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1578 - Geschäfte mit dem Frieden

Titel: 1578 - Geschäfte mit dem Frieden
Autoren: Unbekannt
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auch dies war keine Regel ohne Ausnahme.
    Nur eines war sicher: Mit dem Lebensraum, in den man den jeweiligen Strauch gepflanzt hatte, und dem dort zur Verfügung stehenden Nahrungsangebot hatte das Gedeihen der Pflanze so gut wie nichts zu tun.
    Es gab unzählige mehr oder weniger rührende Geschichten über seltsame Parallelen im Leben der Sträucher und ihrer linguidischen Partner, aber niemand hatte sich jemals bemüht, diese Geschichten auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen.
    Das wäre auch schlecht möglich gewesen, denn das Verhältnis zwischen einem Linguiden und seinem Kima-Strauch war etwas, worüber man nur selten sprach. Kein Linguide hätte sich jemals dazu bereit erklärt, sich auf eine genaue Untersuchung seiner ganz persönlichen Verbindung zu seinem Lebensbaum einzulassen.
    Auf jedem anderen Gebiet waren die Linguiden erstaunlich offenherzig und gesprachsbereit. Aber bei den Kima-Sträuchern hörte ihr Mitteilungsbedürfnis auf.
    Dabei wußten nicht einmal die Linguiden selbst, was an dem Verhältnis zwischen ihnen und den Sträuchern denn nun eigentlich so ungeheuer intim sein sollte, daß es nicht an die Öffentlichkeit gelangen durfte.
    Es gab keinerlei geheime Riten oder ähnliche Dinge. Wer bei seinem Kima-Strauch Ruhe und Entspannung suchte, der tat dabei nichts, was er nicht bedenkenlos auch an jedem anderen Ort hätte tun können.
    Und trotzdem waren sich die Linguiden stillschweigend über eines einig: Dies war eine Angelegenheit, über die man nicht sprach.
    Es war kein Tabu im üblichen Sinne. Es war einfach nur ein Gefühl.
    Und dieses Gefühl war ihnen allem Anschein nach angeboren.
    Hätte jemand den Versuch unternommen, sich über diese Scheu hinwegzusetzen, so hätte niemand ihn daran gehindert.
    Aber ein solcher Versuch hatte bisher niemals stattgefunden.
    An Experimente mit den Kima-Sträuchern war unter diesen Umständen natürlich überhaupt nicht zu denken.
    So war es gekommen, daß die Linguiden so gut wie gar nichts über ihre Kima-Sträucher wußten.
    Es stand fest, daß noch niemals ein Linguide den Tod seines Strauches um mehr als einige Jahre überlebt hatte. Und umgekehrt: Wenn ein Linguide starb, bevor die Zeitspanne seines Lebensbaums beendet war, dann begann so mancher Kima-Strauch zu kümmern.
    Wohlgemerkt: Auch das betraf nicht jeden Lebensbaum.
    Stand ein Kima-Strauch an einem Ort, an dem auch jede normale Pflanze dieser Größe genug Nahrung gefunden hätte, dann konnte es vorkommen, daß der Strauch seinen linguidischen Partner überlebte - um Jahre oder sogar Jahrzehnte.
    Aber niemand wußte, warum das so war.
    Kein Wunder, dachte Dorina Vaccer sarkastisch. Wir wissen ja noch nicht einmal, was das Kima überhaupt ist. Wie sollen wir dann herausfinden, was das Ganze mit den Sträuchern zu tun hat!
    Ein seltsames Gefühl beschlich sie bei diesem Gedanken.
    Das Kima.
    Das war das Rätsel.
    Das Geheimnis der Linguiden.
    Und nicht einmal die Linguiden selbst wußten, worin dieses Geheimnis bestand.
    Aber vielleicht war alles ganz einfach.
    Für einen Augenblick glaubte Dorina Vaccer, der Lösung ganz nahe zu sein. Sie konnte die Erklärung fast schon mit Händen fassen.
    Vielleicht brauchte man nur...
    Und dann riß der Faden ab.
    Es war alles weg.
    Ihr Höhenflug war beendet. Ihre Gedanken stürzten ins Bodenlose.
    Sie mußte sich an dem Kima-Strauch festhalten, denn ihr war plötzlich schwindelig. Instinktiv legte sie die freie Hand auf den Zellaktivator, den sie um den Hals trug.
    Im selben Augenblick verging die plötzliche Schwäche. Die Dunkelheit vor ihren Augen löste sich auf.
    Sie sah den Strauch, die leuchten
     
    *
     
    den Blüten, die Schneeflocken, die darüber tanzten, und ein Gefühl unendlicher Zärtlichkeit stieg in ihr auf.
    Sie nahm sich Zeit und genoß das Gefühl der Erleichterung, der Ruhe und des Friedens.
    Aber diesmal war diese Ruhe nicht so wie sonst. Selbst in der tiefsten Entspannung verspürte Dorina Vaccer die neue, unbändige Kraft, die sie dem Zellaktivator verdankte.
    Und dem Strauch.
    Er war anders als sonst. Das war eine Tatsache. Aber die Veränderung, die er erfahren hatte, war positiv.
    Wie bei uns Friedensstiftern! dachte die Linguidin. Die Kima-Sträucher sind die Spiegel unserer Psyche. Wenn Garyo auch nur einen einzigen Blick auf diesen Strauch geworfen hätte, wäre ihm sofort klargeworden, wie sehr er sich irrte.
    Schließlich wandte sie sich ab und kehrte zu ihrem Gleiter zurück.
    Noch viele Stunden später, als
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