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1572 - Das Ritual

1572 - Das Ritual

Titel: 1572 - Das Ritual
Autoren: Jason Dark
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jetzt hin. Sie können sich im Gasthaus etwas säubern, und dann werden wir zusammen etwas trinken und uns unterhalten.«
    »Ich will aber nicht.«
    »Aber ich will es.«
    Damit musste er sich abfinden. Ich hatte mit einer Stimme gesprochen, die keinen Widerspruch duldete. Etwas schwankend stand er neben mir, ohne mich allerdings anzuschauen. Er spie aus und tupfte wieder mit dem blutigen Taschentuch durch sein Gesicht.
    Ich war froh, ihn unter meine Fittiche nehmen zu können, denn was da zwischen ihm und dem anderen Typen gesprochen worden war, hatte sich für mich ziemlich schlimm angehört. Das hatte nach einem Herrn auf der einen und einem Sklaven auf der anderen Seite geklungen.
    Auf dem Rückweg kam mir die Hecke länger vor. Mein Begleiter hielt den Kopf weiterhin gesenkt und die Schultern leicht nach vorn gezogen.
    Er fühlte sich unwohl, doch darauf konnte ich beim besten Willen keine Rücksicht nehmen.
    Wir erreichten das Ende der Hecke und damit praktisch den Beginn des Biergartens.
    Da wollte er nicht weiter.
    »Ich will jetzt gehen.«
    »Und wohin?«
    »Das geht dich einen Scheißdreck an.«
    »So, denkst du, mein Freund. Ich habe da eine andere Meinung. Wir werden uns in aller Ruhe unterhalten, und es ist niemand da, der dir den Kopf abreißen will.«
    Er wusste, dass er aufgeben musste. Aber er warnte mich zugleich. »Du machst einen Fehler, Mann.«
    »Wieso?«
    »Das werde ich dir nicht sagen. Ich behaupte es eben und bleibe dabei, dass du einen Fehler machst.«
    »Klar. Jeder macht irgendwann mal einen Fehler. Ich freue mich, wenn es andere sind, und ich glaube, dass du dazu gehörst. Du hast dich da in etwas hineinmanövriert, das für dich nicht gut sein kann. Aber darüber reden wir noch.«
    Ich drückte ihn nach rechts, um zu unserem Tisch zu gehen, an dem Harry Stahl saß. Er schlief nicht mehr, sondern unterhielt sich mit Dagmar Hansen, die inzwischen eingetroffen war und einige Tüten abgestellt hatte.
    Beide hatten mich gesehen und winkten mir zu. Aber es gab noch eine weitere Person, der wir aufgefallen waren. Das war die Kellnerin. Sie hatte an der Außentheke gestanden, löste sich jetzt von ihr und kam mit schnellen Schritten auf uns zu.
    »Paul!«, rief sie. »Wie siehst du denn aus?«
    »Sie kennen den jungen Mann?«, fragte ich. »Klar.«
    »Wer ist er denn?«
    »Der Sohn einer Nachbarin. Ich habe ihn vorhin schon mit diesem anderen Typen gesehen und war ziemlich sauer. Das ist kein Umgang für dich, Paul. Der tut dir nicht gut!«
    Ich verstand jetzt auch den Launenwechsel der Kellnerin. Sie hatte den Blonden ebenfalls gesehen und ihn richtig eingeschätzt.
    Paul starrte sie an. Er atmete dabei heftig und flüsterte: »Du hast mir gar nichts zu sagen, Monika. Ich bin für mich selbst verantwortlich. Bediene du die Leute hier und halte dich ansonsten raus aus meinem Leben.«
    So schnell gab die resolute Bedienung nicht auf. »Ich habe Augen im Kopf«, flüsterte sie. »Ich sehe doch, dass dir dieser Umgang nicht gut tut. Woher kommt der Typ überhaupt?«
    Ich nickte der Frau zu. »Das werden wir noch herausfinden.« Etwas leiser fragte ich: »Können wir später vielleicht miteinander reden?«
    »Ja, ich habe den ganzen Tag über Dienst.«
    »Gut.«
    Etwas verwundert schüttelte sie den Kopf. »Aber warum wollen Sie mit mir reden? Wir sind uns fremd. Ich meine…«
    »Ich denke, dass wir trotzdem auf einer Wellenlänge liegen, was ein bestimmtes Thema angeht.«
    Monika schaute mich forschend an. »Sie sind Ausländer oder?«
    »Ja. Aus London.«
    »Machen Sie hier Urlaub?«
    »Ich versuche es.« Mehr wollte ich nicht sagen. Außerdem warteten Dagmar und Harry auf mich. Zu ihrem Tisch hin schleppte ich Paul, dessen Gesichtsausdruck ablehnend blieb.
    Dagmar Hansen holte rasch ein paar Papiertücher hervor, als sie das Blut im Gesicht des jungen Mannes sah, der sich von mir widerstandslos auf einen Stuhl drücken ließ.
    Er war in einen apathischen Zustand gefallen, in dem er alles mit sich machen ließ. Sein Blick war dabei nach innen gerichtet.
    Harry hatte eine Schale mit Wasser besorgt, so ließ sich das Gesicht besser reinigen. Ein zweites Glas hatte er mit Mineralwasser gefüllt, um es Paul trinken zu lassen.
    Weder Harry noch Dagmar wussten bisher, was geschehen war. Ich erklärte es ihnen, während Dagmar weiterhin Krankenschwester spielte.
    Harry schüttelte den Kopf, je länger ich sprach. Er konnte es nicht fassen und flüsterte: »Das kann doch nicht wahr sein. Das ist ja
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