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1601 - 10. Januar 1200

Titel: 1601 - 10. Januar 1200
Autoren: Unbekannt
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müssen, euch der Schwere der Situation bewußt seid. Es geht jetzt nicht mehr darum, ob es auf den Märkten der Erde morgen noch Spinat und Rindfleisch gibt. Es geht um unser aller Überleben!"
    Die Daten, die seine Darstellung untermalten, waren auf der großen Bildfläche dargestellt. Ein Lichtzeiger huschte von einer Zifferngruppe zur anderen, damit die Zuschauer wußten, wovon die Rede war.
    Myles Kantor breitete die Arme aus wie ein Prediger. Hatte er vor wenigen Augenblicken noch selbstbewußt und seiner sicher gewirkt, so vermittelte er jetzt eher den Eindruck der Hilflosigkeit. „Ich weiß nicht, was ich euch noch sagen soll", rief er seinen Zuhörern zu. „Wir wissen nicht, was dort draußen geschieht. Es kann sein, daß wir die einzigen Überlebenden eines einstmals ansehnlichen Universums sind. Es kann sein, daß wir unter den Spätfolgen jener Transaktion zu leiden haben, die eine ganze Großgalaxis - genannt Hangay - aus einem fremden Universum in unseren Vier-D-Raum brachte. Es besteht auch die Möglichkeit, daß die Dinge, die wir soeben erleben, auf einen ganz eng begrenzten Raum beschränkt sind. Es ist weiterhin denkbar, daß die Probleme, die wir vor uns sehen, sich im Lauf der nächsten Stunden, Tage oder meinetwegen auch Wochen von selbst lösen. Die große Schwierigkeit, meine Freunde, sehe ich darin, daß wir der Sache absolut hilflos ausgeliefert sind. Unser Kenntnisstand erlaubt uns nicht zu verstehen, was geschehen ist. Wir stehen vor diesem Phänomen wie der erste homo erectus vor dem Blitz, der neben ihm in den Boden fuhr."
    Julian Tifflor meldete sich ein zweites Mal zu Wort. „Hyperenergetische Vorgänge breiten sich mit großer, aber nicht mit unendlicher Geschwindigkeit aus", sagte er. „Gibt es keine Verzögerungen im Erlöschen der Abdrücke unterschiedlich weit entfernter Sterne, aus denen man auf die Ausdehnung des Phänomens schließen könnte?"
    „Die Antwort ist >nein<", erwiderte Myles Kantor. „Wir empfangen überhaupt keine fünfdimensionalen Signale mehr, weder verzögerte noch unverzögerte. Deswegen ist es uns unmöglich, die Ausdehnung des Geschehens zu bestimmen."
    Reginald Bull hob die Hand. „Du meinst, Gucky könnte jetzt nicht mehr nach Lust und Laune per Teleportation umherhopsen?" fragte er. „Ich weiß nicht, wo er sich gegenwärtig aufhält", antwortete Myles Kantor achselzuckend. „Wenn er sich außerhalb der Grenzen des Einflußbereichs befindet, dann stehen ihm seine paranormalen Gaben uneingeschränkt zur Verfügung. Andernfalls ..." Er vollendete den Satz nicht. „Da gibt es noch jemanden, um den ich mir in dieser Hinsicht Sorgen mache", murmelte Reginald Bull so leise, daß ihn niemand verstand. Laut fuhr er fort: „Wenn du ganz einfach über die Ursache dieser seltsamen Vorgänge spekulieren solltest, welche Gedanken kämen dir dann in den Sinn?"
    Ein mattes Lächeln huschte über Myles Kantors Gesicht. „Ich dächte darüber nach, ob das Fünf-D-Kontinuum vielleicht müde geworden sein könnte", sagte er behutsam. „Alles, was wir beobachten, deutet darauf hin, daß da eine gewisse Trägheit eingetreten ist. Die Vorgänge, die in unserem Universum stattfinden und die in Wirklichkeit weiter nichts sind als Reflexionen - Abdrücke, wenn du so willst - von fünfdimensionalen Prozessen, bieten sich spezifisch energieärmer dar als bisher."
    „Eine Instabilität des Fünf-D-Raumes?" erkundigte sich Bull. „Nicht eine Instabilität. Nein, das glaube ich nicht. Eher eine Änderung der Struktur. Der Hyperraum ist nach meiner Ansicht so stabil wie eh und je. Nur ist er plötzlich anders geworden - und zwar auf eine Weise, daß wir ihn mit unseren Geräten und Triebwerkssystemen nicht mehr als Äther beziehungsweise als Medium der Fortbewegung benützen können."
    „Wie lange, meinst du, wird das Phänomen anhalten?"
    Myles Kantor seufzte schicksalergeben. „Da mußt du mich schon etwas Leichteres fragen, Reginald Bull", sagte er tadelnd.
     
    *
     
    Myles Kantor hatte sich weit in seinen flexiblen Sessel zurückgelehnt und die Füße auf den Tisch gelegt. Er spielte mit einem Schreibstift und blickte gedankenverloren vor sich hin. „Ich habe meine Positronik nachrechnen lassen", sagte er. „Die ODIN kann nicht allzuweit gekommen sein. Ich nehme an, sie hat das Solsystem mit Höchstbeschleunigung verlassen, einen kurzen Metagravsprung ausgeführt und ist dann im interstellaren Raum wieder aus dem Fünf-DKontinuum aufgetaucht, um den endgültigen
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