sich vorsichtig und respektvoll, was nicht nur Starkholz mit Zufriedenheit feststellte.
    Langsam traten sie aus dem Buschwerk auf die Lichtung und bildeten einen Kreis, blieben aber am Rand. Zu dem Baum in der Mitte waren es zwischen vierzig und fünfzig Meter Abstand.
    Die Entführer zeigten sich nicht erschreckt; eher, als hätten sie schon lange auf diesen Moment gewartet. Dame Vera Akinora hob kurz die Hand zum Gruß. Das Mädchen Nomi hockte neben der reglosen, auf dem Rücken liegenden Morgenblüte.
    »Aber was tut sie denn da?«, fragte Ariel Tsuyoshi erstaunt.
    Starkholz lächelte. »Sie singt, Dame Ariel. Das Lied des Waldes.«
    Sie hatten sich auf ein langes gegenseitiges Belauern eingestellt, auf zähe Verhandlungen vielleicht, auf beschwörende Appelle, den fremden Einfluss zu bekämpfen und die Geiseln freizulassen.
    Doch was stattdessen
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