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159 - Schimären der Wüste

159 - Schimären der Wüste

Titel: 159 - Schimären der Wüste
Autoren: Michael M. Thurner
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vermisste das Grün der Pflanzen, das Rascheln von Blättern und Ästen im Wind, sehnte sich nach Feuchtigkeit der Luft. Hier, so spürte sie, würde sie niemals heimisch werden können.
    Was mache ich eigentlich in diesem Wüstenland?, fragte sich die Barbarin ein ums andere Mal.
    Dann stieg jenes Bild in ihr hoch, das sie seit dem Abschied vom Kratersee in sich wusste. Ein brennender Felsen, lockend und fordernd, der sie zu sich rief…
    »Dort beginnt die Kruste«, unterbrach Izo’sch ihre Gedanken. Er deutete in der Dämmerung nach unten. Auf ein schwarzes Loch, einen Höhleneingang, der sich wenige Dutzend Meter unterhalb ihres derzeitigen Standortes befand.
    »Da hinein sollen wir?« Aruula betrachtete zweifelnd das wenig Vertrauen erweckende Dunkel. Höhlen und Kavernen waren ihr schon immer unheimlich gewesen. Es reichte, wenn sie an ihre Erlebnisse unterhalb der russischen Ansiedlung Staritsa dachte, als sie gemeinsam mit Maddrax gegen blutrünstige Nosfera hatten antreten müssen… [2]
    »Der Bluttempel«)
    »Moogan wartet auf uns«, sagte N’oia statt einer direkten Antwort.
    »Wer ist dieser Moogan nun eigentlich?«, fragte Aruula ungehalten. »Ich bin nicht bereit, weiter zu gehen, wenn ihr mir nicht endlich ein paar Informationen gebt. Also: Was soll ich hier?«
    »Das kann dir allein Moogan sagen«, murmelte Izo’sch, trat an sie heran und schlang mit einer plötzlichen Bewegung ein dünnes Seil um ihren Leib.
    So sehr sie sich auch drehte, wand, um sich spuckte und trat – Aruula war nach den Strapazen des vergangenen Tages zu schwach, um den beiden zähen und kräftigen Schimären ernsthaften Widerstand entgegenbringen zu können.
    Ich dumme Puute! Aruula verfluchte ihre Unvorsichtigkeit.
    Wo waren ihre Instinkte geblieben? Wie hatte sie den beiden Männern jemals glauben können? Warum hatte sie während des Tages nicht eine der vielen Fluchtmöglichkeiten genutzt?
    Weil du zu vertrauensvoll – und auch zu neugierig bist, gab sie sich selbst die Antwort.
    N’oia kümmerte sich in aller Eile um das Kamshaa. Mit geübten Handgriffen striegelte er das Tier, warf ihm eine Handvoll Heu aus einem von Aruulas Reisesäcken hin und band es schließlich an einen Pflock.
    »Hinein, Hässliche!«, befahl Izo’sch und stieß sie vorwärts.
    Das absolute Dunkel der Höhle umfing sie augenblicklich.
    Irgendwo voraus tropfte Wasser von der Decke und erzeugte ein weithin hallendes Geräusch. Sonst war außer ihren schweren, stolpernden Schritten nichts zu hören.
    Eine Fackel entflammte direkt neben ihrem Gesicht. Da war der Geruch von verbranntem Haar. Ihrem verbrannten Haar.
    »Weiter!«, befahl N’oia, der das Feuer in seiner Hand hielt und sie aufmerksam beobachtete.
    Verzweifelt arbeitete Aruula mit spitzen Nägeln am Knoten ihrer am Rücken gefesselten Hände.
    Vergebens.
    Die beiden Schimären verstanden ihr Handwerk nur zu gut.
    Sie hatten sie nicht mit einem Bastseil oder Ähnlichem gefesselt, sondern mit einer Art Sehne. Das Material war dünn und schnitt tief ins Fleisch. Jegliche Drehbewegung der Finger oder des Handgelenks erzeugte weitere Schmerzen.
    Ein ausgetretener Pfad führte hinab in die Höhle. Er wand sich tiefer und tiefer und verästelte sich mehrmals, wobei einer der Schimären mit sicherem Tritt voran marschierte. Die Burschen wussten nur zu gut, wo sie hin wollten.
    Nun ging es ein kärgliches Rinnsal entlang, das von Feuchtigkeitsspuren an den Wänden links und rechts von ihr gefüttert wurde. Stille herrschte hier; endlose, bedrückende Stille. Und wenn einmal ein Geräusch ertönte – ein von der Decke rieselnder Stein, ein Wassertropfen, das Rascheln eines Insekts – dann löste es in der Barbarin Gefühle der Angst aus.
    Wenn sie mich hier stehen und die Fackel erlöschen lassen, finde ich niemals mehr zurück ans Tageslicht, dachte Aruula und atmete mehrmals tief durch. Nimm dich gefälligst zusammen, Kriegerin! Es reicht, dass du dich einmal von diesen Jammergestalten hast übertölpeln lassen. Es kommt gar nicht in Frage, dass du dir nun auch noch vor Angst ins Fellröckchen machst!
    »Moogan ist hier, und er ist wach!«, sagte N’oia mit seltsamer Bestimmtheit. Redete er zu ihr oder zu sich selbst?
    Die Schimären wirkten nun beklommen. Ihre Schritte wurden unsicher und langsamer. Es schien, als wollten sie das Zusammentreffen mit dem geheimnisvollen Anführer vermeiden.
    Vor ihr wurde es allmählich lauter. Stöhnen und Ächzen und Seufzen drang an ihre Ohren, dazu
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