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1604 - Panoptikum des Schreckens

1604 - Panoptikum des Schreckens

Titel: 1604 - Panoptikum des Schreckens
Autoren: Jason Dark
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das hieß Purdy Prentiss, die als Lockvogel gedient hatte, um uns dazu zu bewegen, in dieses Haus zu kommen. Es war alles so geschehen, wie die andere Seite es sich vorgestellt hatte. Die Staatsanwältin hatte auf dem Weg nach Hause aufmerksam werden müssen, und wer ihre Neugierde kannte, brauchte gar nicht mehr viel zu tun.
    Ich schaute meinen Doppelgänger an. Ich berührte die glatte Haut meines Gegenübers und versuchte, so etwas wie eine Regung oder Leben festzustellen, was nicht möglich war.
    Man hatte mich erwartet, sonst hätte ich nicht hier als Wachsfigur gestanden.
    Aber wer steckte dahinter?
    Es war eine fremde und offenbar auch gefährliche Macht. Nur wusste ich niemanden, der mir eine Antwort auf meine Fragen hätte geben können.
    Als ich wieder hinaus auf den Gang trat, wartete Suko schon auf mich.
    Er sah mir an, dass ich keine Lösung wusste, und rückte mit einem Vorschlag heraus.
    »Wie wäre es, wenn wir die Kollegen kommen lassen, damit sie das Haus von oben bis unten durchsuchen?«
    »Ja, das ist eine Alternative. Für mich allerdings eine letzte Möglichkeit. Wenn hier eine kleine Armee aufmarschiert, wird das auffallen. Wo immer sich Purdy auch befindet, ich weiß nicht, ob das gut für sie ist.«
    »Es war nur ein Vorschlag.«
    »Ich weiß.«
    Wir beide standen uns gegenüber, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
    Jeder hing seinen Gedanken nach. Ich dachte daran, dass Rudy von einem Meister gesprochen hatte. Er war nicht mehr dazu gekommen, mir zu sagen, wer dieser Meister war.
    Auch Suko konnte sich keinen Reim darauf machen.
    »Dreh es wie du willst, John«, sagte er. »Uns bleibt nichts andres übrig, als weiter nach Purdy zu suchen.«
    »Ja, dann wollen wir mal.« Meine Stimme klang nicht eben fröhlich, und dazu gab es auch keinen Grund.
    Aber tun mussten wir etwas. So oder so…
    ***
    Das Licht lag hinter ihr. Vor ihr breitete sich die Dunkelheit aus. Das heißt, viel Platz hatte sie nicht, denn Purdy Prentiss blieb nach wie vor in diesem engen Stollen.
    Auf den ersten Metern hatte sie noch genügend Licht. Das verschwand sehr bald, denn die Lampen blieben immer weiter hinter ihr zurück.
    Wenn sie Licht haben wollte, musste sie sich auf ihre winzige Leuchte am Schlüsselbund verlassen.
    Vorsichtig bewegte sie sich weiter, und sie blieb in einer geduckten Haltung, weil sie nicht wusste, wie hoch die Decke über ihr war.
    Schritt für Schritt tastete sie sich vor und hinein in die Dunkelheit und in eine Leere. So hätte es ihr zumindest vorkommen müssen, aber sie fühlte sich trotzdem von verschiedenen Seiten beobachtet. Einen Beweis dafür hatte sie nicht. Sie ging einfach davon aus, und das machte ihren Weg nicht eben leichter.
    Sie wusste nicht, wo er endete. Auch kannte Purdy den Grundriss des Hauses nicht. Es konnte durchaus sein, dass das Ende des Tunnels irgendwo außerhalb lag und sie plötzlich im Freien landete. Das wäre natürlich perfekt gewesen, aber das würde wohl mehr ein Wunschtraum bleiben.
    Immer wieder breitete sie ihre Arme aus und spreizte die Finger. Dann glitten die Kuppen jedes Mal über die Wände, und sie stellte fest, dass der Tunnel nicht breiter geworden war.
    Wo endete er?
    Frische Luft wehte nicht über ihr Gesicht. Nach wie vor atmete sie die kalte, verbrauchte und auch nach Erde riechende Luft ein.
    Purdy Prentiss hatte ihre Schritte nicht gezählt und deshalb auch nicht die Meter, die sie zurückgelegt hatte. Irgendwo musste der Gang doch enden. Sie wäre schon froh gewesen, wenn eine Tür sie gestoppt hätte.
    Es traf nicht zu. Sie ging immer weiter. Manchmal auch schwankend, wenn sie aus dem Gleichgewicht geraten war.
    »Hallo, Purdy.«
    Völlig überraschend traf sie der Ruf. Sie sah denjenigen auch nicht, der gesprochen hatte. Er verbarg sich in der Dunkelheit, aber Purdy hatte die Stimme erkannt.
    Rudy hatte sie gerufen.
    Die Staatsanwältin wusste nicht, ob sie sich freuen sollte oder nicht. Auf der einen Seite hatte Rudy sie hergeführt, auf der anderen wusste sie nichts über ihn, und so wusste sie auch nicht, ob sie ihm trauen konnte.
    Aber blieb ihr eine Wahl?
    Sie glaubte nicht, und sie ging nicht mehr weiter, um sich besser konzentrieren zu können.
    Sekunden waren verstrichen, als sie die nächste Botschaft erhielt.
    »Hörst du mich, Purdy?«
    »Ja…«
    »Sprich lauter!«
    Sie musste erst schlucken und auch ihre Gedanken sammeln. Dann konnte sie wieder sprechen, auch wenn ihre Stimme zitterte.
    »Ja, ich höre dich.«
    »Das freut mich.
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