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1572 - Das Ritual

1572 - Das Ritual

Titel: 1572 - Das Ritual
Autoren: Jason Dark
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ruhig Zeit. Du kannst gern noch das eine oder andere Geschäft besuchen.«
    »Mach ich auch.«
    Wir verabschiedeten uns. Dagmar eilte in den Laden, als hätte sie Angst davor, bald nichts mehr zu bekommen.
    Harry schaute ihr nach, schabte über sein Kinn und nickte, bevor er seinen Kommentar abgab. »Ja, ja, so sind die Frauen. Aber damit hast du ja keine Last.«
    »Stimmt. Ich weiß gar nicht, was Schoppen ist.«
    »Dachte ich mir.« Harry schaute auf die Uhr. »He, fast Mittag. Da haben wir uns zumindest eine Brotzeit verdient.«
    »Aber keine Weißwürste. Die sind nämlich nicht mein Fall.«
    »Dazu ist es auch schon zu spät, John. Bis wir den Biergarten erreicht haben, ist es zwölf Uhr vorbei.«
    »Sehr gut.«
    »Und wie steht es mit deinen Durst?«
    Ich grinste. »Der ist immer da.« Harry rieb seine Hände. »Dann bin ich zufrieden…«
    ***
    Mir war nicht bekannt, wie viele Lokale mit Biergärten es in Rottach-Egern gab, aber ich war davon überzeugt, dass wir uns einen der Schönsten ausgesucht hatten. Das Gelände mit den gedeckten Tischen lag zum See hin, und wir hatten natürlich freie Sicht auf das Wasser, dessen Farbe zwischen blau, grün und violett wechselte.
    Inzwischen hatten sich auch mehr Boote eingefunden, deren Segel wie bunte, geblähte Fahnen um den See wehten. Sie konkurrierten mit denen der Surfer, die den leichten Wind ausnutzten und sich über den See treiben ließen.
    Eine Bedienung im feschen Dirndl und mit dem entsprechenden Ausschnitt brachte uns die beiden Gläser Bier. Weißbier, das mochte ich am liebsten, und auch Harry war nicht abgeneigt.
    »Die Speisenkarte auch, die Herren?«
    »Später.«
    »Gut.«
    Wir hoben die Gläser an.
    »Auf das, was wir lieben«, sagte Harry. »Nicht lang schnacken, rein in den Nacken.«
    Das taten wir auch. Es schmeckte köstlich, und das schon am Mittag.
    Um uns herum zwitscherten die Vögel, die sich in den Kronen der Bäume sehr wohl fühlten. Viele Gäste waren noch nicht erschienen. Das würde sich bestimmt am Nachmittag und erst recht am Abend ändern, aber das war uns egal.
    »Und?«, fragte Harry. »Wie gefällt es dir hier?«
    »Ist das der Himmel auf Erden? Ich denke daran, dass wir den letzten Fall hier geschafft haben und eine glückliche Familie zurückblieb. Jetzt gibt es nur noch die absolute Erholung.«
    »So muss es sein.«
    Wir tranken wieder und Harry wollte wissen, ob ich schon mit London telefoniert hatte.
    »London?«
    »Ja.«
    »Was ist das?«
    Er lachte, und ich fiel in dieses Lachen mit ein. Es ging mir prächtig und ich war ehrlich genug zuzugeben, dass ich mir diese Tage auch verdient hatte.
    Es stand mir auch nicht der Sinn danach, darüber nachzudenken, wie die nächsten Tage ablaufen würden. Alles auf einen zukommen lassen und aus der Situation heraus entscheiden.
    Ich ließ meinen Blick schweifen. Vorn schauten wir auf den See. Hinter uns befand sich das Gasthaus. Bäume schützten uns vor der grellen Sonne, der Boden war mit Kies bestreut. An der rechten Seite wuchs eine Hecke hoch. Hinter ihr, das hätten wir bei unserer Ankunft gesehen, führte ein schmaler Weg in Richtung Wasser, wo es auch eine kleine Promenade gab, auf der einige Bänke standen.
    »Hunger?«, fragte Harry.
    »Appetit.«
    »Das reicht.« Er hob einen Arm. Da uns die Kellnerin im Blick hatte, wusste sie Bescheid und brachte zwei Speisenkarten, die sie auf den Tisch legte.
    Harry fragte: »Können Sie etwas Besonderes empfehlen?«
    »Hier schmeck alles.«
    Ich schaute hoch und fragte: »Was muss denn weg?«
    Eine derartige Frage hatte die Kellnerin wohl noch nie gehört. Sie holte tief Luft, stemmte beide Fäuste in die Hüften und flüsterte: »Hier muss nichts weg. Wir haben alles frisch.«
    Harry hatte die Karte aufgeschlagen. Er konnte sich das Lachen nicht verkneifen und meinte: »Also, ich nehme die Empfehlung des Hauses, den Schweinsbraten mit Klößen und Kraut.«
    »Da haben Sie sehr gut gewählt.«
    »Super«, sagte ich. »Dem schließe ich mich an.«
    »Der muss aber nicht weg«, sagte sie.
    »Glaube ich Ihnen. Ich bestelle ihn trotzdem.«
    »Sonst noch was?«
    »Später.«
    Die Bedienung nahm die Karten wieder an sich und zog sich mit kräftigen Schritten zurück.
    Harry hob die Schultern. »So sind die Mädels hier in Bayern eben. Die haben das Herz auf der Zunge.«
    »Und das Holz vor der Hütte«, vervollständigte ich.
    »Das kommt noch hinzu.«
    Wir mussten beide lachen, hoben die Gläser und stießen an. Auf die Frauen, auf den
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