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1578 - Geschäfte mit dem Frieden

Titel: 1578 - Geschäfte mit dem Frieden
Autoren: Unbekannt
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die Friedensstifterin etwas unwirsch, denn im Augenblick hatte sie wirklich keine Lust, sich mit Capplas Sorgen abzugeben.
    Cappla war in der letzten Zeit oft sehr widerspenstig und uneinsichtig gewesen - ein ungewöhnliches Verhalten für eine linguidische Sprachschülerin. Zwar legte man seit jeher großen Wert darauf, daß die künftigen Friedensstifter es lernten, eine eigene Meinung zu haben und diese Meinung auch in aller Konsequenz vorzuleben und zu vertreten, aber Cappla übertrieb es ein wenig. „Ich möchte die SINIDO verlassen", sagte Cappla Desden.
    Dorina Vaccer hörte, wie Amdan Cutrer neben ihr erschrocken nach Luft schnappte. Sie selbst war wie erstarrt.
    Erst die'Nachricht von Garyos Tod, und jetzt das!
    Sie konnte Cappla nicht gehen lassen. Auf gar keinen Fall.
    Nicht jetzt -nicht solange diese Schwierigkeiten zwischen ihnen bestanden.
    Abgesehen davon - wohin hätte Cappla gehen sollen?
    Sie war ganze dreizehn Jahre alt - zu alt, um in irgendeiner Sprachschule unterzukommen, aber andererseits auch wieder zu jung, um als Schlichterin zu arbeiten.
    Alles andere wäre angesichts ihres Talents reine Verschwendung gewesen.
    Daß aus Cappla eine Friedensstifterin werden könnte, das hielt Dorina Vaccer nach den jüngsten Ereignissen allerdings auch wieder für sehr unwahrscheinlich. „Hast du einen besonderen Grund, dich aus der SINIDO fortzuwünschen?" fragte Dorina Vaccer. „Willst du dir einen anderen Lehrmeister suchen?"
    Cappla Desden starrte ihre Meisterin an. Dann wandte sie sich hastig ab, als schämte sie sich plötzlich ihres Benehmens. „Ich brauche einfach nur eine Veränderung", sagte sie. „Aber ich glaube nicht, daß dies der richtige Zeitpunkt für ein solches Gespräch ist."
    „Diese Idee kommt dir reichlich spät!" bemerkte Dorina Vaccer in einem Tonfall, den man beim besten Willen nicht als besonders freundlich bezeichnen konnte. „Ich weiß", erwiderte Cappla Desden betroffen. „Entschuldige bitte meine Ungeschicklichkeit. Ich habe mich zu sehr auf mich selbst konzentriert."
    „Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung", sagte Dorina Vaccer. „Ein terranisches Sprichwort. Du solltest es dir zu Herzen nehmen."
    Cappla schwieg. Sie wirkte unsicher und verloren. „Du hast kein Vertrauen mehr zu mir", stellte Dorina Vaccer fest.
    Cappla zuckte zusammen, als hätte man sie geschlagen. Sie wollte etwas sagen, sich rechtfertigen, aber Dorina Vaccer schnitt ihr mit einer ungeduldigen Handbewegung das Wort ab. „Wir werden spater über alles reden", kündigte sie an. „Du wirst mich in den nächsten Tagen begleiten."
    „Aber ich ..."
    „Ich will es so!"
    Dorina Vaccer wandte sich ab und ging hinaus.
    Amdan Cutrer und Cappla Desden folgten ihr eilig.
    In ungewohnter Schweigsamkeit warteten sie auf den Gleiter, der sie zur SINIDO bringen sollte.
     
    2.
     
    4.4.1173 NGZ, Taumond.
    Garyo Kaymars Kima-Strauch war verdorrt. Die letzten welken Blätter wehten mit dem Wind davon, als das Grab geschlossen wurde.
    Seltsam, daß überhaupt noch Blätter da sind! dachte Dorina Vaccer.
    Normalerweise starb der Kima-Strauch zuerst. Der linguidische Partner folgte meistens erst nach ein oder zwei Jahren.
    Es muß alles sehr schnell gegangen sein, überlegte die Friedensstifterin. Woran mag er gestorben sein ?
    Sie konnte nicht gut danach fragen -nicht hier und jetzt, am offenen Grab.
    Es war ein kalter Tag in Gurmayon. Graue Wolken verdeckten die Sonne. Sie hingen so tief am Himmel, als wollten sie die ganze Stadt unter sich erdrücken. Der Wind trieb einen feinen, eisigen Sprühregen vor sich her.
    Dorina Vaccer hielt Ausschau nach ihrer Schülerin. Sie sah Cappla etwas abseits unter den Bäumen stehen.
    Ein fremder Linguide sprach die Friedensstifterin an und drückte ihr einen Hammer in die Hand.
    Sie erschrak. „Für den Fayum!" flüsterte der Linguide.
    Dorina Vaccer begriff und war schockiert.
    Fayum war das Wort für den Topf, in den man den Kima-Strauch pflanzte, wenn man ihn aus irgendeinem Grund nicht draußen in der freien Natur in den Boden setzen wollte.
    Nach Dorina Vaccers Meinung war das Zerschlagen des Topfes eine barbarische Sitte.
    Ich kann nicht glauben, daß er das gewollt haben soll! dachte Dorina Vaccer bestürzt.
    Sie stand da, den schweren Hammer auf den Boden gestützt, als habe sie nicht einmal genug Kraft, ihn anzuheben, geschweige denn, ihn durch die Luft zu schwingen.
    Und vor allem kann ich nicht glauben, daß er gerade mir so etwas antun könnte!
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