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1567 - Die Auserwählten

Titel: 1567 - Die Auserwählten
Autoren: Unbekannt
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„Was geschieht hier?"
    „Wir bereiten meinen Auftritt vor. Ich gehe in diesem Saal durch die Transmitterstrecke.
    Zwanzig Meter sind es nur, aber es wird zur Demonstration ausreichen."
    „Denkst du, die Transmitterkäfige funktionieren nicht?"
    „Doch, aber nicht in meinem Sinn.
    Ich habe nämlich nicht die Absicht, das Risiko wirklich einzugehen. Neido und die Techniker bauen im Empfangsgerät einen modernen Holoprojektor ein. Das Ganze läuft folgendermaßen: Ich steige in den Sendetransmitter und aktiviere die Schaltung. Anstatt jedoch zu verschwinden, erfaßt mich ein Deflektorfeld. Sensoren übertragen mein Hologramm dann in dem Empfangskäfig, wo der Projektor mit meinem Bild gespeist wird. Alle werden denken, ich hätte den Schritt wirklich getan."
    Hagea starrte den anderen voller Abscheu an. „Seit wann hatten Friedensstifter je solche Tricks nötig? Ich schäme mich für dich, Bransor Manella! Haben wir nicht immer nach der Wahrhaftigkeit gestrebt?"
    Manella lachte böse auf. „Wie nennst du es? Wahrhaftigkeit? Tausendmal hast du selbst die Macht der Zeichen eingesetzt, um Frieden zu stiften. Du warst überzeugt von deiner Sache, gut, aber du hast manipuliert wie jeder von uns. Versuche also nicht, mir Moral zu predigen."
    Hagea fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Sie fand sekundenlang keine Worte.
    Immer wieder musterte sie fassungslos die Techniker, die unter Neidos Kommando Schaltung um Schaltung an ihren Platz brachten. „Und wie geht es weiter", fragte sie, „wenn du scheinbar aus dem Empfänger trittst?"
    „Ganz einfach: Da meine Projektion natürlich die Tür für mich nicht öffnen kann, übernimmt das ein eingebauter Syntron. Ich halte eine kleine Rede, dann trete ich in den Empfänger zurück."
    „Und läßt dich ein weiteres Mal abstrahlen", ergänzte Hagea. „Klug ausgedacht. Das Deflektorfeld gibt dich wieder frei, und du hast gewonnen. Die Nachricht wird sich überall verbreiten."
    „Richtig."
    „Ich will nicht länger stören."
    Hagea wandte sich abrupt zum Gehen. Sie konnte nicht länger mitansehen, wie das wahre Wesen der Linguiden in den Schmutz gezogen wurde. Dabei war sie sicher, daß Dorina Vaccer und die anderen Manellas Handlungsweise voll und ganz billigten. Sie alle hatten sich verändert.
    ES hatte es mit den Zellaktivatoren getan.
     
    *
     
    Hagea erwachte mit schweißdurchtränktem Haarschopf. Sie hatte von ihrem Baumtanz geträumt, von der Macht der Roten und endlosen Freßorgien auf dem Planeten Dauho. Dann aber hatte sich ein Schatten über das Meer gelegt, und für die Linguiden war ein Zeitalter der Finsternis angebrochen.
    Und genauso fühlte sich die Friedensstifterin noch immer. Sie verwendete alle Konzentration darauf, sich anzukleiden, ihr Gesichtshaar zu frisieren und nachzufärben. Sie wollte nicht nachdenken müssen, das war der ganze Grund. Zuletzt legte sie die weiße Kombination an. Rote Handschuhe und Stiefel vollendeten das Bild. In einer Tasche steckte der Mikrogravitator für draußen.
    Um fünf Uhr Ortszeit trafen sie, Bransor Manella, ihre Schüler und Neido sich draußen vor den Schiffen. Es war bereits über dreißig Grad warm. Feuchtheiße Luft lag über der Hauptstadt Ferrols und dem Raumhafen. Die Wega schickte erste Strahlen über den Horizont, und in der diesigen Luft sahen die Silhouetten der Raumschiffe wie ein Wald aus Metall aus. „Bist du zur Vernunft gekommen?" fragte Hagea den anderen leise. Die Schüler mußten dies nicht hören.
    Manella hatte seinen Körperausdruck und die Mimik vollkommen in der Gewalt. „Ich bin bestens bei Verstand, liebe Hagea. Erinnerst du dich noch an das, was unser Lehrer Bury Comansor immer sagte? Die Linguiden sind ein auserwähltes Volk. Sie sind bestimmt dazu, die Führung in der Milchstraße zu übernehmen."
    „Ja, ich erinnere mich gut. Bury Comansor war schon damals altersschwach. Er hat die Fähigkeiten eines Friedensstifters bald darauf verloren."
    Gemeinsam begaben sie sich zu zwei wartenden Taxigleitern. Hagea und Bransor Manella nahmen den kleinen, die Schüler drängten sich gemeinsam in ein Großraummodell. „Ich verstehe deine Anspielung sehr wohl", meinte Manella irgendwann. Unter ihnen zogen die Gebäude von Thorta vorbei. An sämtlichen Glasflächen brachen sich gleißend helle Strahlen, Feuchtigkeit verdunstete dampfend. Dann setzte er hinzu: „Aber ich bin keineswegs senil. Ich werde mir die Fähigkeit des Friedenstiftens bewahren. Eine Ewigkeit lang."
    Mehr hatten sich
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